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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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verlobt werden, den sie kaum kennen?‹«
    »Darauf wusste er sicher keine Antwort.«
    »Oh doch. ›Die Eltern können das besser beurteilen als die Liebenden – das hoffen sie jedenfalls‹, sagte er. Dann lachte er. Ich war sehr überrascht. ›Glaubt Vater wirklich, dass Walter besser zu mir passt?‹, fragte ich. ›Es geht nicht um das Vermögen der Familie, schließlich sind die beiden Brüder‹, antwortete er. ›Es geht um seinen Charakter. Im Moment liebst du Patrick, aber ich verspreche dir‹ – und dabei sah er mich sehr ernst an –, ›dass Walter dir ein guter Ehemann sein wird, der dir Zufriedenheit und Glück schenken wird.‹ Dies waren seine Worte.«
    »Was hast du geantwortet?«
    »Ich fragte, ob Vater mich zwingen wolle, Walter zu heiraten. ›Nein‹, schrie er darauf, das sei auf keinen Fall so. Ich solle ihn selbst fragen. ›Er möchte, dass du bis zum nächsten Frühjahr nach Frankreich zurückkehrst. Wenn du wiederkommst, sollst du Walter treffen und ihn besser kennen lernen. Und falls er dir dann nicht gefällt, falls du nicht denkst, dass du ihn lieben und ehren kannst, dann wird die Verlobung gelöst.‹«
    »Das war alles?«
    »Nein. Ich schwieg eine Weile, und schließlich nahm er meinen Arm und sagte lächelnd. ›Anne, denke immer an diesen kleinen Spruch, denn es steckt viel Weisheit in ihm:
    * **
    Head over heart,
    The better part.
    Heart over head,
    Better dead.
    ***
    Dieser Spruch ist wahr, das weiß ich sicher.‹«
    »Mehr hat er nicht gesagt?«
    »Doch, eine Sache noch. Ich werde Patrick nicht wiedersehen.«
    »Er hat es dir verboten? Ich gehe sofort nach Dublin und hole ihn her, wenn du willst«, schrie Orlando aufgebracht.
    »Du hast mich nicht verstanden.« Ihr Gesicht verzog sich zu einer kläglichen Grimasse. »Er ist fort. Er ist nicht mehr hier. Er ist auf einem Schiff abgereist.«
    »Aber wohin denn?«
    »Wer weiß? England, Frankreich, Spanien – vielleicht sogar Amerika. Sie haben ihn fortgeschickt, und er darf mit Sicherheit erst zurückkommen, wenn ich jemand anderen geheiratet habe. Das ist mir völlig klar.«
    »Hat Peter Smith dies getan? Patrick würde doch nicht einfach selbst …«
    »Nein. Verstehst du denn nicht? Es war Lawrence. Er hatte hinter meinem Rücken bereits alles arrangiert. Oh, ich weiß es. Ich weiß es ganz genau. Ich hasse ihn!«, schrie sie plötzlich auf. Dann brach sie in Tränen aus.
    Aber drei Tage später brach sie in recht gefasster Stimmung mit Lawrence nach Frankreich auf. Was wäre ihr auch anderes übrig geblieben.
    ***
    Nach Lawrences und Annes Abreise kehrte im Haus der Familie Walsh wieder für Fingais typische Ruhe ein. Orlando nahm seine Studien wieder auf. Martin Walsh ritt ein- oder zweimal die Woche nach Dublin. Und sonntags gingen sie gemeinsam zur Burg von Malahide. In dem alten Gemäuer las ein Priester eine Messe – diskret natürlich.
    Es war ein warmer, milder September. Martin Walsh, der die freundliche Ruhe seines Anwesens genoss, war seit einigen Tagen nicht mehr in Dublin gewesen. Eines Nachmittags kam Orlando gerade von einem Spaziergang zurück, als ein Reiter näher kam. Es war sein Cousin Doyle. Der große Mann stieg behände vom Pferd und nickte Orlando freundlich zu.
    »Ist dein Vater hier? Ah, da ist er ja«, beantwortete er seine Frage selbst, als Martin Walsh im Türrahmen erschien. »Ich habe Neuigkeiten für dich, Cousin – falls du es noch nicht gehört hast?«
    »Ich habe nichts gehört.« Er sah Orlando an und warf Doyle einen fragenden Blick zu.
    »Der Junge darf es ruhig hören. Bald wird sowieso die ganze Welt davon wissen. Die Nachricht hat uns aus Ulster erreicht.« Doyle atmete tief durch. »Der Earl of Tyrone ist fort.«
    »Gestorben?«
    »Nein. Er hat ein Schiff bestiegen und ist fortgesegelt. O’Donnell, der Earl of Tyrconnell, und noch einige andere sind mit ihm gegangen. Die Grafen sind geflüchtet, Cousin Walsh. Sie haben Irland den Rücken zugekehrt und werden auch nicht zurückkommen.«
    Der Graf von Tyrone. Orlando hatte ihn natürlich noch nie gesehen, aber in seiner Vorstellung hatte er immer einen festen Platz innegehabt. Eine große, dunkle Gestalt. Der heldenhafte, beinahe gottgleiche letzte Prinz des alten Irland. Der Erbe der Hochkönige aus der O’Neill-Sippe, die oben in Ulster herrschte. Orlando hatte sich immer vorgestellt, eines Tages werde Tyrone sich erheben und die englischen Beamten aus Dublin vertreiben. Und danach zweifellos Irland als neuer Hochkönig in

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