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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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sich wieder.«
    Willy verbeugte sich. Das Dienstmädchen führte ihn nach draußen.
    Die Alte glaubt, dass sie mich los ist, dachte er bei sich. Aber sie irrt. Jetzt herrscht Krieg.
    ***
    Als er am Tag darauf vom Trinity College in Richtung Merrion Square ging und überlegte, was er seinem Vater über das Gespräch mit Rose Budge schreiben sollte, bemerkte er, dass die grüne Tür von MacGowans Buchladen offen stand. Er beschloss einzutreten. Sheridan Smith hatte ihm zwar geraten, den Besitzer zu meiden, aber deshalb konnte er sich ja die Bücher ansehen. Außerdem interessierte ihn, ob der Buchhändler tatsächlich so einschüchternd wirkte, wie er gehört hatte.
    MacGowan saß an einem Tisch im hinteren Teil des Ladens, vor sich ein Buch, über dessen Preis er offenbar gerade nachdachte. Er rauchte eine Zigarette, von der kaum mehr als ein Stummel übrig war. Seine Finger waren vom Nikotin verfärbt. Willy trat an ein Bücherregal. Vor ihm stand ein Buch mit Predigten eines Geistlichen aus dem achtzehnten Jahrhundert. Er zog es heraus und tat so, als lese er.
    Und tatsächlich, der Buchhändler kniff ein Auge zu und richtete das andere auf ihn. Willy behielt das Buch in der Hand. Das Auge blieb auf ihn gerichtet.
    »Interessieren Sie sich für das Buch?«, fragte MacGowan.
    »Nein.«
    Willy ging an dem Regal entlang. Sein Blick blieb an einem mit Zeichnungen illustrierten Buch über die Pflanzen Südamerikas hängen. Er betrachtete die Bilder.
    »Mich überrascht, dass Sie keinen Sport betreiben, wenn Sie sich nicht für Bücher interessieren«, sagte MacGowan. »Sind Sie Mitglied der GAA?«
    »Nein.«
    »Sprechen Sie die Sprache?« Irisch, Gälisch, die Sprache der Ehre.
    »Ein wenig. Meine Mutter spricht sie.«
    »Sie sollten in die GAA eintreten. Obwohl Sie durch Ihre Botengänge für Sheridan Smith wahrscheinlich genug Bewegung haben.« Er bemerkte Willys Überraschung. »Ich weiß, wer Sie sind. Mein Bruder hat mir von Ihnen erzählt.«
    »Father MacGowan ist sehr gut zu mir.«
    »Gewiss, er ist ein herzensguter Mensch.« MacGowan zog an den Resten seiner Zigarette. »Nur leider im Irrtum.« Dann ließ er den Stummel gleichgültig in einen kleinen, steinernen Aschenbecher fallen und drückte mit dem Daumennagel die letzte Glut aus ihm heraus. »Ein Jammer, dass er Priester ist.«
    Willy starrte ihn verwirrt an. »Ich dachte, seine Familie wäre stolz auf ihn …«
    »Meine Mutter ja und mein Vater auch.« MacGowan senkte den Blick auf das Buch, das vor ihm lag, schrieb mit Bleistift »zehn Shilling« innen auf den Umschlag und klappte es zu. »Ich selbst halte nichts von Priestern. Sie haben Parnell gestürzt.«
    »Das ist ein besonderer Fall.«
    »Die Männer von ’98 wussten, wie man Priester in Schranken hält. Auch Robert Emmet wusste es.«
    Willy nickte. Viele Dubliner waren ähnlicher Ansicht. Er selbst hatte bisher nie das Bedürfnis verspürt, einer politischen Vereinigung beizutreten, doch bekam man in jeder Dubliner Kneipe leidenschaftlich geführte politische Diskussionen zu hören. Man begegnete dort einigen wenigen Extremisten – überzeugten Sozialisten –, außerdem Mitgliedern der Irischen Republikanischen Bruderschaft, die sich auch Fenier nannten – letztlich Erben der Französischen Revolution und des Jungen Irland, die jedoch verborgen im Untergrund operierten. Die meisten verurteilten eine Einmischung der Kirche. Dann gab es natürlich Redmonds Irische Parlamentarische Partei, die durch Geduld und auf parlamentarischem Weg die Selbstverwaltung erreichen wollte. Doch wo genau einer stand, wusste man selten. Die GAA war zwar offiziell ein Sportverband, doch hatte sie zugleich auch eine politische Bedeutung. Auch Fenier waren dort Mitglied. Der Buchhändler schien zu diesen Kreisen zu gehören – vielleicht eher zu den radikalen, wenn er sich so sehr gegen Father Mac-Gowan absetzte.
    Willy hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen, wollte aber nicht über Father MacGowan und die Kirche sprechen. »Ich bin froh, wenn die Engländer Irland verlassen«, sagte er deshalb. Er dachte an Mrs Budge. »Manchmal frage ich mich allerdings, ob das überhaupt je passieren wird.«
    Der Buchhändler stand auf. Er war korpulent, bewegte sich aber erstaunlich rasch und behände.
    »Ich verkaufe nicht nur Bücher, sondern auch Zeitschriften«, sagte er. »Alte Ausgaben.« Er zog ein bedrucktes Blatt aus einem Regal. »Das ist die erste Ausgabe des United Irishman. Arthur Griffith hat sie zur

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