Die Rebellen von Irland
sich und erzog ihn in seinem Glauben. Mein Vorfahr wurde selbst Geistlicher und ein enger Vertrauter Bischof Bedells von Kilmore.« Er war jetzt in Fahrt. »Sagt Ihnen der Name etwas? Bedell war der einzige englische Bischof, der in irischer Sprache predigte. Er hat sogar das Alte Testament ins Irische übersetzt. Er war ein guter Mann und in Cavan sehr beliebt. So beliebt, dass ihm beim großen Aufstand 1641 kein Haar gekrümmt wurde. Als die Rebellen an sein Haus kamen, sagten sie zu ihm, dass er nichts zu befürchten habe und dass er der letzte Engländer sei, den sie jemals aus Irland vertreiben würden. Als er starb, waren die Hälfte von denen, die neben seinem Sarg hergingen, katholische irische Clanführer.« Er lächelte. »Wie Sie sehen, Garret, ist unsere Geschichte, da sie nun mal die Geschichte von Menschen ist, nicht immer so einfach, wie man meinen könnte. Und es ist seinem Beispiel zu verdanken, dass der protestantische Zweig der Sheridans, aus dem mehrere Geistliche hervorgingen, den Versuch unternahm, aus der Kirche von Irland hier in Cavan eine gälische Kirche zu machen.« Er seufzte. »Aber die Verhältnisse waren gegen uns.«
Garret sagte nichts, und Fortunatus hatte keine Ahnung, was er über die Geschichte der Familie Sheridan dachte.
»Kommen Sie«, sagte Sheridan, »ich will Ihnen den Ringwall zeigen.«
Garret schien der Ringwall zu gefallen. Sheridans Begeisterung für seine Nutzungsmöglichkeiten als Theater wirkte ansteckend, und es gelang ihm sogar, den jungen Mann ein wenig aus der Reserve zu locken, indem er einen Monolog aus Macbeth rezitierte.
Auf dem Weg zurück zum Haus schritten Garret und Sheridan Seite an Seite und sprachen leise miteinander, während Fortunatus neben dem Dekan ging.
Swift hatte fast den ganzen Auftritt mit einem verhaltenen Lächeln, aber schweigsam verfolgt. Im Gehen knüpfte Fortunatus jetzt ein Gespräch mit ihm an.
»Ich bewundere Sheridan schon so viele Jahre«, sagte er. »Er ist ein Geistlicher ganz nach meinem Geschmack, und er hat die beste Schule in Irland. Ich schicke meinen Sohn zu ihm. Seine Schulaufführungen sind berühmt. Aber mir ist bis zum heutigen Tag nicht bewusst gewesen, wie groß seine Leidenschaft für das Theater ist. Er würde einen guten Schauspieler abgeben.«
»Wie wahr.« Swift lächelte gequält. »Die Kanzel und das Theater sind nie weit auseinander, Walsh.«
»Man spürt, dass er Quilca liebt. Ich habe nie einen Mann erlebt, der an seinem Haus so große Freude hat.«
»Ich auch nicht, Walsh. Nur schade …«, Swift hob die Stimme gerade genug, dass sie trug, »… dass es langsam zerfällt. Bei meinem letzten Besuch klaffte in der Wand meines Zimmers ein Riss, durch den es so zog, dass ich ihn mit meinem Mantel zustopfen musste. Und auch das Dach ist fürchterlich undicht. Sie würden nicht einmal bemerken, wenn es weg wäre.«
»Gelegentlich«, erwiderte darauf Sheridan leichthin, »fliegt es fort wie ein Vogel, um seinen Onkel in Cork zu besuchen, aber es kommt immer wieder zurück. Es klagt nur«, fügte er mit einem gewissen Nachdruck hinzu, »wenn Swift darunter nistet.«
»Haha.«
»Außerdem waren Sie vollkommen trocken.«
»Es hatte nicht geregnet.«
Sie gingen ins Haus, und Sheridan führte sie in einen großen, länglichen Raum. Die Fensterläden waren fast ganz geschlossen, und obwohl es sehr dunkel war, konnte Fortunatus den Kamin in der Mitte erkennen, und davor eine große ungepolsterte Bank, zwei ramponierte Ohrensessel und einen kleinen, mit Papieren bedeckten Tisch. An der Wand am anderen Ende des Raums stand ein Esstisch, der zweifellos aus dem Refektorium eines Klosters der Tudor-Zeit stammte, und erst als Fortunatus sah, dass der junge Garret zu dem Tisch starrte, bemerkte er zu seinem Schrecken, das etwas darauf lag. Es sah aus wie ein langer dünner Leichnam, der zur Totenwache aufgebahrt war. Sheridan blickte nur flüchtig hin.
»Das ist O’Toole«, bemerkte er und öffnete einen Fensterladen. Dann wandte er sich an Swift und deutete auf die Papiere. »Kommen Sie, Jonathan, machen wir weiter. Vielleicht können unsere Freunde uns helfen.«
Anscheinend hatten sich die beiden Männer früher am Tag mit einem Werk beschäftigt, an dem der Dekan zurzeit arbeitete. Allerdings handelte es sich weder um eine Predigt noch um ein religiöses Traktat, wie sie erfuhren, sondern um ein literarisches Werk. Fortunatus hatte Garret erzählt, dass Swift, bevor er sein Amt in Irland antrat, sich in
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