Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
Vom Netzwerk:
der Ascendancy hatte zwar keineswegs die alte Angst vor dem Katholizismus besiegt, aber ihr doch wenigstens die Schärfe genommen. Vielen Protestanten war es inzwischen aufrichtig peinlich, dass anständige Gentlemen wie Doktor Terence Walsh oder die soliden katholischen Kaufleute in den Häfen so schäbig behandelt wurden. Der alte Fortunatus lächelte. »Eines Tages wird dein Cousin Patrick seinen Platz neben dir einnehmen und dir nicht mehr nur in der Familie, sondern auch im öffentlichen Leben ebenbürtig sein. Das hätte meinen lieben Vater sehr gefreut.«
    Hercules senkte höflich den Kopf.
    »So, jetzt hast du mir lange genug zugehört, glaube ich«, sagte der alte Mann abschließend. »Aber ich freue mich, dass du und dein Cousin Freunde seid. Es gibt nichts Wichtigeres als die Familie, mein Junge.« Damit überließ er seinen Enkel den Vergnügungen der Abendgesellschaft.
    Ein paar Minuten später bemerkte er jedoch freudig, dass Hercules und Patrick miteinander sprachen.
    Allerdings hätte er sich vielleicht ein anderes Gespräch gewünscht. Hercules wollte nur eine Information von Patrick.
    »Kennst du einen Mann namens John MacGowan?«
    »Vielleicht. Warum?«
    »Dieser Mann ist kürzlich einem Club beigetreten, dem auch ich angehöre. Den Aldermen of Skinners Alley. Du hast vielleicht schon von uns gehört.«
    »Ach so.«
    Eines musste man Hercules wirklich lassen: Er verschwendete niemals seine Zeit. Schon wenige Stunden nach seiner Ankunft aus London war er in die Stadt gegangen und hatte erfahren, dass bereits am nächsten Tag ein Treffen der Aldermen – einem geselligen Club, der sich der Erinnerung an Wilhelm von Oranien verschrieben hatte – stattfinden würde. Patrick kannte den Club natürlich: Er war ungewöhnlich, weil alle Gesellschaftsschichten sich bei den Treffen fröhlich untereinander mischten. Natürlich nur, solange es Protestanten waren.
    »Ich dachte, die MacGowans seien Katholiken«, sagte Hercules.
    »Die meisten sind das auch sicherlich.«
    »Dieser behauptet, er sei Protestant.«
    Zögerte Patrick etwa einen Augenblick?
    »Es sind so viele«, antwortete er nach kurzem Schweigen. »Es ist durchaus möglich, dass ein paar von ihnen Protestanten geworden sind.«
    »Es ist ein Lebensmittelhändler. Kennst du einen John MacGowan, der mit Lebensmitteln handelt?«
    Patrick runzelte die Stirn.
    »Ich glaube schon. Aber es gibt eine ganze Sippe von MacGowans, die Lebensmittel verkaufen. Es sind alles Cousins. Wenn einer von ihnen behauptet, er sei Protestant …« Achselzuckend fuhr er fort. »Ich würde ihn nicht davon abhalten, falls du darauf hinaus willst.«
    »Hmpf«, machte Hercules und drehte sich weg.
    Und auch als seine Mutter kurz danach auf ihn zukam, blickte er noch verärgert drein.
    »Hast du dein Gespräch mit deinem Großvater genossen?«, fragte sie.
    »Er will, dass ich den Katholiken helfe, die gleichen Rechte wie wir zu erlangen.«
    »Und wirst du das tun?«
    Hercules zuckte mit den Schultern.
    »Warum sollten wir unseren Vorteil aufgeben?«
    Darauf antwortete Georgiana nicht.
    »Komm mit und sprich mit deiner Schwester Eliza«, sagte sie stattdessen.
    ***
    Der Ehrengast traf pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt ein. Fortunatus führte ihn in den großen Salon, wo die gesamte Familie wartete. Als die beiden eintraten, verstummten die Gespräche. Georgiana stand neben Hercules und beobachtete den Neuankömmling sehr genau. Er bot einen’ seltsamen Anblick. Ein älterer Mann in einem braunen, handgewebten Mantel. Er trug Strümpfe und Schnallenschuhe, aber keine Perücke. Lange, weiße Haarsträhnen hingen von seinem obenauf kahlen Kopf herab. Auf seiner Nase klemmte eine halbrunde Brille, über deren Rand er die versammelte Gesellschaft gutmütig betrachtete.
    Was für ein netter alter Mann, dachte sie.
    Mr Benjamin Franklin war zum ersten Mal in Irland. Fortunatus führte ihn durchs Zimmer und stellte ihm jedes Familienmitglied einzeln vor. Der Amerikaner nickte grüßend und schüttelte Hände, und das mit einer ungeheuer angenehmen Schlichtheit. Aber Georgiana kannte genügend Politiker. Ihr fiel schnell auf, dass die gütigen alten Augen alles sehr genau beobachteten. Und als er bei ihr ankam, und diese Augen beim Anblick ihres sanft gewölbten Dekolletees unmissverständlich aufleuchteten, lächelte sie in sich hinein und schloss: Dieser schlaue alte Kerl ist weit weniger harmlos als er vorgibt. Aber er ist ein erstklassiger Schauspieler.
    »Mr Franklin hat

Weitere Kostenlose Bücher