Die Rebellen von Irland
Gentry, die nach dem Mord nervös geworden war, zu beruhigen.
Ein paar Tage später begann es zu schneien.
Im Vergleich zu vielen Nachbarn hatte Eamonn Madden noch Glück. Er gehörte zu den dreihundert Männern, die man für lokale Bauarbeiten ausgewählt hatte. Colonel Wyndham hatte aus England sechshundert Pfund für die Ausbesserung der Straßen in Ennis geschickt. »Davon kann man zwei Monate lang dreihundert Männer bezahlen«, betonte ihr Vater. Dann, als es zu schneien aufhörte und wieder etwas milder wurde, leiteten die Behörden in Dublin erste Hilfsmaßnahmen in die Wege. Annähernd fünfhundert weitere Arbeiter fanden bei öffentlichen Bauarbeiten Beschäftigung, aber Mr Knox’ ehrgeizige Projekte schob man unentwegt auf die lange Bank.
Auf dem Markt stieg der Kornpreis weiter. Wie aus dem Süden bekannt wurde, war in der Shannon-Mündung ein Getreideschiff von hungernden Einheimischen geplündert worden.
Eines Tages ging ihr Vater am Morgen zu Arbeit und kam schon vor Mittag wieder. Er sah betroffen aus.
»Man hat die Löhne gekürzt. Die Jungs verweigern die Arbeit.«
»Aber der Lohn betrug doch nur zehn Pennys pro Tag. Das ist nicht mehr als ein Almosen.«
»Ich weiß. Und jetzt sollen es acht Pennys sein. Aber die Jungs werden nachgeben müssen. Ich habe Mr Knox getroffen, und der hat zu mir gesagt: ›Wir haben kein Geld, um sie zu bezahlen.‹«
Ihr Vater sollte Recht behalten. Die Männer nahmen für acht Pennys täglich die Arbeit wieder auf. Nach dem ersten Tag fragte ihn Maureen, ob es Ärger gegeben habe.
»Eigentlich nicht«, antwortete er. »Nur einmal kam eine feine Dame vorbei und sagte, sie könne nicht verstehen, warum wir die Straße so verunstalteten.«
Der Lohn reichte nicht, um eine Familie zu ernähren, zumal alles teurer wurde. Doch ein paar Tage später bekam Maureen etwas Maismehl, das das Hilfskomitee hatte kaufen können und zu einem herabgesetzten Preis verkaufte. Es war von schlechter Qualität, dachte sie, aber es hielt Leib und Seele zusammen.
Und so taumelte die Stadt Ennis vom Frühling in den Sommer.
Die Kaufleute in der Stadt halfen, wo sie konnten, doch die örtliche Gentry tat zum größten Teil nichts. Alle waren auf einem Tiefpunkt angelangt. Aber für viele in Ennis schien Hoffnung in Sicht, aus zwei Gründen.
Die erste Kartoffelernte rückte näher. Viele hatten ihre Saatkartoffeln während der Lebensmittelverknappung verzehrt, aber es waren genug gepflanzt worden, um eine anständige Frühernte zu gewährleisten. Eamonn hatte sich erneut ein Stück mock ground gesichert, das er ernten konnte. »Nur noch ein paar Wochen«, munterte er die Familie immer wieder auf, »und das Schlimmste ist überstanden.«
Auch die politische Entwicklung gab Anlass zur Hoffnung. Seit seinem Rückzieher bei Clontarf und seinem kurzen Gefängnisaufenthalt hatte man wenig von Daniel O’Connell gehört. Gerüchten zufolge ging es ihm gesundheitlich nicht gut. Doch das Junge Irland trat weiter für die Aufhebung der Union ein, und wenn gegenwärtig auch keine Aussicht bestand, dieses Ziel zu verwirklichen, so ließ der Traum von einem freien Irland die Herzen doch immer noch höher schlagen.
Im Juni wurden die Torys in London wieder von den Whigs aus der Regierungsverantwortung gedrängt. Waren die Whigs nicht Verbündete des Befreiers? Hatten sie einem katholischen Irland nicht immer wohlwollend gegenübergestanden? Die Jungen Irländer jubelten. Ganz Irland, sofern es katholisch war, hoffte auf bessere Zeiten. Obwohl die Hilfsfonds aufgebraucht waren und alle hungerten, schien die Sommersonne Anfang Juli zu Hoffnungen zu berechtigen.
Es war an einem warmen Tag in der dritten Juliwoche, als Maureen und ihr Vater zu ihrem Acker hinausgingen. Sie waren tags zuvor schon draußen gewesen, um nach ihren Kartoffeln zu sehen, nachdem die furchtbare Neuigkeit die Runde gemacht hatte. Jetzt starrten sie schweigend auf den Acker.
Sie sahen eine weite Fläche von schwarzen Blättern, die einen widerlichen Gestank verströmten, sodass sie sich am liebsten abgewendet hätten. Und ringsum auf den anderen Feldern überall das gleiche Bild.
***
Er traf an einem klaren Novembertag in Ennis ein. Es war ausschließlich Mountwalshs Verdienst, dass er hier war.
»Ganz und gar nicht«, hatte der freundliche Earl ihm versichert, als er ihm gedankt hatte. »Sie waren nur allzu froh, Sie zu kriegen, Stephen. Ihr guter Ruf eilt Ihnen voraus, und ich habe sie daran erinnert, dass Sie ein
Weitere Kostenlose Bücher