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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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beschäftigen.
    Nachdem er festgestellt hatte, dass Garret Shakespeare noch nicht kannte, hatte er aus seiner Sammlung zwei schmale Bände mit Stücken dieses Verfassers mitgenommen. Sollte den jungen Mann während ihres Aufenthalts in Quilca Langeweile überkommen, konnte er sich zum Lesen in eine Ecke zurückziehen, ohne dass jemand im Haus daran Anstoß nahm. Nur hatte Garret etwas früher damit begonnen als eigentlich geplant. Am ersten Tag ihrer Reise war er noch ganz manierlich neben ihm her geritten. Doch als sie am Abend in einem Gasthaus einkehrten und sich zum Essen setzten, hatte er es, nachdem er sich von Fortunatus eine Weile in ein Gespräch hatte verwickeln lassen, nicht für nötig erachtet, die Unterhaltung fortzusetzen, sondern König Lear hervorgeholt, bis zum Ende der gemeinsamen Mahlzeit gelesen und erst am Ende des schweigsamen Mahls bemerkt: »Das ist sehr gut.«
    Er las das Stück noch in der Nacht zu Ende. Am Morgen erkundigte er sich, ob es in Quilca Bücher gebe, und als Walsh »ganz bestimmt« antwortete, nickte er, zog den Macbeth hervor und fing an, beim Reiten zu lesen. Er hatte gerade das Ende des dritten Akts erreicht, als sie in Quilca ankamen.
    Manch einer mochte es für ungehörig halten, dass Garret den Gentleman, der ihn freundlicherweise mitgenommen hatte, so vollkommen ignorierte, doch Fortunatus war, im Gegenteil, hoch erfreut. Denn wenn der junge Mann einen solchen Hunger nach Literatur hatte, so sagte er sich, würde er in Quilca auf jeden Fall willkommen sein und sich wohl fühlen, gleich was er dachte.
    »Legen Sie jetzt das Buch weg, Garret«, rief er fröhlich. »Denn Sie sind an der Himmelspforte.«
    ***
    Quilca war der Landsitz Doktor Thomas Sheridans, seines Zeichens Geistlicher der Kirche von Irland, Freund von Dekan Swift, Ire und der berühmteste Schulmeister auf der Insel.
    Quilca lag an einem stillen See. Vor langer Zeit hatte hier eine Siedlung existiert, und noch heute wurde das Gelände vom grasbewachsenen Ring einer alten Hügelfestung beherrscht, die Sheridan als Freilufttheater nutzte. Irgendwann in jüngerer Zeit war neben dem Ringwall das bescheidene Haus eines Gentlemans errichtet worden, mit einem großen eingefriedeten Garten, der bis ans Wasser hinunterreichte. Hier konnte man fast das Gefühl haben, im Haus eines gelehrten Kanonikus zu weilen, in einem der großen Kathedralenhöfe Englands, und nicht in der Grafschaft Cavan, meilenweit umgeben von Moor. Dies war Sheridans Musentempel.
    Das Haus war in keinem guten Zustand. Im Dach fehlten mehrere Schieferplatten, und die Löcher hatten freundlicherweise und auch dauerhaft, wie es schien, Vögel mit ihren Nestern gestopft. An den Außenwänden war der Efeu eifrig damit beschäftigt, die zahlreichen Schäden und Risse im Mauerwerk zu überdecken, die Sheridan selbst nicht zu beunruhigen schienen. Ob es daran lag, dass er den Kopf zu voll mit griechischen und römischen Klassikern hatte oder dass er von den irischen Clanführern, von denen er abstammte, eine vornehme Nachlässigkeit gegenüber den kleinen Dingen geerbt hatte, jedenfalls wäre es ihm nie in den Sinn gekommen, die Vögel vom Dach zu vertreiben, das ihnen, wie er zweifellos fand, ebenso gehörte wie ihm.
    Und es war Sheridan, der nun in Begleitung des Dekans von St. Patrick’s ins Freie trat, um sie zu begrüßen.
    Sie bildeten ein bemerkenswertes Paar. Swift, zwanzig Jahre älter als der andere, war jetzt Mitte fünfzig. Sein Gesicht, vormals rund mit forschem Kinn, jetzt länglicher und ernster, verströmte Ruhe und Gelassenheit. Sein Mund, vormals spitzbübisch, war schmal, mit einem spöttischen Zug. Seine Augen blickten immer noch heiter, aber auch irgendwie traurig. Seine Haltung verriet, dass er, obwohl in seinen Hoffnungen auf einen höheren englischen Posten enttäuscht, immer noch Dekan von St. Patrick’s und sich der Würde seines Amtes bewusst war.
    Der neben ihm stehende Sheridan war, obgleich auch er ein bedeutender Mann, von so unbestimmtem Äußeren, dass man es leicht vergaß, und so voller guter Laune, dass man das Gefühl hatte, er könnte dem Dekan jeden Augenblick in die Rippen puffen – was ihm eine freundliche Rüge des Dekans eingetragen hätte – oder ihn zumindest mit einem frechen lateinischen Wortspiel attackieren, an dem der feierliche Ernst des Älteren wahrscheinlich zerstoben wäre. Mit seinen strahlenden Augen und seiner breiten Stirn sah er aus wie das, was er war, ein fideler Gelehrter.
    »Wer ist

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