Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
Vom Netzwerk:
unentwegt schändlich behandelt, und niemand wird dafür zur Rechenschaft gezogen. Ich will Ihnen sagen, was das Dubliner Parlament meines Erachtens tun sollte, Walsh. Es sollte die Einfuhr englischer Waren nach Irland verbieten. Vielleicht hilft das dem englischen Parlament und Geschäftemachern wie diesem Wood, sich zu bessern.«
    »Das wäre eine Radikalkur.«
    »Ein notwendiges Mittel gegen eine nationale Schande. Aber selbst das wäre nur ein kleiner Aderlass, Walsh, eine Übergangsmaßnahme. Denn die Ursachen liegen tiefer. Irland wird so lange schlecht behandelt, wie sein Parlament dem in London untergeordnet ist. Wir wählen Männer zu unseren Vertretern, doch ihre Beschlüsse werden ignoriert. London hat weder das moralische noch das verfassungsmäßige Recht, für Irland Gesetze zu erlassen.«
    »Eine radikale Doktrin.«
    »Mitnichten. Im Dubliner Parlament ist sie seit über zwanzig Jahren zu hören.« Tatsächlich hatten führende irische Politiker der vorigen Generation wie Molyneux eben diese Ansicht vertreten. Nur überraschte es Walsh, sie aus dem Mund des Dekans von St. Patrick’s zu hören. »Um es deutlich zu sagen«, fuhr Swift entschieden fort, »ich bin der Meinung, dass jedes Regieren ohne Zustimmung der Regierten der Inbegriff der Sklaverei ist.«
    Und in diesem Augenblick mischte sich der junge Garret Smith in das Gespräch ein.
    Tatsächlich hatten ihn die anderen schon vor geraumer Zeit vergessen. Er hatte rechts neben Swift gesessen, aber kein Wort gesagt, und der Dekan hatte ihm, während er mit Walsh und Sheridan sprach, den Rücken zugekehrt.
    »Willkommen«, rief Garret jetzt ziemlich laut, »bei der jakobitischen Sache.«
    Der Dekan fuhr herum. Fortunatus starrte ihn an. Das Gesicht des jungen Mannes war gerötet. Er war nicht betrunken, aber er hatte das ganze Essen über still vor sich hin getrunken. Seine Augen glänzten. War das aufrichtige Erregung, bittere Ironie oder unverhohlener Spott, was da aus seiner Stimme klang? Es war unmöglich zu sagen. Doch was immer es sein mochte, es sollte noch mehr kommen.
    »Die Katholiken Irlands werden Sie segnen.« Er lachte etwas unbändig.
    Fortunatus spürte, wie das Blut aus seinem Gesicht wich.
    Der Junge wusste nicht, was er redete. Das war offensichtlich. Aber jetzt war es zu spät. Dekan Swift hatte sich zu ihm umgedreht. Sein Gesicht war hochrot vor Zorn.
    »Ich bin kein Jakobit, Sir«, donnerte er.
    Denn merkwürdigerweise war es nicht die Behauptung, dass er mit den Katholiken sympathisiere, die den protestantischen Dekan von St. Patrick’s so aufbrachte, sondern dass man ihn einen Jakobiten nannte.
    Wie sollte das Garret auch verstehen? In der komplizierten Welt der englischen Politik musste ein Mann wie Swift auf der Hut sein. Obwohl ursprünglich ein Anhänger der Whigs und Befürworter der neuerlichen protestantischen Besiedelung nach der Vertreibung des katholischen Königs Jakob, hatte Swift als Literat auch Freunde und Gönner bei den Tories gefunden. Daher rechneten ihn die Whigs, die gegenwärtig an der Macht waren, dem Lager der Tories zu. Und da einige Tories vormals Jakob II. unterstützt hatten, stand jeder Tory im Verdacht, heimlich die Rückkehr des verhassten Königshauses Stuart herbeizusehnen. Daher versuchten die Whigs, jeden Tory, den sie zu vernichten wünschten, als Jakobit zu entlarven, und mithin als Verräter an Georg II. und der protestantischen Ordnung.
    War die jakobitische Sache tot, seit der Versuch, den Thronprätendenten der Stuarts zurückzuholen, 1715 auf der ganzen Linie gescheitert war? Man wusste nie. Georg II. und seine Familie waren nicht sehr beliebt. In der politischen Arena von Westminster und in den großen Landhäusern, in denen reiche englische Lords ihre politischen Fäden spannen, waren Intrigen an der Tagesordnung. Jeder Mann hatte Feinde, selbst der ferne Dekan von St. Patrick’s, und diese Leute hatten das Gerücht in die Welt gesetzt, Swift sei Jakobit. Wenn man jemandem nachweisen konnte, dass er Jakobit war, was Hochverrat gleichkam, konnte man ihn zur Strecke bringen wie eine Hundemeute einen Fuchs. Swift konnte unter keinen Umständen zulassen, dass er als Jakobit bezeichnet wurde.
    »Und ob Sie einer sind!«, rief Garret vergnügt. »Und wenn Irland mit Zustimmung der Regierten regiert werden soll, werden Sie auch Katholiken ins Parlament holen müssen.«
    »Sie sind impertinent, junger Mann«, brüllte Swift wutentbrannt. »Sie sind ignorant, und Sie haben Unrecht. Die

Weitere Kostenlose Bücher