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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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verlieren.«
    Stimmte das? Sie wusste es nicht.
    »Kommen Sie, Maureen. Alles wird gut.«
    Plötzlich begann ihr Herz so heftig zu pochen, dass sie hilflos am ganzen Leib zitterte; und von den beiden Männern gestützt und in die Mitte genommen, ließ sie sich das Fallreep hinunter vom Schiff führen.

DER REVOLVER DER GRÄFIN
* 1891 *
    Es begann in den hohen, abgeschiedenen Tälern der Wicklow-Berge, also dort, wo die kleinen Bäche sich sammeln und wie der Liffey selbst in die große, weite Welt hinunterfließen. Fintan O’Byrne konnte die Folgen damals freilich noch nicht vorhersehen.
    Wie viele Väter wusste er nicht, welchen Einfluss er auf den Jungen hatte. Andererseits verbanden sich für ihn mit der Gegend so viele Gefühle und Erinnerungen, dass es ein Wunder gewesen wäre, wenn er sie nicht weitergegeben hätte.
    Er war groß gewachsen und hatte einen schwarzen Schnurrbart mit nach unten hängenden Enden und schüttere, jedoch lustig vom Kopf abstehende Locken. Er setzte sich den Jungen gern auf die Schultern und stieg mit ihm in die Berge hinauf. Dabei erzählte er ihm ununterbrochen Geschichten. Er konnte nicht anders. Im Vorjahr war er mit Willy in Glendalough gewesen. Weiß Gott, was der Junge verstanden hatte. Er war ja damals erst sechs gewesen. »Zur Zeit meines Großvaters war das ein verwunschener Ort«, hatte Fintan gesagt. »Ganz überwachsen und voller heidnischer Geister. ›Wie an Mittsommernächten in Glendalough gefeiert wurde, das darf man gar nicht sagen‹, meinte mein Großvater immer. Man feierte, bis die Priester dem Treiben Einhalt geboten.« Willy hörte eine gewisse Sehnsucht aus der Stimme seines Vaters heraus, deren Bedeutung ihm allerdings unklar blieb. Fintan hatte ihm die beiden Seen, die Einsiedelei des heiligen Kevin und die Klostergebäude mit dem runden Turm gezeigt. »In meiner Kindheit kam der bedeutende Dubliner Arzt Sir William Wilde mit Gesellschaften hier herauf. An ihm war allerdings nichts Heidnisches. Er wollte die Ruinen freilegen und alles restaurieren. Ein würdiger alter Herr mit einem langen, weißen Bart. Sein Sohn Oscar hat sich als Schriftsteller mit seinen Theaterstücken in London einen Namen gemacht.« Fintan O’Byrne mochte nicht übermäßig gebildet sein, aber er las eifrig die Zeitung und wusste oft überraschende Dinge.
    Seine Großmutter gehörte zu den zahlreichen Nachkommen Patrick und Brigid Walshs und Fintan war sich der Verwandtschaft mit den Walshs und Smiths wie auch der mit den O’Byrnes sehr wohl bewusst. Besonders stolz war er darauf, ein O’Byrne zu sein, und das aus zwei Gründen.
    Erstens war er wie alle O’Byrnes davon überzeugt, dass Gut Rathconan von Rechts wegen seiner Familie gehörte. Der zweite Grund hatte mit seinem Urgroßvater Finn O’Byrne zu tun. Ein rundes Dutzend Jahre nach Emmets Aufstand war Finn mit seiner Familie nach Rathconan zurückgekehrt. Man wusste, dass er irgendwie an Emmets heroischem Unternehmen beteiligt gewesen war, doch erst als alter Mann, dem nichts mehr passieren konnte, hatte er verraten, dass er den berüchtigten Lord Hercules Mountwalsh getötet hatte. In Rathconan und Umgebung hatte ihm das zu einiger Berühmtheit verholfen. Fintan selbst hatte sich immer an die Gesetze gehalten, aber er war natürlich stolz darauf, dass ein so heldenhafter Revolutionär wie Finn O’Byrne zu seinen Vorfahren gehörte.
    Er hielt Frau und Kind stets dazu an, stolz auf die Gegend zu sein, in der sie lebten, und auf den Platz, den sie dort einnahmen. Geradezu Verehrung empfand er für einen anderen Landsmann.
    »Nebeneinander standen wir an einem Bergbach, nur wir beide, und wuschen wie die alten Iren Gold, um daraus einen Ring für Katherine O’Shea zu schmieden«, pflegte er von schmerzhaften Erinnerungen überwältigt zu rufen.
    Er sprach von Parnell, dem Patrioten und Anführer, dessen geliebter Wohnsitz Avondale House nur wenige Meilen von Glendalough entfernt lag.
    Und sooft der gesegnete Name fiel, fiel auch ein anderes Wort – mit gutem Grund. »Verraten wurde er, mein Junge, verraten von seinen eigenen Leuten und auch von den Priestern. Verraten.«
    »Was blieb den Priestern anderes übrig?«, pflegte die Mutter des Jungen einzuwenden. »Wo er doch nachweislich Ehebruch begangen hat? Das konnten sie nicht dulden.« Die Rolle der Mutter war es, darauf zu sehen, dass die Religion im Haus geachtet wurde. Das hatte Willy begriffen. »Die Briten haben ihn verraten, diese Mörder.«
    Die Mutter seiner

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