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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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beliebt.
    George war ein umgänglicher Mensch, der keiner Partei angehörte. Deshalb überraschte es niemanden, dass er kurz nach der Fertigstellung seines prächtigen Landsitzes der Regierung so viele Gefallen erwiesen hatte, dass sie ihn in den Adelsstand erhob. Und während der alte Fortunatus weiterhin sehr zufrieden seinen Sitz im irischen House of Commons behielt, saß sein Sohn nun als Lord Mountwalsh im Oberhaus. Und alle waren sich einig, dass seine Gegenwart der Versammlung zur Zierde gereichte.
    Neben ihm raschelte Seide: Georgiana Mountwalsh hatte inzwischen graues Haar, strahlte aber immer noch in der vollen Blüte reifer Frauenschönheit. Der Blick des alten Mannes wurde weich. Sie hatte nicht nur ein immenses Vermögen, sondern auch Schönheit und Güte in seine Familie gebracht, und er verbarg seine Bewunderung für sie nicht. Sie küsste ihn zärtlich auf die Wange, und er begrüßte warmherzig ihre beiden jüngeren Töchter. Aber nun war der große Augenblick gekommen. Hier kam der Mann der Stunde.
    »Hercules, mein Junge. Sei mir willkommen.« Der ehrenwerte Hercules Walsh: Der Erbe der immer reicher und mächtiger werdenden Familie war erst heute Morgen einem Schiff aus England entstiegen. Er verkörperte all ihre Hoffnungen für die Zukunft.
    Er sah blendend aus. Er war erst zweiundzwanzig – im vergangenen Jahr hatte die Familie seine Volljährigkeit auf Mount Walsh gefeiert –, aber er wirkte ein paar Jahre älter. Er hatte sein Studium im Trinity College hier in Dublin absolviert und war nun in den Inns of Court in London tätig. Natürlich hatte er es eigentlich nicht nötig, einen Beruf zu ergreifen, aber diese Erfahrung gehörte nun einmal zur Ausbildung eines jungen Aristokraten, der Landgüter und ein Vermögen zu verwalten hatte und eines Tages wahrscheinlich eine politische Laufbahn einschlagen würde. Hercules hatte ein recht kantiges, gut geschnittenes Gesicht und wirkte wie ein junger römischer General. Sein dichtes, hellbraunes Haar wuchs nach vorne und kräuselte sich an den Enden. Seine weit auseinanderliegenden Augen waren braun, der Blick gemessen. Er war nicht sehr gesprächig, antwortete aber höflich auf alle Fragen, die man ihm stellte. Ein Lächeln zeigte er nur, wenn es notwendig war, und offenbar schien das für ihn nicht oft der Fall zu sein. Aber als er sich jetzt vor dem alten Mann und seiner Frau verbeugte, da lächelte er höflich.
    »Großvater. Großmutter.«
    Aber sein Großvater blickte bereits suchend in der Eingangshalle herum.
    »Patrick! Patrick!«, rief Fortunatus laut. »Bringt Patrick zu mir. Ah, hier ist er.« Der junge Mann erschien in Begleitung seines Vaters.
    »Stell dich neben deinen Cousin, Pat, ich will euch beide ansehen. So ist es gut. Habt ihr jemals zwei ansehnlichere Männer gesehen?«, rief er entzückt.
    Obwohl Terences Sohn und Fortunatus’ Enkel eng miteinander verwandt waren, bildeten sie einen interessanten Gegensatz. Patrick war zwar ungefähr gleich groß wie Hercules, aber viel schmaler gebaut. Sein Gesicht war feiner geschnitten, und er wirkte wie ein kluger Advokat oder Doktor, ein Mann der Ideen. Seine Augen leuchteten. In zwangloser Gesellschaft versprühte er einen bezaubernden, jungenhaften Charme.
    Als Fortunatus Patrick neben seinem Cousin Hercules sah, der ihn mit einem kurzen Nicken begrüßte, entging ihm nicht, dass sich das Gesicht seines Neffen kurz verdüstert hatte. Es wäre natürlich durchaus verständlich, wenn Patrick, der Sohn eines katholischen Arztes mit ausreichendem, aber bescheidenem Einkommen, seinem protestantischen Cousin gegenüber, der über ein Tausendfaches an Ressourcen verfügte, ein wenig befangen wäre. Aber solche Gedanken durften einen seit Generationen währenden Familienfrieden nicht trüben.
    »Ach, Terence. Ich wünschte mir, unser lieber Vater könnte sie sehen«, rief Fortunatus glücklich. »Als unser Vater Donatus entschied, dass ich protestantisch erzogen werden sollte und Terence den katholischen Glauben der Familie weiterführen würde, wollte er damit erreichen, dass ein Zweig der Familie den anderen immer beschützen würde. Und wir sollten nicht vergessen, dass er selbst bis zu seinem Tode ein guter Katholik blieb. Gott hab ihn selig. Und bald wird es deine Aufgabe sein, Hercules, diese Tradition fortzuführen. Und ich weiß, dass du sie erfüllen wirst. Kommt, schüttelt euch die Hände. Genau so. Bravo.« Er blickte strahlend in die Runde und hakte dann seinen Bruder unter.

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