Die Rebellen von Irland
Ihr seid Bestien. Schneide einen Papisten auf, und du wirst den Teufel finden.«
Sie ließ die Worte wirken. Sie standen zwischen ihnen, schlimmer als jeder Fluch.
Im ersten Moment war Maurice zu schockiert, um etwas zu erwidern.
»Elena«, flehte er. »Ich bin entsetzt über das, was geschehen ist …«
Sie ließ ihn nicht ausreden.
»Ich will nicht hören, was du empfindest. Komm mir nie wieder zu nahe, du dreckiger Papist.« Sie trat dem Pferd in die Flanken, und das Tier fiel in Trab, doch im Fortreiten schrie sie das Wort ein letztes Mal: »Papist!«
***
Als der graubärtige Kaufmann Ende Januar Orlando Walsh zu sprechen wünschte, wurde er höflich in die Diele geführt. Orlando erkannte ihn erst, als er einen Meter vor ihm stand.
»Ich bin gekommen, um Lebwohl zu sagen«, begann Lawrence.
Für den Jesuiten war die Situation mit jedem Tag prekärer geworden. Die politische Lage war äußerst verworren. In England standen Karl I. und das Parlament kurz vor dem endgültigen Bruch. Der König war aus London geflüchtet. In der Hauptstadt regierte nun faktisch das Parlament. Drüben in Irland sorgte Lord Ormond mit seiner Truppe in der Region um Dublin im Auftrag der Regierung weiter für Ordnung – aber ob mit Regierung jetzt die Krone, das Parlament oder beide gemeint waren, vermochte niemand zu sagen. In Dublin selbst verhielt sich die protestantische Verwaltung so, als stehe die Stadt unter Belagerung. Die Tore wurden bewacht. Kein Fremder durfte ohne Erlaubnis in die Stadt. »Nicht einmal du könntest jetzt hinein, Bruder«, erklärte Lawrence, »weil du Katholik bist.« Und was seine eigene Person angehe, so habe Pincher in der Burg unablässig gegen ihn gehetzt. »Er kann mich jeden Tag verhaften lassen. Ich habe mich seit zehn Tagen nicht mehr rasiert und mich verkleidet davongemacht.«
»Wir können dich verstecken«, erbot sich Orlando sogleich, aber Lawrence schüttelte den Kopf.
»Nein, Bruder. Ich möchte nicht, dass ihr euch meinetwegen in Gefahr bringt. Außerdem wartet in Clontarf ein Boot auf mich. Ich gehe ins Ausland.«
»Wirst du für immer gehen?«
»Nicht unbedingt.« Er hielt inne. »Sir Phelim ist ein guter Mann, Orlando. Aber er ist nicht der militärische Führer, den wir jetzt brauchen, und er selbst wäre vermutlich der Letzte, der das bestreiten würde. Aber es gibt einen anderen O’Neill, der das Zeug dazu hätte, wenn er denn käme.«
»Du meinst Owen Roe O’Neill?«
»Ganz recht.«
Von allen Prinzen Irlands, die in den großen katholischen Heeren auf dem Kontinent inzwischen hohe Ränge bekleideten, war keiner berühmter als dieser Spross aus dem Geschlecht der alten Hochkönige. Der Neffe des Grafen von Tyrone, so ging das Gerücht, sei in die Pläne vom letzten Herbst, Dublin Castle einzunehmen, eingeweiht gewesen. Aber ein Mann, der das fürstliche Leben eines hohen europäischen Generals führte, brauchte einen besonderen Anreiz, ehe er alles aufgab, um sein Leben und sein Vermögen bei einem Aufstand aufs Spiel zu setzen, selbst im heiligen Land seiner Väter. Sollte er sich tatsächlich zum Kommen entschließen, würde weder sein Verwandter Sir Phelim noch ein anderer Verfechter der katholischen Sache zögern, ihm das Kommando zu übertragen.
»Glaubst du denn, dass er kommt?«
»Ich werde jedenfalls in den Chor derer einstimmen, die ihn bitten, unverzüglich zu kommen. Wenn mir Erfolg beschieden ist, kehre ich mit ihm zurück.« Lawrence lächelte. »Und wenn du mir jetzt ein Glas Wein anbietest, begrüße ich deine Frau und segne deinen Sohn, bevor ich weiterziehe.«
Wenig später, als Orlando zusah, wie sich sein älterer Bruder wieder auf den Weg machte, durchflutete ihn eine Welle der Zuneigung. Lawrence mochte streng und unbeugsam sein, aber er hatte immer nur das Beste gewollt. Er war ein treuer Diener des wahren Glaubens. Das stand außer Frage. Wenn nötig, würde er für seinen Glauben sterben.
***
Der Schnee schmolz, und nachdem fast eine Woche lang die Sonne geschienen hatte, sah Orlando vor der Haustür ein paar Schneeglöckchen und sogar ein oder zwei Krokusse. Er hörte von vereinzelten Gefechten in anderen Gegenden, aber in Fingal war es jetzt ruhig. Lord Ormond hatte gründliche Arbeit geleistet. Mehrere Landadlige aus der Umgebung, die zu den Waffen gegriffen hatten, flohen außer Landes. Andere hatten sich ihm persönlich ergeben und waren nach Dublin gebracht worden. Wie Orlando hörte, war unter ihnen auch der Gentleman aus Swords.
Weitere Kostenlose Bücher