Die Rebellen von Irland
Orlando dann O’Byrne. »Also können wir beide gleich nach Fingal reiten.«
O’Byrne dankte Walter für seine Gastfreundschaft und verabschiedete sich von Maurice. Als er und Orlando sich umdrehten, bemerkten sie Doktor Pincher auf der anderen Straßenseite. Er sah bleich aus, als sei er krank.
***
Obwohl Doktor Pinchers Blässe teilweise von der Erkältung herrührte, die nicht einmal die stärkende Brühe von Mistress Tidy vollständig besiegt hatte, war der unmittelbare Grund – der plötzliche Schlag, der ihm das Blut aus dem Gesicht weichen ließ – die kleine Szene, die er gerade beobachtet hatte.
Seit seinem vergeblichen Versuch, O’Byrnes Anspruch auf Rathconan zu untergraben, waren zehn Jahre vergangen. Nach dem plötzlichen Tod von Martin Walsh hatte er zwei Monate gewartet, bis er zu einem anderen Advokaten gegangen war. Zu seinem Entsetzen hatte er entdecken müssen, dass O’Byrne inzwischen auf geheimnisvolle Weise zu einem neuen, legalen Titel gekommen war. War dies nur ein Zufall, oder war eine Schurkerei im Spiel? Er konnte sich kaum vorstellen, dass ein Mann wie Martin Walsh seine Berufsehre verraten hatte; er wusste auch nichts von einer wie auch immer gearteten Verbindung zwischen dem ehrbaren Advokaten aus Fingal und dem Iren aus den Wicklow-Bergen. Die ganze Sache blieb ihm ein Rätsel. Als er in der Dubliner Burg Nachforschungen angestellt hatte, brachte er nur in Erfahrung, dass O’Byrne darum gebeten hatte, seinen Anspruch nach englischem Recht besiegeln zu lassen. Einige protestantische Gentlemen mit engen Kontakten zur Regierung hatten darauf gedrängt, dem Wunsch des harmlosen jungen Mannes stattzugeben. Es war zwecklos, die Sache weiter zu verfolgen, und Pincher hatte widerwillig aufgegeben. Aber das Gefühl, er sei irgendwie betrogen worden, blieb haften, obwohl er nicht wusste, was geschehen war.
Und was hatte er gerade gesehen? Direkt auf der anderen Straßenseite standen Orlando Walsh, der Kaufmann Walter Smith und Brian O’Byrne einträchtig beieinander, als seien sie enge Freunde. Und dann gingen Walsh und O’Byrne auch noch zusammen weg und warfen ihm nur den flüchtigsten Blick zu, als zähle er überhaupt nicht. Was hatte das zu bedeuten? Ihn beschlich das schreckliche Gefühl, dass er das Opfer einer Verschwörung geworden war. Diese Leute steckten irgendwie unter einer Decke, auch wenn ihm noch nicht klar war, wie und warum. Er wusste natürlich, dass Orlandos Schwester mit Smith verheiratet war. Aber wie passte der Ire O’Byrne ins Bild? Während er über die Straße starrte, wurde er von der schrecklichen Gewissheit überwältigt, dass er hereingelegt worden war.
Am folgenden Tag fragte er Tidy über die Angelegenheit aus, aber der Küster erklärte, er wisse als guter Angehöriger der Kirche von Irland nur wenig über diese katholischen Familien. »Die Doyles kenne ich, Euer Ehren, und die Walshs, weil sie Engländer sind. Aber die O’Byrnes …« Er spreizte abwehrend die Hände. »Es überrascht mich, dass Ihr mich so etwas fragt, Sir.«
»Schon gut, vergessen Sie es«, hatte Pincher, der Tidy nicht beleidigen wollte, schnell gesagt. Aber er hatte weitere Nachforschungen in Auftrag gegeben. Und zwei Wochen später informierte ihn ein Schreiber aus der Dubliner Burg: »Es ging einmal das Gerücht, Smiths Großvater sei ein geborener O’Byrne.«
Das war es also. Jetzt wusste Pincher Bescheid. Er war in gutem Glauben zu Martin Walsh gegangen, weil Walsh zwar Katholik, aber ein englischer Gentleman war. Aber Smith gab sich nur als englischer Kaufmann aus und war in Wirklichkeit nur ein verkommener Ire aus der Wildnis von Wicklow. Und Walsh, der davon wissen musste, hatte ihm trotzdem erlaubt, seine Tochter zu heiraten. Und nachdem er Walsh alles anvertraut hatte, verriet dieser seine Schweigepflicht als Advokat und unterrichtete Brian O’Byrne von seinen Absichten. Das erklärte alles. Es gab keinen Zweifel mehr.
Er war hereingelegt worden. Man hatte ihn in einem irischen Morast untergehen lassen. Diese verfluchten Katholiken mit ihren Lügen und ihrer Hinterlist hatten ihn zum Narren gehalten. Hinter seinem Rücken lachten sie über ihn, und das schon seit Jahren. Rasende Wut übermannte ihn. Nun gut, er mochte ein Narr sein, aber was waren sie? Verräter. Ehrlose Verräter. Der alte Martin Walsh wirkte äußerlich zwar wie der perfekte Gentleman, aber das war bloßer Schein. Ein Mann, dessen Sohn Jesuit war, musste ja ein Verräter sein. Altengländer
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