Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
Vom Netzwerk:
William berichtet, »und dann steht er auf und verwandelt sich in einen Löwen.«
    Doch auf Williams Frage schüttelte Emmet den Kopf.
    »FitzGibbon kommt nicht zum Diskutieren zu uns, William. Dies ist eine Gerichtsverhandlung mit anschließender Bestrafung. Und ich bin bestimmt eines der Opfer. FitzGibbon hat meiner Familie nie getraut. Inzwischen wurde sogar mein Bruder verhaftet. Bestimmt schließt er mich von der Universität aus. Ich werde ihm aber nicht die Gelegenheit geben, mich in aller Öffentlichkeit zu demütigen. Ich gehe nicht hin. Er muss mich schon ohne Befragung ausschließen und dabei sein wahres Gesicht zeigen.«
    »Du hältst ihn für einen solchen Despoten?«
    »Gründet nicht die ganze Herrschaft der Protestanten auf Despotie?« Emmet lächelte grimmig. »Du wirst es morgen erleben, sei darauf gefasst.«
    Als er am folgenden Tag zur Versammlung aufbrechen wollte, erhielt William die Nachricht, er solle sich unverzüglich in die Zimmer des Provosts verfügen. Bei seiner Ankunft dort wurde er sofort in ein Zimmer geführt, in dem ihn anstelle des Provosts FitzGibbon persönlich erwartete.
    William war FitzGibbon noch nie begegnet, deshalb betrachtete er ihn unwillkürlich mit einer gewissen Neugier. Der Anführer der Troika war eine Furcht einflößende Gestalt, doch trotz der Angst, die er verbreitete, wusste William, dass er sich als Anwalt und Richter einen guten Ruf erworben hatte und sogar als gerechter Richter galt. Gefährlich wurde er, sobald er sich Regierungsgeschäften zuwandte. Seltsamerweise kam diese Säule der protestantischen Oberschicht aus einer Familie, die erst zur offiziellen protestantischen Kirche konvertiert war. Vielleicht erfüllte ihn gerade deshalb ein unversöhnlicher Hass auf alle Katholiken und Radikalen. Wie das Bronzestandbild eines grimmigen römischen Statthalters stand er jetzt in seinem Talar vor William.
    Er streckte William die Hand hin.
    »Ah, William.« FitzGibbon wählte die vertrauliche Anrede mit dem Vornamen, obwohl sie sich noch nie begegnet waren. Er lächelte sogar. »Ihr Vater versicherte mir, ich könnte mich auf Sie verlassen, und ich sehe an Ihrem ehrlichen Gesicht, dass ich das kann. Wir haben heute wichtige Dinge vor.«
    »Mylord?«
    »Ich zähle auf Ihre Hilfe.«
    William nickte, obwohl er nichts verstand.
    »Sie sind noch jung.« FitzGibbon klang freundlich. »Doch heute werden alle geprüft. Heute gilt es, für seine Überzeugung einzustehen. Ich zähle auf Sie.« Er bedeutete William mit einem kurzen Nicken, dass das Gespräch beendet sei.
    Der große Speisesaal war bereits überfüllt, als William eintraf. Auf einem Podium am Ende des Saals standen ein Tisch und zwei Sessel. Davor, im Hauptteil des Saals, saßen der Rangfolge nach geordnet auf Bänken sämtliche Mitglieder des College: in der ersten Reihe der Provost und seine Mitarbeiter, dann die Dozenten, die älteren und jüngeren Studenten und sogar die Hausmeister. William setzte sich rasch auf einen Platz. Sobald alle saßen, wurden die Türen geschlossen. Jetzt betraten FitzGibbon und der zweite Richter mit versteinerten Mienen den Saal und setzten sich auf ihre Throne. Sie verharrten einen Augenblick schweigend, bevor FitzGibbon sich erhob.
    Er sprach deutlich, wie ein Ankläger, der einen Fall vorträgt. Die Studenten dürften ihre privilegierte Situation nicht vergessen, sagte er. Sie seien die künftigen Führer des Landes. Die meisten wichtigen Stellen Irlands würden mit Absolventen des Trinity College besetzt. Doch Privilegien, erinnerte er sie, gingen mit Verantwortung einher und bargen auch Gefahren. Seine Stimme nahm einen warnenden Unterton an. Der Besuch der Universität eröffne glänzende Aussichten, ein Ausschluss von der Universität dagegen zerstöre jede Hoffnung auf eine Karriere. Einige Anwesende würden gleich diese schreckliche Lektion lernen. Denn er verfüge über unwiderlegbare Beweise, dass sie mit dem Gedanken an Hochverrat gespielt hätten.
    Während er sprach, ließ er seinen Anwaltsblick anklagend über die Versammlung wandern, als könnte er in jeden Anwesenden hineinsehen und seine geheimsten Gedanken erraten.
    Was nun von ihnen verlangt würde? Nur die einfachste, nahe liegendste Sache der Welt. Er würde sie einzeln vortreten lassen. »An einige von euch habe ich Fragen und ich rate euch, sie wahrheitsgemäß zu beantworten.« Die anderen würde er nur bitten, einen einfachen Eid abzulegen. Er nickte dem anderen Richter zu und der zog eine Bibel

Weitere Kostenlose Bücher