Die Rebellen von Irland
wurden, vorbildlich erfüllt. Aber mit einer stumpfen, mechanischen Präzision, als sei er ein General, der eine unterlegene gegnerische Armee auslöscht. Es war beinahe beängstigend. Er spielte um zu gewinnen und nahm sich selbst sehr ernst.
Zu ernst. Vielleicht kamen in ihm ihre eigenen presbyterianischen Vorfahren wieder zum Vorschein. Sie wusste es nicht. Aber sie musste irgendetwas unternehmen. Die Lösung, die Georgiana vorschwebte, war denkbar einfach. Ihr Sohn brauchte eine Frau, die ihn von sich selbst ablenkte. Ob eine Geliebte oder eine Ehefrau war ihr fast egal. Und erst kürzlich hatte sie genau die Richtige gefunden. Das glaubte sie jedenfalls.
In ganz Irland gab es keine wichtigere Familie als das uralte Geschlecht der Fitzgeralds. Bis die Tudors ihre Macht brachen, hatten die mächtigen Earls von Kildare beinahe über ganz Irland geherrscht. Sie waren irische Prinzen, auch wenn sie einen englischen Namen trugen. Vor zwanzig Jahren hatte der jetzige Earl of Kildare damit begonnen, Dublin zu vergrößern, indem er die Liffey-Marschen unter St. Stephens Green erschloss, dort die Kildare Street legen ließ und an ihrem Rand ein prächtiges Herrenhaus errichtete. Das Anwesen erinnerte an ein palladianisches Landhaus und trug inzwischen – weil ihm der noch ehrwürdigere Titel Duke of Leinster verliehen worden war – den Namen Leinster House.
Die Familie Leinster war weitläufig verzweigt. Aber für die Familie Walsh bedeutete eine Heirat mit jedem Zweig der Familie den endgültigen Aufstieg vom Landadel in die Aristokratie. Als ihre Tochter Eliza einen Fitzgerald heiratete, der relativ eng mit dem Duke verwandt war, hatten George und Georgiana sich beglückwünscht. Und seitdem besuchten sie die riesigen Empfänge im Leinster House freudigen Herzens als Familienmitglieder.
Und dieser junge Fitzgerald hatte eine Schwester, die, wie Georgiana durch Zufall erfahren hatte, bald ein ansehnliches Erbe antreten würde, das ihr eine Tante hinterließ. Sie war also eine doppelt gute Partie. Aber dies war für Georgiana nur wichtig, um ihren Sohn und die Familie ihres Mannes zufrieden zu stellen. Hercules war bereits äußerst vermögend. Für Georgiana selbst war allein der Charakter der jungen Frau ausschlaggebend. Sie war klug, gütig und sehr humorvoll. Wenn überhaupt jemand es schaffen konnte, ihren Sohn in einen angenehmeren Zeitgenossen zu verwandeln, dann dieses Mädchen.
Hercules’ Besuch und die heutige Abendgesellschaft verschafften Georgiana die perfekte Gelegenheit, mit Eliza darüber zu sprechen. Das war ihr Programm für heute Abend.
Aber da war noch eine andere Familienangelegenheit. Bei der konnte ihr nur der heutige Ehrengast helfen – wenn er denn endlich auftauchte.
***
Fortunatus, der eine angenehme Viertelstunde lang mit verschiedenen Verwandten geplaudert hatte, freute sich, als er Hercules einen Moment lang allein erwischte. Er wollte sich mit dem jungen Mann unter vier Augen unterhalten. Denn so froh er war, dass sein Enkel endlich aus London zurückgekehrt war, so musste er doch zugeben, dass er ihn eigentlich kaum kannte. Als Hercules ein kleiner Junge gewesen war, hatte sein Großvater ihn nur in Gesellschaft anderer Kinder erlebt; dann hatte Hercules viel Zeit auf dem Anwesen in Wexford verbracht. Auch während seiner Studienzeit in Dublin hatten ihn seine Großeltern nur selten zu Gesicht bekommen. Studenten sind nun mal vollauf mit ihrem eigenen Leben beschäftigt. Und nach dem Studium hatte Hercules es sehr eilig gehabt, seine Ausbildung in London zu beenden. War der junge Mann vielleicht ein wenig zu ungeduldig?
»Es ist schade, dass wir dich während deiner Zeit in Trinity nur so selten zu Gesicht bekommen, mein lieber Junge«, begann er freundlich. »Du hast dort sicher Freundschaften geschlossen und einigen Unfug angestellt. Musstest sicher deinen Mantel ein paar Mal umdrehen, was? Erzähl mal. Wie viele Fensterscheiben hast du zerbrochen?«
Viele Studenten am Trinity College waren Sprösslinge wichtiger Familien. Wenn sie betrunken Schabernack trieben, schritten die Ordnungshüter nur selten ein. Da die Söhne adliger Männer aber goldene Litzen an ihren Studententalaren tragen mussten, drehten sie sie oft diskret auf links, bevor wieder mal Fenster zu Bruch gingen.
»Falls wirklich Scheiben entzweigegangen sein sollten, so habe ich sie nicht gezählt«, erwiderte Hercules leise.
»Kapital, kapital«, sagte der alte Fortunatus anerkennend. »Das ist der richtige
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