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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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hervor, hielt sie hoch und legte sie auf den Tisch. Sie sollten einen Treueeid auf die Krone schwören und schwören, dass sie Fragen nach Kommilitonen nach bestem Wissen beantworten würden. Nichts dürfte verheimlicht werden, erklärte FitzGibbon. Kein staatstreuer Mensch könnte Einwände gegen einen solchen Eid haben, das würden sie ihm bestimmt zugeben. Wieder ließ er die Augen durch den Saal wandern. William bildete sich ein, dass sie einen Augenblick auf ihm ruhten. Er erwiderte den Blick. Die Augen des Vizekanzlers sahen aus wie zwei dunkle Strudel.
    Im Verlauf der Veranstaltung wurde deutlicher, worauf FitzGibbon hinauswollte. »Er will uns einschüchtern«, flüsterte Williams Nachbar. Alle jüngeren Studenten, die er aufrief, standen im Ruf, mit den United Irishmen zu sympathisieren. Sie wurden einzeln vernommen.
    Der Erste bestritt ruhig, zu den Irishmen zu gehören.
    »Kommen Sie, Sir«, rief FitzGibbon, »ich habe Zeugen.« Und weiter: »Sie wurden am 10. Februar gesehen, als sie ein Haus betraten, in dem, wie wir von gleichfalls anwesenden Augenzeugen wissen, eine Versammlung der United Irishmen stattfand.«
    Auf seine Worte folgte Schweigen.
    »Sind Sie bereit zu schwören«, fuhr der Vizekanzler fort, »dass Sie uns Ihre Tätigkeit und die Ihrer Gefährten offenlegen werden?«
    »Nein.«
    »Sie können sich setzen, Sir.«
    Andere wurden auf ähnliche Weise zur Rede gestellt und gaben ähnliche Antworten. Ein besonders mutiger Student wehrte sich.
    »Auf wessen Anordnung erfolgt diese Untersuchung?«, wollte er wissen.
    »Auf meine, Sir. Mir ist an dieser Universität niemand übergeordnet.«
    »Sie verlangen von mir, dass ich meine Freunde verrate?«
    »Ich verlange von Ihnen, dass Sie Ihr Land nicht verraten.«
    »Ich weigere mich, dieses Verfahren anzuerkennen, und ich weigere mich, den Eid zu schwören.«
    »Dann werden Sie aus der Universität ausgeschlossen, Sir.«
    Eingeschüchtert verfolgten die Studenten dieses und ein Dutzend weiterer Verhöre. Eines erregte ihr besonderes Mitleid.
    Der Student war klein, nicht einmal ein Meter fünfzig groß. Er hieß Moore. Seine Mutter war die Witwe eines armen Ladenbesitzers, und die Universität bedeutete für ihren Sohn einen Ausweg aus der Armut, in die er geboren worden war. Die meisten Studenten, die aus betuchten Verhältnissen stammten, verachteten Kommilitonen wie ihn, die oft niedrige Arbeiten im College verrichten mussten, um ihren Unterhalt bezahlen zu können. Jetzt freilich musterten sie ihn mit einem gewissen Interesse. Gehörte dieser ängstliche Bursche wirklich den United Irishmen an? Ihres Wissens nein.
    Doch Moore war eines anderen Verbrechens schuldig: Er war katholisch.
    Fünf Jahre zuvor wäre er gar nicht zur Universität zugelassen worden. Erst auf Druck der britischen Regierung hatten die Dubliner Behörden den Katholiken einige Zugeständnisse gemacht, und FitzGibbon hatte wider seine Überzeugung einige wenige Katholiken in die Dubliner Universität aufgenommen.
    Geduckt stand der kleine Student vor dem so viel größeren Vizekanzler. Er zitterte vor Angst, und wer hätte es ihm verdenken können? Fitz-Gibbon nahm die Bibel, hielt sie ihm hin und befahl ihm, den Eid zu schwören. William hätte Verständnis dafür gehabt, wenn Moore geschworen hätte. Was bedeutete der Eid schon? Er konnte FitzGibbon sowieso nichts Wichtiges sagen. Leg den Eid ab und setz dich wieder, betete er lautlos. Doch Moore schüttelte den Kopf.
    Auf FitzGibbons Gesicht erschien so etwas wie die Andeutung eines Lächelns. Was belustigte ihn? Er drückte Moore die Bibel in die rechte Hand, doch Moore zog die Hand hastig zurück und versteckte sie hinter dem Rücken. FitzGibbon betrachtete ihn wie eine Katze eine Maus, die sie gefangen hat. Dann drückte er ihm die Bibel in die linke Hand. Moore zog auch diese Hand rasch zurück, als sei die Bibel eine ansteckende Krankheit. Er hielt jetzt beide Hände hinter dem Rücken. Wehrlos stand er vor FitzGibbon, aber er war nicht bereit nachzugeben.
    Unter den Anwesenden und sogar einigen Freisassen breitete sich Mitleid mit dem tapferen Burschen aus.
    FitzGibbon musterte ihn immer noch mit schräg gelegtem Kopf. Dann drückte er ihm die Bibel an die Brust. Moore wich zurück. FitzGibbon machte einen Schritt nach vorn und Moore wich noch weiter zurück. Das wiederholte sich mehrere Male, und so bewegten der Vizekanzler und der Katholik sich über das Podium. Immer wieder streckte FitzGibbon die Hand mit der

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