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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Zeit, ernstere Maßnahmen zu ergreifen.
    ***
    Um diese Zeit wurde Tidys Frau Zeugin einer merkwürdigen Begegnung. Sie führte Doktor Pincher gerade zu einer Familie, die sie in der Dame Street einquartiert hatte, als ihnen auf der Straße Pater Lawrence Walsh entgegenkam. Sie erwartete, dass die beiden Männer einander ignorieren würden. Doch nach dem triumphalen Erfolg seiner Predigt neulich dachte Doktor Pincher gar nicht daran, dem Jesuiten aus dem Weg zu gehen.
    »Ich bin erstaunt, Priester«, rief er ihm schon von weitem zu, »dass Sie sich überhaupt noch auf die Straße trauen, nach den Verbrechen, die ihr Papisten verübt habt.«
    »Ich billige keineswegs die Ermordung Unschuldiger«, entgegnete Lawrence ruhig. Der Gelehrte ging darauf gar nicht ein.
    »O’Neill und seine Komplizen sind Verräter«, erklärte er grimmig. »Die werden dafür mit ihrem Leben bezahlen. Und Sie auch, Priester. Sie auch.«
    »Nun habe ich aber gehört«, gab Pater Lawrence zu bedenken, »dass Sir Phelim mit Unterstützung des Königs handelt.«
    Nichts an dem Aufstand in Ulster erboste die Protestanten so sehr wie das. Teils um den Gegner zu verwirren, teils um die loyalen altenglischen Katholiken auf seine Seite zu ziehen, hatte Sir Phelim öffentlich behauptet, er handele im Namen des Königs, und zum Beweis sogar eine schriftliche Bevollmächtigung vorgelegt. Das Dokument war eine Fälschung. Aber war dem König nicht zuzutrauen, dass er ein katholisches Heer gegen sein eigenes protestantisches Parlament hetzte? Doktor Pincher hielt nichts für wahrscheinlicher. Er musterte Pater Lawrence mit unverhohlenem Hass.
    »Bilden Sie sich bloß nicht ein, das sei mir nicht bekannt«, versetzte er scharf. »Ihr Papisten habt das in ganz Europa seit Jahren geplant. Ihr wollt uns alle bekehren oder umbringen.«
    Pater Lawrence erwiderte kühl seinen Blick. In gewisser Hinsicht hatte Pincher mit dem, was er sagte, Recht. Die Heilige Kirche hatte in der Tat die Absicht, die Christenheit zurückzuerobern. Seit einer Generation und länger warteten in Irland tapfere Männer, von denen viele auf dem Kontinent erzogen worden waren, geduldig auf eine Chance zur Befreiung. Und außerhalb der Heimat hofften irische Soldaten, die in Europas katholischen Armeen dienten, ferner Priester und Mönche sowie wachsame katholische Herrscher auf eine solche Gelegenheit. Pater Lawrence konnte sich an ein Dutzend Komplotte und Geheimpläne im Lauf der Jahre erinnern, von denen einige durchaus überzeugend, andere unsinnig gewesen waren. Nach seiner gesicherten Kenntnis war der Plan, Dublin Castle zu besetzen, auf dem Kontinent geschmiedet worden. Doch nach seiner Einschätzung konnte keiner dieser Träume und keine der vagen Hoffnungen auf Hilfe aus dem Ausland jemals in Erfüllung gehen, solange es hier, in Irland selbst, keine katholische Armee mit einer vernünftigen Organisation und Strategie gab. Aus diesem Grund hatte er so aufgehorcht, als ihm zu Ohren kam, was Sir Phelim und Lord Maguire beabsichtigten. Zum ersten Mal hatte er dem Vorhaben realistische Erfolgsaussichten eingeräumt.
    Dennoch widersprach er Pinchers Anschuldigung.
    »Was Sie sagen, erstaunt mich«, erwiderte er in verbindlichem Ton. »Denn meines Wissens fordert Sir Phelim O’Neill, der seine Loyalität zur Krone bekundet, lediglich die Zusage, dass loyalen Katholiken keine Ländereien mehr gestohlen und dass die vor langer Zeit garantierten Gnadenerweise respektiert werden. Gewiss, er hat Ulster besetzt, um die Regierung zum Handeln zu zwingen. Aber wo hat er derlei Methoden denn gelernt, wenn nicht bei Ihren Freunden, den schottischen Covenanters?« Dem hatte Pincher nichts entgegenzusetzen, denn Sir Phelims Ausspruch – »Es waren diese Schotten, die uns das ABC beigebracht haben« – war allgemein bekannt. Und so konnte sich Pater Lawrence nicht verkneifen, süßlich nachzuschieben: »Oder würden Sie auch die Covenanters als Verräter bezeichnen?«
    Der Prediger runzelte die Stirn. Aber er war nicht gewillt, dem Jesuiten das Feld zu überlassen.
    »Ich weiß sehr wohl, wann ich einen Verräter vor mir habe, Priester, und jetzt habe ich einen vor mir. Und Ihr Bruder ist ohne Zweifel auch einer. Ihre ganze Sippe ist ein Otterngezücht. Aber seien Sie versichert, es wird am Boden zertreten werden.«
    Pater Lawrence wandte sich ab. Er hatte keinen Sinn, das Gespräch fortzusetzen.
    Doktor Pincher sah ihm voller Abscheu nach, als er plötzlich eine Stimme neben sich vernahm:

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