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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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»Komm mit, Terence. Lass uns zusammen ein Glas Rotwein trinken.«
    Einträchtig gingen die Brüder in Richtung Salon, gefolgt von den beiden jungen Männern. Hercules lächelte nicht.
    Georgiana hatte die Szene genau beobachtet. Sie mochte Patrick. Und was ihre Beziehung zum alten Fortunatus anging, so hatte ihr Ehemann vor vielen Jahren fröhlich zu ihr gesagt: »Mein Vater ist ganz vernarrt in dich.«
    »Ich weiß«, hatte sie sanft darauf erwidert und ihm mit ihrem Fächer einen liebevollen Klaps auf den Arm gegeben. »Also vergiss nie, dass du einen Rivalen hast.« Der alte Gentleman gab seine Zuneigung zu Georgiana offen zu, aber seine Wertschätzung basierte auch auf rationalerem Kalkül: »Ich liebe meinen Sohn«, vertraute er seiner Frau an, »aber Georgiana hat den schärferen Verstand.«
    Die Zeit war gnädig zu Georgiana gewesen. Ihr Haar war zwar ergraut, aber die gepuderten Frisuren und die Perücken, die gerade in Mode waren, kamen Menschen mittleren Alters sehr zupass. Sie hatte nur wenige Falten, und die machten sie nur noch attraktiver. Ihre Augen spiegelten ihre Lebenserfahrung wider, aber sie blickten immer noch wissbegierig und fragend in die Welt. Manchmal waren sie von einem wunderbaren Licht erfüllt.
    Denn Georgianas größte Freude im Leben war es, andere Menschen glücklich zu machen. Und als reiche Frau, deren Ehemann im House of Lords saß, und die viele Häuser hatte, in denen sie Empfänge geben konnte, hatte sie oft und reichlich Gelegenheit dazu.
    Ihre diplomatischen Unternehmungen wurden nie von Eigeninteresse geleitet. Ob es nun galt, eine Ehe zu arrangieren, einen Familienzwist zu schlichten oder einem netten Mann in Schwierigkeiten eine Arbeitsstelle zu beschaffen: Georgianas Klugheit und Güte waren beinahe sprichwörtlich geworden. Seit Jahrzehnten, beinahe seit den großen Tagen des Duke of Devonshire, waren die irischen Lord Lieutenants meist nur kurze Zeit im Amt geblieben und hielten sich nur während der Parlamentssitzungen in Dublin auf. Die Regierung Irlands und folglich auch alles Mäzenatentum lag in den Händen ihrer Beamten in der Dubliner Burg und bei den mächtigsten Parlamentariern, zum Beispiel den Ponsonbys und den Boyles. Aber schließlich war die Londoner Regierung zu dem Schluss gekommen, dass sie ein Vermögen für die Ponsonbys und ihre Freunde ausgab, und hatte Lord Townshend, einen gewitzten Aristokraten, nach Irland geschickt, der wieder Ordnung in die Regierungsgeschäfte bringen sollte. Das war vor mehr als drei Jahren gewesen. Townshend hatte still und leise die alten Cliquen entmachtet. Nur noch der Lord Lieutenant durfte Patronatsrecht ausüben, und Gefallen wurden nur noch selten erwiesen. »Einmischung!«, schrien die wütenden Ponsonbys empört. »Irland wird unterwandert!« Und viele stimmten ihnen zu. Aber der Machtwechsel kümmerte Georgiana nicht im Geringsten. Sie hatte sich schnell mit Lord Townshend angefreundet. Und da Lord und Lady Mountwalsh sich so geflissentlich jeder politischen Parteiergreifung enthielten und Georgiana nur um Hilfe für Menschen in Not bat, hatte sie erstaunlich viel Erfolg.
    »Wie zum Teufel machst du das nur?«, fragte ihr Ehemann.
    »Es ist ganz einfach«, antwortete sie. »Townshend ist stolz auf seine Ehrlichkeit. Also appelliere ich nur an seine Güte und biete ihm keine Gegenleistung an.«
    In einer Periode, in der die Beziehungen zu Frankreich besonders schlecht waren, hatte sie ihn sogar dazu überredet, einen jungen Franzosen aus staatlichem Gewahrsam zu entlassen, weil sich, wie sie ihm offen sagte, seine Verlobte in Frankreich bestimmt Sorgen um ihn machte.
    »Kann das Ihnen oder mir irgendwie von Nutzen sein?«, hatte Townshend amüsiert gefragt.
    »Meiner Meinung nach überhaupt nicht«, hatte sie geantwortet.
    Und dass auch der Lord Lieutenant sie ein- oder zweimal gebeten hatte, ihm aus Schwierigkeiten zu helfen – was sie gern getan hatte –, musste ja keine Seele in Dublin je erfahren.
    Als sie den jungen Patrick und Fortunatus beobachtete, war es für sie also ein ganz natürlicher Impuls, zu überlegen, wie sie diesem bezaubernden katholischen Jungen weiterhelfen konnte.
    Aber das musste warten. Heute hatte sie eine andere Mission zu erfüllen.
    Manchmal machte sich Georgiana Sorgen um ihren Sohn. Er war nach einem Freund ihres Mannes benannt, der auch sein Taufpate gewesen war. Aber irgendwie hatte der Name auch seinen Charakter vorbestimmt. Hercules hatte alle Erwartungen, die an ihn gestellt

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