Die Rebellen von Irland
aber Fortunatus meinte in seinem Verhalten eine unterdrückte Erregung zu bemerken, als hätte er eine heimliche Entdeckung gemacht oder einen wichtigen Entschluss gefasst. Was es genau war, vermochte Walsh nicht zu erraten.
Später, beim Essen, brachte Fortunatus die andere Angelegenheit, die ihn beschäftigte, zur Sprache.
»Ich brauche Ihren Rat«, sagte er zu Swift und Sheridan.
»Worum geht es?«, fragte sein Gastgeber liebenswürdig.
»Um einen drohenden Rauswurf«, antwortete Walsh lachend, und dann erzählte er von dem Besuch seiner Cousine Barbara Doyle und ihrer Empörung über Mr Woods Kupfermünzen. »Ich habe nicht die leiseste Idee«, gestand er, »wie ich ihrem Wunsch entsprechen soll.«
»Nach allem, was man so hört«, bemerkte Sheridan, »wird es im Dubliner Parlament von allen Seiten Proteste hageln.«
»Und die Regierung in England wird sie ignorieren«, fügte Swift ganz offen hinzu. »Ich weiß nämlich aus verlässlicher Quelle, dass sie nicht die Absicht haben, irgendetwas zu unternehmen.«
»Aber nach dem Skandal um die Südsee-Blase«, sagte Fortunatus, »werden die Leute in London doch wissen, dass ihr Ansehen auf dem Tiefpunkt ist. Man sollte meinen, dass ihnen daran gelegen ist, jedes weitere anrüchige Finanzgeschäft zu vermeiden.«
Die große Krise des gesamten Londoner Finanzmarkts, die drei Jahre zuvor durch ein Spekulationsfieber und betrügerische Aktienangebote ausgelöst worden war, hatte den Ruf der Stadt London und der britischen Regierung ruiniert. Walsh konnte von Glück sagen, dass er seine Ersparnisse wie die meisten seiner Freunde sicher in Irland angelegt hatte. Fast in jeder englischen Stadt hatte jemand sein ganzes Vermögen verloren.
»Sie unterschätzen die Arroganz der Engländer«, erwiderte Dekan Swift grimmig. »Die Regierung glaubt, dass hinter den Klagen aus Irland eine politische Gruppe steht. Sie glaubt, dass diejenigen, die Einwände erheben, dies nur tun, weil sie Mitgliedern der Opposition im englischen Parlament nahestehen.«
»Das ist lächerlich.«
»Von der Tatsache, dass eine Behauptung lächerlich ist, haben sich diejenigen, die sie glauben wollen, noch nie beirren lassen.«
»Ich wünschte«, sagte Fortunatus leidenschaftlich, »Sie, Dekan, würden in dieser Angelegenheit Ihre satirische Feder spitzen. Selbst eine anonyme Flugschrift wäre eine weit wirkungsvollere Waffe als jede armselige Rede meinerseits.«
Die Satiren des Dekans waren in der Vergangenheit anonym veröffentlicht worden, allerdings hatte nie ein Zweifel daran bestanden, wer sie verfasst hatte.
Der Dekan und Sheridan tauschten einen Blick. Swift schien unschlüssig.
»Sollte ich dergleichen in Erwägung ziehen«, sagte er zurückhaltend, »dann erst, wenn das Dubliner Parlament die Frage erörtert und eine Antwort aus London erhalten hat. Schreiben, selbst anonym, muss für mich das letzte Mittel sein. Als Dekan von St. Patrick’s darf ich mich zu moralischen, nicht aber zu politischen Fragen äußern.«
Fortunatus nickte.
»Falls es jedoch dazu kommen sollte«, sagte er lächelnd, »müssen Sie mir gestatten, meiner Cousine Barbara zu sagen, dass Sie es nur auf meine Veranlassung hin getan haben. Wenn ich mir das als Verdienst anrechnen kann, behalte ich vielleicht das Dach über meinem Kopf.«
»Na schön, Fortunatus, wie Sie wünschen«, erwiderte Swift. »Allerdings muss ich Ihnen sagen, dass ich Ihren Standpunkt in dieser Angelegenheit nicht nur teile, sondern meine Empörung die Ihre noch übersteigt.« Er legte die Stirn in Falten, bevor er mit einer gewissen Erregung fortfuhr: »Denn dass dieser Mann Irland mit seinen minderwertigen Münzen überschwemmt, halte ich für eine absolut unerträgliche Schurkerei und Unverschämtheit. Und wenn wir uns beschweren, werden Wood und seine Söldlinge dies als Treulosigkeit hinstellen. Das ist infam. Doch man wird es glauben. Und der Grund dafür ist, wie ich als Engländer zugeben muss«, fuhr er zornig fort, »dass die Engländer zwar die meisten Völker verachten, für Irland aber eine besondere Geringschätzung reserviert haben.«
Walsh war verblüfft über den unvermittelten Wutausbruch des wortkargen Dekans, aber Sheridan schmunzelte.
»Sieh mal einer an! Jonathan, Sie sind ein kluger und umsichtiger Kerl, aber dann brechen sich Ihre Wahrheitsliebe und Ihr Gerechtigkeitssinn Bahn und machen Sie ebenso leichtsinnig, wie ich es bin.«
»Der irische Wollhandel ist ruiniert«, fuhr Swift fort, »das Land wird
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