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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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protestantische Schule zu stecken.«
    »Soll das eine Drohung sein?«, fragte Budge gelassen.
    »Nein. Aber ich glaube, es ist die Wahrheit«, erwiderte O’Toole offen.
    »Aus diesem Grund zähle ich auf Ihre Unterstützung«, erwiderte Budge. »Ihr Wort hat hier Gewicht. Als ob Sie Priester wären.« Er zögerte einen Moment und fuhr dann scheinbar unvermittelt fort:
    »Die Strafen für das Unterrichten in einer Hedge School sind streng, wie wir beide wissen.«
    Eine unmissverständliche Drohung. Dass es überall Hedge Schools gab, änderte nichts daran, dass sie nach wie vor verboten waren. Und wenn der Friedensrichter sich in den Kopf setzte, die Hedge School aufzuspüren und gegen den Lehrer vorzugehen, konnte dieser ernste Schwierigkeiten bekommen. Theoretisch drohte ihm sogar die Deportation in die amerikanischen Kolonien.
    »Steht Ihr Entschluss fest?«, fragte O’Toole.
    »Nein, aber ich denke darüber nach.«
    Tatsächlich war Budge noch unschlüssig. Hatte er Skrupel, den Jungen seinem Vater wegzunehmen? Er wusste es nicht recht. In politisch so unsicheren Zeiten wollte er in der Gegend nicht unnötig Unruhe stiften. Und obwohl er nicht an der Begabung des jungen Smith zweifelte, quälte ihn eine andere Sorge: Was, wenn der Junge, so gescheit er auch war, seinem missratenen Vater nachschlug? Das würde ein schlechtes Licht auf ihn selbst, Budge, werfen. Er wollte sich die Sache noch ein paar Tage durch den Kopf gehen lassen, ehe er eine endgültige Entscheidung traf.
    »Ich habe Gewissensbisse«, sagte der Schullehrer.
    »Dazu besteht kein Grund.«
    »Ich habe Gewissensbisse, aber aus einem anderen Grund, als Sie denken.«
    Was, fragte sich der Grundbesitzer, meinte er damit nun wieder?
    Auf dem Weg zu Garret Smiths Hütte kam er an mehreren anderen vorbei. Eine sah wie die andere aus – niedrige Steinhütten mit Grassodendach. Manche hatten nur zwei Räume, von denen die Bewohner sich häufig einen mit dem Vieh teilten. Die meisten jedoch hatten neben einem Raum mit Feuerstelle und ein paar Holzmöbeln – Tisch, Bänken, Hocker – noch ein oder zwei weitere Zimmer. Manche besaßen sogar ein Bett, obwohl sich niemand daran störte, auf Stroh zu schlafen. Das Feuer, das mit Torf oder Holz unterhalten wurde, hatte manchmal sogar einen primitiven Abzug, aber gewöhnlich erfüllte Rauch den Raum, ehe er durchs Dach entwich.
    Dem Auge englischer Besucher erschienen diese niedrigen und schmalen Hütten schmutzig und unwürdig, obwohl ihnen auffallen musste, dass die Frauen und barfüßigen Kinder, die aus ihnen hervortraten, überraschend sauber waren. Aber hätten sie genauer hingesehen, so hätten sie erkannt, dass die Verhältnisse, die sie hier vorfanden, einfach nur denen entsprachen, die das ganze Mittelalter hindurch in weiten Teilen Europas vorgeherrscht hatten.
    Und dann sah er Garret Smiths Hütte vor sich.
    Sein Vorfahr Barnaby Budge hatte die Iren für begriffsstutzig und unzuverlässig gehalten, und viele Gentlemen in London glaubten das heute noch. Aber die Budges lebten schon zu lange in Irland, um an solchen törichten Ansichten festzuhalten. Wenn ein irischer Handwerker versprach, einem eine neue Haustür zu zimmern, forderte man ihn nicht unbedingt auf, einen genauen Termin zu nennen. Eines schönen Tages, der ihm geeignet erschien, würde er schon auftauchen, aber kommen würde er auf jeden Fall, und er würde gute Arbeit leisten.
    Als Robert Budge daher bei Garret Smith eine neue, dringend benötigte Vordertür für sein Haus in Auftrag gegeben und dieser sorgfältig Maß genommen und erklärt hatte, er werde mit der Tür wiederkommen und sie einsetzen, erwartete Budge nach sechs Wochen, dass er mit der Arbeit begonnen hatte. Als er Smith freundlich daran erinnerte, hatte dieser genickt und ihm versichert, dass die Tür bald fertig sei. Weitere sechs Wochen später folgte der nächste zarte Wink. Danach direkte Fragen: »Wo bleibt meine Tür?« Mittlerweile waren sechs Monate verstrichen, und Budge hatte die Nase voll. Er erreichte das Haus.
    ***
    Es war bedauerlich, dass sich zwei ältere Bewohner von Rathconan zu Garret Smith gesellt hatten und dass jetzt alle drei Männer, obwohl es noch früh war, an dem einzigen Tisch in der Hütte saßen und tranken. Wie so oft, wenn ihm der Alkohol in den Kopf stieg, war Smith auf die jakobitische Sache zu sprechen gekommen und hatte die Meinung kundgetan, dass, wenn die Franzosen kämen und Bonnie Prince Charlie eine Schotten-Armee aufstelle,

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