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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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davon, ja? Nicht einmal Father MacGowan.« Er machte eine Pause und Willy wartete höflich. »Kennen Sie seinen Bruder? Er hat ein Buchgeschäft.«
    »Nur vom Sehen.«
    »Gut, dann rate ich Ihnen: Gehen Sie ihm aus dem Weg.«
    ***
    Gedankenverloren schritt Willy durch den herbstlich kühlen Nebel, der sich wieder über Dublin zu senken begann. Er hatte in so kurzer Zeit so viele Gefühle durchlebt und so viele Entdeckungen gemacht, dass er immer noch damit beschäftigt war, sie zu verarbeiten. Dazu kamen die seltsam erschütternde Begegnung mit dem schönsten Mädchen, das er je gesehen hatte, und die überraschende Warnung des Journalisten. Er wusste nicht, was er davon halten sollte.
    Und wie seltsam, dass die alte Maureen Smith eine geborene Madden aus Clare war. Seine Großmutter stammte aus derselben Gegend und hatte Nuala Madden geheißen. Doch er hatte ein Foto von ihr gesehen und sie sah ganz anders aus als die Frau, die er soeben kennen gelernt hatte. Außerdem war der Name Madden in Connacht weit verbreitet. Willy war mit ihr wahrscheinlich genauso wenig verwandt wie mit dem Grafen.
    Trotzdem hatte er an diesem nebligen Nachmittag das bestimmte Gefühl, die ganze Welt sei von Beziehungen durchsetzt, Beziehungen wie ewig hin und her fliegende Schwärme von Zugvögeln.
    »Woran denkst du?«, fragte der Priester.
    »Wie doch alles auf der Welt miteinander zusammenhängt«, erwiderte er.
    »So ist es. Darin erkennen wir die göttliche Vorsehung.«
    »Vermutlich«, sagte Willy.
    »Ein zweiter Beweis der göttlichen Vorsehung ist, dass du jetzt Arbeit hast«, fügte der Priester fröhlich hinzu.
    * **
    Die folgenden Monate waren für Willy eine aufregende Zeit. Wie ver einbart zog er durch die Stadt, suchte nach Inserenten für die Zeitung und machte sich Sheridan Smith auf verschiedene Weise nützlich. Dieser erklärte nach einigen Monaten, er sei zufrieden mit seiner Arbeit. Willy O’Byrne erhielt sogar eine kleine Lohnerhöhung. Seine Tante und sein Onkel waren froh, dass er ihnen die Miete zahlen konnte.
    Sheridan Smith sorgte auch auf andere Weise für Willy. »Hier ist ein Buch, das ich besprochen habe«, sagte er etwa beiläufig. »Ich brauche es nicht mehr. Wenn Sie es nicht lesen wollen, geben Sie es an jemand anderen weiter.« Doch Willy stellte fest, dass sein Arbeitgeber immer ein passendes Buch für ihn wählte. Auf diese Weise erhielt er den nächsten Band Lady Gregorys und, gestelztes Englisch hin oder her, vertiefte sich begeistert in die Geschichten der Kinder von Lir, von Diarmait und Grania und von der Fianna. Und nachdem Lady Gregory und der Dichter Yeats das neue Abbey Theatre eröffnet hatten, drückte Sheridan Willy gelegentlich eine Karte in die Hand und sagte: »Wir bekommen manchmal Freikarten. Gehen Sie hin, wenn Sie Lust haben.«
    Im Verlauf des Sommers besuchte er verschiedene Male seine Familie in Rathconan und führte lange Gespräche mit seinem Vater. Mrs Budge, die Grundbesitzerin, verbrachte die Sommer in Rathconan, doch während der Wintermonate fuhr sie oft nach Dublin. Dort wohnte sie in einem kleinen Haus in Rathmines, von wo sie Ausflüge in die Stadt unternahm. »In Dublin kann sie ihre Marotten noch ungehinderter ausleben als hier«, bemerkte Willys Vater bitter. Fintan O’Byrne mied sie inzwischen nach Möglichkeit. Doch wollte er ihr nach wie vor das Land abkaufen, und nach längerem Hin und Her schlug er Willy schließlich vor: »Sprich du mit ihr in Dublin. Vielleicht hast du mehr Erfolg als ich.«
    Doch erst gegen Ende des folgenden Jahres wagte Willy es endlich, Mrs Budge in Rathmines aufzusuchen. Sie bewohnte ein bescheidenes Haus mit einem Keller und zwei Stockwerken und einem kleinen Vorgarten, der durch einige große, immergrüne Büsche verdunkelt wurde. Willy stieg die Treppe hinauf. Ein Hausmädchen öffnete die Tür und bat ihn, auf einem Stuhl im engen Eingangsflur Platz zu nehmen.
    Er fragte sich, ob Rose Budge in Dublin genauso auftrat wie in Rathconan. Dort stand sie im Ruf, immer exzentrischer zu werden. »Aber ihr entgeht nichts, was im Dorf vorgeht«, hatte sein Vater gesagt. »Wenn eine Kuh keine Milch gibt, weiß sie das noch vor dir, und wehe dir, wenn du etwas falsch gemacht hast.« Gerüchten zufolge las sie seltsame Bücher mit okkultistischen Inhalten.
    Endlich wurde er in den Salon gebeten, der im Dämmerlicht lag. Die Vorhänge waren halb zugezogen, im Kamin brannte Feuer. Auf einem Tisch fiel ihm eine theosophische Zeitung auf.
    Heute trug

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