Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
Vom Netzwerk:
war offensichtlich eine gesetzwidrige Handlung. Sollte er eingreifen? Er beschloss, zu warten und später mit Hennessy darüber zu sprechen.
    »Das geschieht recht oft«, sagte Hennessy. »Sie wollen nicht, dass Getreide die Gegend verlässt. Zu nennenswerten Gewalttätigkeiten ist es noch nicht gekommen, man hat nur ein oder zwei Pferde verstümmelt, zur Warnung. Streng genommen handelt es sich natürlich um Einschüchterung. Aber in der Regel schauen wir weg. Man kann es ihnen ja nicht verdenken. Das Korn, das zum Hafen gekarrt ist, könnte das letzte bisschen Nahrung sein, das ihre Kinder zu sehen bekommen.«
    Sonst machten ihm die Arbeiter keine Schwierigkeiten. Madden war ein Hüne von Gestalt und eine würdevolle Erscheinung, leicht ergraut und hager infolge der unzureichenden Ernährung. Und obwohl er bei seinen Kollegen augenscheinlich eine gewisse moralische Autorität genoss, war er stets freundlich.
    Eine weitere Woche verging, ehe Stephen erstmals dem Captain gegenüberstand.
    Der Marineoffizier, der die Aufgabe hatte, in der gesamten Grafschaft aus rund fünfzigtausend Mann Arbeitstrupps zu bilden, war ein kleiner, jähzorniger Mann, der sich wohl kaum beliebt machen würde.
    »Ich habe dafür zu sorgen, Mr Smith«, sagte er, »dass die Bedürftigsten Arbeit bekommen. Unruhestifter werde ich nicht dulden, und ich werde keinen Missbrauch dulden. Gestern musste ich feststellen, dass einem Bautrupp zwei Bauern angehören, die eigenes Land besitzen. Einer sogar fünfzig Morgen. Er ist mit einem Gentleman im örtlichen Komitee befreundet, der offensichtlich der Meinung war, er würde sich in seiner freien Zeit gern etwas dazuverdienen. Ungeheuerlich. Ich habe ihn hinausgeworfen und dem Komiteemitglied gesagt, was ich von ihm halte. Solange ich hier bin, wird niemand bevorzugt oder benachteiligt, ist das klar?«
    »Ja«, sagte Stephen.
    »Gut.« Der Captain blätterte in einem Stapel Papiere. »Haben Sie einen Mann namens Madden in einem Ihrer Trupps?«
    »Ja.«
    »Auch so ein Schwindler. Er hat einen kleinen Pachtbesitz. Genug, um für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Ich will, dass er entfernt wird.«
    »Meines Wissens hat er den Besitz vor einiger Zeit verloren.«
    »Gut möglich. Die Schwachköpfe, die diese Unterlagen zusammengestellt haben, sind zu nichts zu gebrauchen. Aber mir liegt ein neuerer Bericht über ihn vor, von einem gewissen Callan. Ein Agent. Er sagte, der Mann sei ein Unruhestifter. Möglicherweise gewalttätig. Haben Sie etwas dergleichen beobachtet?«
    »Nicht direkt.«
    »Hm. Sie haben gezögert. Schmeißen Sie ihn raus. Es gibt genug andere, die Arbeit brauchen. Weiter.« Er kam auf andere Themen zu sprechen. Doch als er geendet hatte und Stephen gehen wollte, rief er ihn zurück. »Vergessen Sie diesen Madden nicht, denn ich werde ihn vergessen.« Es sah Stephen scharf an. »Und wenn wir schon dabei sind. Da wäre noch etwas anderes, was ich Ihnen erklären sollte, bevor Sie gehen.«
    Er entließ Madden am nächsten Morgen. »Ich zahle Sie für heute aus und lege den Lohn für weitere zwei Tage drauf«, teilte er ihm mit, »aber Sie müssen sofort aufhören. Es tut mir leid.«
    »Ich habe eine Familie zu ernähren«, sagte der große Mann. »Ich bitte Sie, es sich noch einmal zu überlegen.«
    »Das ist leider nicht möglich.«
    »Sie verurteilen meine Kinder zum Tode.«
    Dies erschien Stephen etwas übertrieben, aber er sagte nichts. Offen gestanden, gefiel ihm die Sache überhaupt nicht. Madden wandte sich langsam zum Gehen. Er ertrug seinen Kummer mit Haltung, das musste man ihm lassen.
    Wie Stephen vermutet hatte, schaute der Captain am frühen Nachmittag persönlich vorbei. »Ist dieser Madden fort?«, erkundigte er sich. Stephen nickte. »Gut«, sagte der Captain mit einem kurzen Nicken und ging weiter.
    Am Abend kehrte Stephen zu Fuß nach Ennis zurück. Er war in nachdenklicher Stimmung und ließ sich Zeit. Die Nacht war bereits hereingebrochen, als er an ein paar ärmlichen Hütten vorbeikam, dann an einem kurzen leeren Straßenstück, an das eine Mauer grenzte. Eine Gestalt trat hinter der Mauer hervor.
    Er zuckte zusammen. Es war eine ungewöhnliche Erscheinung. Die Gestalt war groß, viel größer als er selbst. Sie trug ein weißes Kleid. Ihr Gesicht war geschwärzt. Sie baute sich vor ihm auf und versperrte ihm den Weg.
    »Weißt du, was das bedeutet?«, fragte die Gestalt.
    Natürlich wusste er es. Jeder Ire kannte die traditionelle Warnung der Wbiteboys. Ein Mann in

Weitere Kostenlose Bücher