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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Jahrhundertfeier von 1798 gedruckt.« Er nickte. »Sehr bemerkenswert.« Er zeigte das Blatt Willy. »Sie sollten es lesen.« Er blickte zur offenen Tür. Von ihnen beiden abgesehen, war der Laden leer.
    »Das Problem mit Sheridan Smith ist, dass er und seinesgleichen – von den katholischen Bauern ganz zu schweigen, die sich nur für ihr Land interessieren – Irlands Geburtsrecht verschenken wollen: das Recht darauf, eine eigenständige Nation zu sein. Noch einmal zwanzig Jahre und wir sind zu Westbriten geworden, und genau das wollen die Engländer. Dagegen hilft nur eins: Wir müssen sie vertreiben, zur rechten Zeit, nämlich dann, wenn wir bereit sind. Vielleicht mit Hilfe des Parlaments. Oder mit radikaleren Mitteln. Vielleicht durch die Fenier. Und natürlich mit Hilfe des Clan na Gael in Amerika.« Er lächelte. »Denn das Geld kommt aus Amerika. Ich habe einmal dort gelebt, müssen Sie wissen, vor vielen Jahren.«
    »In meiner Kindheit«, sagte Willy, »schickte der Clan na Gael Männer nach England, die dort Bomben legen sollten. Das hat nichts Gutes bewirkt und die meisten wurden erwischt.«
    »Ich weiß.« MacGowan seufzte. »Einige bekamen zwanzig Jahre Gefängnis. Ein enger Freund von mir …« Er brach ab. »Sie haben seither dazugelernt.« Er machte eine Pause. »Nun gut.« Er legte die Zeitung wieder in das Regal. »Wissen Sie, was die Kirche über die Fenier gesagt hat? Und zwar Bischof Moriarty, der mit Cullen eng befreundet war? ›Die Ewigkeit ist zu kurz und die Hölle nicht heiß genug, um sie für ihre Sünden zu bestrafen‹, sagte er. Denken Sie darüber nach, aber sagen Sie meinem Bruder nichts davon.«
    »Nein«, versprach Willy.
    »Kommen Sie wieder«, sagte MacGowan. »Sie sollten diese Zeitung lesen. Ich habe auch Postkarten aus Frankreich.«
    Willy verabschiedete sich. Unterwegs dachte er an Sheridan Smiths Warnung. Er hatte sie nicht absichtlich missachtet, schließlich hatte er nicht vorhersehen können, dass MacGowan ihn ansprechen würde.
* 1909 *
    Der kurze Dezembernachmittag neigte sich bereits seinem Ende zu, als Sheridan Smith und Caitlin den Liffey überquerten. Caitlin war erst elf, aber an diesem Tag hatte sie wie eine Erwachsene die langen schwarzen Haare hochgesteckt und sich bei ihrem Großonkel untergehakt. Sheridan war stolz auf sie. Zugleich lächelte er belustigt in sich hinein. Statt wie Stiefvater und -tochter sahen sie aus wie ein Liebespaar.
    Caitlin bewegte sich beim Gehen mit unnachahmlicher Anmut. Sie war zu einem Teil Gräfin und zu drei Teilen ein Kind der Berge, ein Freigeist.
    Ihr Vater war vor zwei Jahren gestorben. Sowohl sie als auch ihre Mutter hatten in Irland bleiben wollen. Sie hatten ihren Landsitz behalten und außerdem ein Haus am Fitzwilliam Square gekauft. Da Sheridan nur zehn Jahre älter war als Caitlins Mutter, war ihm wie selbstverständlich die Rolle des inoffiziellen Stiefvaters zugefallen. Caitlin nannte ihn Onkel Sherry, obwohl er genau genommen ihr Großonkel war.
    Der Verlust des Vaters hatte noch etwas anderes bei dem Kind bewirkt. Er hatte ihm die alte Maureen nähergebracht.
    Sheridan bewunderte seine alte Mutter. Sie hatte natürlich Glück, sich ihre Kraft und Gesundheit bis ins hohe Alter bewahrt zu haben. Vielleicht hatten die Entbehrungen ihrer Kindheit zur Zeit der großen Hungersnot sie abgehärtet, vielleicht war sie auch schon davor ungewöhnlich robust gewesen. Sie sah und hörte noch gut und stieg mühelos Treppen hinauf. Es lag nahe, dass das Mädchen sich nach dem Tod des Grafen besonders zu der alten Frau hingezogen fühlte, die für ein langes Leben und die Fortdauer der Familie stand. Eine zufällige Bemerkung hatte die beiden noch näher zusammengebracht.
    »Schade, dass du die Sprache deiner Vorfahren väterlicherseits wie mütterlicherseits nicht sprichst«, hatte die alte Dame eines Tages gesagt. »Wie ich höre, ist es heutzutage geradezu Mode, Irisch zu sprechen.«
    Tatsächlich waren Yeats und seine Freunde, die GAA und die Gälische Liga mit ihren Bemühungen so erfolgreich gewesen, dass die Universität von Irland inzwischen sogar Irisch als Pflichtfach bei der Immatrikulation vorschrieb.
    »Ich würde sie gerne lernen«, hatte Caitlin erwidert. »Bringst du sie mir bei?«
    Seitdem saßen die alte Dame und das Kind dreimal wöchentlich nachmittags zur Teezeit eine Stunde zusammen. Inzwischen sprach Caitlin das Gälische schon recht flüssig.
    Die Gespräche mit der Urgroßmutter hatten das Mädchen auch

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