Die Rebellen von Irland
hatten. Es hätte sie überrascht zu erfahren, dass sie ungebildeter waren als ihre Vorgänger.
Es war eine Erziehungsfrage, die Robert Budge veranlasst hatte, so bestimmt mit O’Toole zu reden.
Robert Budge war erst fünfundzwanzig, wurde aber oft wie ein älterer Mann behandelt. Das mochte an seiner großen, imposanten Erscheinung liegen, aber nicht nur. Als Besitzer von Rathconan galt er den Behörden als brauchbarer Mann vor Ort, und so war er ein Jahr zuvor zum Friedensrichter ernannt worden. Solange er auf dem Land in Rathconan bleiben konnte, spielte er in dieser lokalen Welt gern die Rolle des starken Mannes, und unlängst war er in mehreren Häusern in den Grafschaften Wexford und Kildare zu Gast gewesen, um sich nach einer passenden Frau umzusehen. Er war auch ein paar Mal nach Dublin gereist, damit die Leute in der Burg und im Parlament sein Gesicht kannten.
Erst letzte Woche war er wieder in Dublin gewesen, um das Neueste über die drohende französische Invasion zu erfahren. Die Garnisonen in Wicklow und Wexford waren, wie er wusste, alle in Bereitschaft. Und die Zahl der schmucken, rot berockten Soldaten mit ihren Musketen, die er in den schönen Straßen der Hauptstadt sah, beeindruckte ihn. Wie jeder andere Friedensrichter hielt er in Rathconan nach verdächtigen Elementen oder Anzeichen von Aufwiegelung Ausschau, aber wenn er ehrlich war, hatte er bislang noch keine entdeckt, was insofern bedauerlich war, als er die Behörden gern auf sich aufmerksam gemacht hätte.
In Dublin hatte er nichts wirklich Neues über die Bedrohung aus dem Ausland erfahren, aber gegen Ende seines Besuches hatte er etwas Interessantes aufgeschnappt. Er hatte mit einer Gruppe von Männern, die Grundbesitzer waren wie er, um den Parlamentsangehörigen Fortunatus Walsh herumgestanden, als dieser sagte:
»Man gelangt immer mehr zu der Ansicht, dass etwas für die Erziehung von Katholiken getan werden muss. Überall gibt es Hedge Schools, wie wir alle wissen, aber unsere Kirche von Irland hat bislang nur ziemlich klägliche Versuche unternommen, ihnen etwas entgegenzusetzen. In einigen Gemeinden haben wir für arme Kinder protestantische staatliche Schulen eingerichtet, aber wie wir alle wissen, haben sie nur wenige Schüler angelockt.«
»Katholische Familien werden ihre Kinder niemals dorthin schicken«, bemerkte jemand.
»So ist es. Aber in der Regierung sitzen ein paar Leute, die empfehlen, etwas Neues auszuprobieren. Nehmt ein paar viel versprechende junge Katholiken aus anderen Gegenden und steckt sie weit weg von zu Hause in die besseren staatlichen Schulen.«
»Dann werden sie also Protestanten?«
»Das hofft man jedenfalls. Ich bin mir nicht sicher, ob es funktionieren würde, aber der Gedanke dabei ist, die schrittweise Ausbreitung des protestantischen Glaubens zu fördern, eine Aufgabe, an der unsere Strafgesetze und unsere Kirche von Irland bislang auf der ganzen Linie gescheitert sind.«
»Eine interessante Idee«, sagte Budge, nicht weil er davon überzeugt war, sondern damit Fortunatus Notiz von ihm nahm.
»Nun, Mr Budge«, schmunzelte Walsh, »falls Sie Kandidaten für ein solches Vorhaben wissen, finden Sie in der Burg zumindest ein paar Leute, die Ihnen dafür dankbar sein werden.«
Budge hatte darauf nichts erwidert, aber er hatte in Dublin weitere Nachforschungen angestellt, eine Schule besucht und auf dem Rückweg nach Rathconan gründlich über die Sache nachgedacht.
Falls er es in Angriff nehmen sollte, kam dafür nur ein einziger Kandidat in Frage.
»Ich trage mich mit dem Gedanken, den jungen Conall Smith zu schicken«, hatte er zu O’Toole gesagt und mit prüfendem Blick hinzugefügt: »Und ich erwarte, dass Sie mich dabei unterstützen.«
Aber er ist mein bester Schüler, wollte O’Toole einwenden, bis ihm einfiel, dass er damit die Existenz der Hedge School zugegeben hätte. »Wie könnte ich Sie dabei unterstützen?«
»Sie wissen sehr gut, dass er praktisch eine Waise ist. Sein Vater ist nicht imstande, sich um ihn zu kümmern.«
»Aber er ist trotzdem sein Vater. Und obendrein hat er Verwandte.«
»Die Brennans? Die Familie Brennan als Vormund für einen so aufgeweckten Jungen?«
Da O’Toole von den Brennans eher eine noch schlechtere Meinung hatte als der Gutsbesitzer, wusste er nicht so recht, was er darauf antworten sollte.
»Aber«, sagte er vorsichtig, »es würde böses Blut schaffen, in Zeiten wie diesen einen Jungen der Familie zu entreißen und in eine
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