Die Rebellen von Irland
Befriedigung. »Obwohl es beileibe nicht nur Protestanten trinken.«
Der Gedanke an das ausgezeichnete Bier brachte die Unterhaltung kurzzeitig zum Erliegen, und diese Pause nutzte Georgiana, um ihre Frage zu stellen.
»Mr Franklin, ich frage mich, ob Sie in Philadelphia vielleicht etwas von meiner Familie gehört haben. Mein Onkel, der dort lebte, hieß Samuel Law.«
Sie schämte sich beinahe dafür, aber in den beinahe dreißig Jahren ihrer Ehe hatte sie den Kontakt zu der Familie ihres Vaters beinahe ganz verloren. Seit dem Zerwürfnis zwischen ihrem Vater und dessen Bruder John herrschte eisiges Schweigen zwischen den Dublinern und dem Familienzweig aus Ulster. Ihr Vater hatte mit Samuel – und nach dessen Tod mit seiner Witwe – in Philadelphia regelmäßig Briefkontakt gehalten, aber darüber hatte sie kaum etwas gewusst. Außerdem war sie zu sehr mit ihrer eigenen Familie beschäftigt gewesen, um sich darum zu kümmern. Sie wusste also überhaupt nichts über ihre amerikanischen Cousins. Falls sie überhaupt noch lebten. »Ich wüsste gar nicht, an wen ich dort schreiben sollte«, gestand sie.
»Aber ich erinnere mich noch sehr gut an den Kaufmann Samuel Law«, sagte Franklin herzlich. »Und ich weiß, dass er Brüder in Belfast und Dublin hatte. Das hat er mir selbst erzählt. Eine wunderbare Familie.« Und er erzählte ihr sehr Erfreuliches über die Laws – es waren Advokaten, Ärzte und wohlhabende Kaufleute mit schönen Häusern und ertragreichen Bauernhöfen in der Region um Philadelphia. »Ich glaube, Richter Edward Law gilt als Familienoberhaupt.«
»Oh, ich würde sie so gerne kennen lernen«, rief sie aus. »Und ich wünschte, auch Hercules könnte sie treffen.«
Bei diesem letzten Ausruf blickte Franklin ein wenig skeptisch drein. Aber er unterbreitete ihr gerne einen Vorschlag.
»Ich werde morgen oder übermorgen ein Paket Briefe nach Philadelphia schicken, Lady Mountwalsh. Falls Sie dem Richter einen Brief schreiben wollen, geben Sie ihn mir. Ich kann versprechen, dass er ihm persönlich übergeben wird.«
Dankend nahm sie das Angebot an.
Und als das Fest sich dem Ende zuneigte und der Ehrengast zur Türe geleitet wurde, war sie sich mit dem Rest der Familie darüber einig, dass es ein großer Erfolg gewesen war.
* **
Mehr als vierzig fröhliche Gesellen hatten sich in dem Sitzungssaal im ersten Stock der Stadtschänke eingefunden. Wie immer war es eine sehr gemischte Gesellschaft: ein Perückenmacher, zwei Apotheker, verschiedene andere Handwerker und Kaufleute, ein halbes Dutzend Advokaten, der Betreiber der Postkutsche von Dublin nach Belfast, Beamte aus der Burg, einige Offiziere, zahlreiche Gentlemen und sogar ein paar Aristokraten, darunter auch der junge Hercules.
Die Aldermen of Skinners Alley trafen sich seit der Schlacht von Boyne vor mehr als achtzig Jahren einmal monatlich auf diese Weise. Ein paar neue Mitglieder wurden vorgeschlagen und aufgenommen. Dazu war nur eine einzige Qualifikation vonnöten: Der Bewerber musste ein anständiger Kerl sein – und natürlich Protestant. Danach wurden Neuigkeiten ausgetauscht. Hercules lernte bald John MacGowan kennen, der sich als angenehmer Zeitgenosse erwies. Er war recht groß, um die dreißig, mit zurückweichendem Haaransatz und einem ausgeprägten Sinn für Humor. Innerhalb einer Stunde war der geschäftliche Teil des Abends, zu dem auch das Einsammeln des Sixpence-Mitgliedsbeitrags gehörte, mit dem das heutige Abendessen finanziert wurde, erledigt. Die eigentliche Veranstaltung konnte beginnen.
Beim Festessen lief alles nach strengen Regeln ab. In der Mitte des langen Tisches stand die geheiligte Büste von König Wilhelm III. von Oranien, dem Befreier der Protestanten. Auf dem Tisch standen zahlreiche Krüge: blaue Krüge mit Rumpunsch, weiße Krüge mit Whiskypunsch, Zinnkrüge für Porter – Guinness Black Protestant Porter natürlich. Nachdem sich die Mitglieder gesetzt hatten und das Mahl begann, wurde eine große Platte mit Schafsfüßen hereingebracht; als Erinnerung daran, wie der katholische König Jakob aus Dublin davongerannt war, als König Billie heranrückte. Die Unterhaltung war lebhaft. Erst als das Essen vorbei war, begann der ernste Teil des Abends. Feierlich stimmte die ganze Gesellschaft »God Save the King« an. Und danach erhob sich der gewählte Zeremonienmeister, der im Club das Amt des Oberbürgermeisters innehatte, und verkündete: »Gentlemen! Ich präsentiere den Trinkspruch der Oranier.«
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