Die Rebellen von Irland
zusammengesackt dasaß, zusammenzuckte, als hätte er einen Schlag in den Bauch bekommen. Brennan war das gleich. Geschieht ihm ganz recht, dachte er. Er machte sich auf einen Wutausbruch – denn Garret verlor leicht die Beherrschung – oder eine beißende Bemerkung gefasst. Der Mann konnte weiß Gott scharfzüngig sein, wenn er wollte. Aber es kam nichts. Garret langte schweigend nach seinem Becher. Was immer er dachte, er behielt es für sich. Er ließ den Kopf ein wenig tiefer sinken und zog die Schultern hoch.
Es klopfte an die Tür.
Garret Smith rührte sich nicht, obwohl er es gehört haben musste.
Es klopfte erneut, lauter und gebieterischer.
»Garret Smith!«
Budges Stimme. Brennan und O’Byrne blickten einander erstaunt an. Was wollte er hier? Brennan ergriff die Becher und die Flasche und versteckte alles in einer Ecke. Das machte einen besseren Eindruck, dachte er. Auch O’Byrne straffte sich, sosehr er den Gutsherrn auch verachtete. Garret verharrte, wie er war.
»Besser, du lässt ihn herein«, sagte O’Byrne und ging zur Tür.
»Ist Garret da?« Wieder Budges Stimme.
»Ja, Euer Gnaden. Treten Sie ein und seien Sie uns willkommen«, sagte O’Byrne mit einem warnenden Blick nach hinten zu Garret, der sich noch immer nicht regte.
Budge zog den Kopf ein und trat durch die niedrige Tür in den Raum. Er spähte zu Garret hinüber, doch der hob nicht einmal den Kopf. Unter normalen Umständen hätte er ihn um ein Gespräch unter vier Augen gebeten, aber die offenkundige Grobheit ärgerte ihn. Gleichwohl begann er höflich.
»Ich komme wegen der Tür, Garret. Ist sie fertig?«
Er bemerkte, dass die beiden anderen einen Blick tauschten.
»Nein, noch nicht«, antwortete Garret leicht lallend. Er stierte unverwandt auf den Tisch.
»Es sind jetzt sechs Monate«, fuhr Budge fort, aber nicht ungehalten, sondern im Tonfall eines Mannes, der eine berechtigte Beschwerde vorzubringen hatte. Wieder fiel ihm auf, dass die beiden anderen Blicke wechselten. Sie schienen sich an Smiths Unbehagen zu weiden. »Sie müsste inzwischen doch so gut wie fertig sein.«
»Sie glauben also«, sagte Smith mit schwerer Zunge, aber ruhig, »dass ich schon angefangen habe?«
»Angefangen?« Das ging zu weit. »Gütiger Gott, Mann, was denken Sie sich eigentlich?«
»Diese Gentlemen werden Ihnen bestätigen«, sagte Garret kühl, »dass ich nie etwas zu Ende bringe.«
»Soll das heißen, Sie haben mich ein halbes Jahr warten lassen, obwohl Sie nie die Absicht hatten, die Arbeit zu Ende zu bringen?« Budge geriet in Wallung. »Wollen Sie das damit sagen?«
»Um ehrlich zu sein«, antwortete Garret, »kann ich mich nicht erinnern, ob ich die Absicht hatte, sie zu Ende zu bringen oder nicht.« Budge starrte ihn an. Er konnte unmöglich ahnen, welcher Groll, welcher Selbsthass und welche Verzweiflung sich hinter diesen Worten in Garret Smiths Seele verbarg, er konnte nur vermuten, dass der Mann entweder betrunken oder verrückt war oder aus unerklärlichen Gründen versuchte, ihn zu provozieren. Aber die Gründe spielten keine Rolle. So etwas durfte er sich nicht bieten lassen.
»Garret Smith«, brüllte er, »Sie sind ein nichtswürdiger Versager. Wollen Sie so Ihrem Sohn ein Beispiel geben?«
Er ahnte nicht, dass an diese Wunde schon ein anderer gerührt hatte. Nun aber, zum zweiten Mal tief verletzt, schnellte Garret in die Höhe.
»Zum Teufel mit Ihnen«, schrie er. »Das Einzige, was mein Sohn jetzt lernen muss, ist, wie man für die Franzosen eine Muskete abfeuert, wenn sie kommen.«
Budge wurde sehr still.
»Ich verstehe«, sagte er, machte auf dem Absatz kehrt und trat, sich rasch bückend, durch die Tür.
Die drei Zurückgebliebenen verharrten in Schweigen.
»Großer Gott«, sagte Brennan entsetzt. »Wie kannst du denn so was sagen?«
***
Zwei Tage später sah O’Toole zu, wie Budge den jungen Conall Smith wegbrachte. Nur der Umstand, dass Garret Smith bei seinen Ausfällen betrunken gewesen war, hatte Budge davon abgehalten, ihn als gefährliches Subjekt verhaften und in Ketten in die Wicklower Garnison bringen zu lassen. »Sie haben die Wahl«, hatte er bestimmt zu Garret gesagt. »Der Junge geht nach Dublin, oder Sie gehen nach Wicklow.«
»Er ist ohnehin nicht in der Lage, den Jungen zu erziehen«, hatte der Grundherr so laut, dass mehrere Dorfbewohner es hören konnten, erklärt. Wie auch immer sie zu Budge und seiner protestantischen Schule standen, es gab nicht wenige Feinde Garrets, die
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