Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
Vom Netzwerk:
die Arbeitssuche immer schwieriger wurde. Im Frühjahr und Sommer 1845 beobachtete Maureen mit einer gewissen Sorge, dass der kleine Geldvorrat, den sie aufbewahrte, allmählich schrumpfte und selten, wenn überhaupt, wieder aufgefüllt wurde.
    Doch sie bewahrte ihre heitere Miene. Mary und Caitlin schienen unzertrennlich und hatten ständig Unfug im Kopf. Maureen tat so, als ob sie ihnen böse sei, aber insgeheim freute sie sich über ihre Lebhaftigkeit. »Ihr seid zwei Satansbraten, und ich schäme mich für euch«, pflegte sie ihnen nachzurufen, wenn sie lachend davonrannten, um im Fluss einen Fisch zu fangen oder den leidgeprüften Nachbarn einen Streich zu spielen. Was den kleinen Daniel – dem der Vater aus Verehrung für Daniel O’Connell diesen Vornamen gegeben hatte – anging, so hatte er die blauen Augen seines Vaters und hellbraunes Wuschelhaar. Maureen hatte sorgfältig drei oder vier Spielkameraden für ihn ausgesucht und machte sich ein Vergnügen daraus, ihn überallhin mitzunehmen. Die meisten Leute hielten sie für seine Mutter.
    Im August ernteten sie die Kartoffeln auf ihrem Acker und konnten einen guten Vorrat anlegen, der bis zum Dezember reichen würde. Die Haupternte würde im Oktober erfolgen, und schon Anfang September sprachen die Leute von einer bevorstehenden Rekordernte.
    Mitte des Monats berichtete das Clare Journal über einige Fälle von Kartoffelfäule. Doch dies konnte auch eine Folge falscher Lagerung sein. Erst am letzten des Monats kam ihr Vater mit besorgter Miene nach Hause: »Einige von den Bauern, die nach Ennis kommen, sprechen von einer Seuche«, sagte er zu Maureen und ging sofort hinaus auf ihren Acker, um nachzusehen. »Sie sind anscheinend alle in Ordnung«, sagte er, als er wiederkam.
    ***
    Mitte Oktober eröffnete Caroline Doyle dem verdutzten Stephen Smith, dass sie einen anderen heiraten würde. Zuerst konnte er es nicht fassen.
    »Wer ist es?«
    »Ein Professor. Ein Mann der Wissenschaft.«
    »Ein Wissenschaftler? Das ist ein Riesenfehler. Wissenschaftler sind schrecklich langweilig.«
    »Er nicht, wie ich finde.«
    »Du würdest besser daran tun, mich zu heiraten.«
    »Das glaube ich nicht, Stephen. Es tut mir leid.«
    Er und Caroline hatten sich blendend verstanden. Er hatte ihr zwar noch keinen Heiratsantrag gemacht – dafür war es noch zu früh gewesen –, aber irgendwie hatte zwischen ihnen ein stilles Einvernehmen bestanden. Dessen war er sich sicher. Der Haken, so dachte er, war O’Connell gewesen.
    Der Befreier hatte das monster meeting bei Clontarf abgesagt, aber der Tory-Regierung hatte das nicht genügt. »Er ist zu weit gegangen, das wird zu einem Aufstand führen«, ließ sie verlauten und steckte ihn ins Gefängnis. Dort blieb er sechs Monate, bis das oberste britische Berufungsgericht das Urteil gegen ihn aufhob. In dieser Zeit musste Stephen für O’Connell in London alle möglichen Dinge erledigen und sah Caroline deswegen nur selten. Nach seiner Rückkehr machte er ihr weiter den Hof. Aber er hatte sie nicht so oft sehen können, wie er es sich gewünscht hätte, denn es gab immer ein politisches Geschäft der einen oder anderen Art, um das er sich kümmern musste.
    »Ich hätte ihn lieben können«, sagte sie zu William Mountwalsh, »und er hätte wohl auch mich geliebt, aber eben nur, wenn er Zeit gehabt hätte.«
    »Sie meinen, er hat es an Zuneigung fehlen lassen?«, fragte er.
    »Nein«, antwortete sie, »aber er denkt in erster Linie an sich.« Sie lächelte. »Manchmal ist er wie ein Kind, was ich liebenswert finde. Aber … eben nicht genug.«
    Der Wissenschaftler war ein Freund von Williams Bruder, ein Gentleman von fünfunddreißig Jahren mit einem besonderen Interesse für die Astronomie. Sie hatte ihn bei einem Besuch in Parsonstown kennen gelernt, dem Landgut einer mit Talenten gesegneten Familie. Lord Ross war selbst ein bedeutender Astronom.
    Wie sehr er Caroline begehrte, erkannte Stephen erst, als er sie verloren hatte.
    Eine Woche nach ihrer Trennung schrieb er eine Reihe von Gedichten über sie, mit mehr Leidenschaft als Talent. Danach war er ziemlich deprimiert.
    Überzeugt, dass Stephen ein Tapetenwechsel gut tun würde, schickte ihn der Befreier unter dem Vorwand, er möge seinem Cousin Charles O’Connell bei der Niederschrift einiger politischer Abhandlungen helfen, Anfang Dezember nach Ennis.
     
    Stephen hatte gehört, dass es dort Ausfälle bei der Kartoffelernte gab. Charles O’Connell, das kleinere und dunklere

Weitere Kostenlose Bücher