Die Rebellen von Irland
anzuschneiden, aber obwohl die zwei Frauen oft allein waren, schien der Zeitpunkt ihr nie passend, und so schwieg sie.
Das Mittagessen war ein großer Erfolg. Die beiden Männer waren glänzender Laune, es hatte ihnen große Freude gemacht, den alten Priester wiederzusehen. Die von den Frauen zubereitete Schweinshaxe wurde allseits gelobt. Während des Essens beobachtete Mary wieder, wie Walter und Anne miteinander umgingen. Sie suchte nach Anzeichen für Intimität, aber obwohl die beiden so höflich und freundlich miteinander umgingen wie immer, spürte sie doch eine unsichtbare Barriere zwischen ihnen. Sie waren wie zwei Menschen, die auf verschiedenen Seiten einer Kluft nebeneinander hergingen.
Nach dem Essen machte Mary einen Vorschlag:
»Lasst uns doch zum alten Brunnen von Portmarnock spazieren«, sagte sie. Orlando sah sie überrascht an, aber Walter stimmte sofort zu. »Du solltest mitkommen, Anne«, fuhr Mary fort. »Die Köchinnen kümmern sich solange bestimmt gut um Daniel.«
Auf dem Weg nach Portmarnock gingen Mary und Walter zusammen; Orlando und Anne spazierten ein wenig vor ihnen. Sie fragte sich, ob Orlando mit seiner Schwester wohl über Walter sprach, aber sie bezweifelte es. Sie selbst wagte nicht, die Ehe ihres Schwagers direkt anzusprechen, aber sie konnte wenigstens eine Andeutung machen.
»Orlando geht immer zum heiligen Brunnen und betet dort, obwohl er nie davon erzählt.« Sie lächelte Walter traurig an. »Er betet um das Kind, das Gott uns bis jetzt versagt hat.« Sie seufzte. »Glaubst du, dass Gott den Menschen manchmal Unglück schickt, um sie zu prüfen?«
»Wahrscheinlich.«
»Aber wenn wir diese Prüfung bestehen und weiter beten, dann glaube ich, dass unsere Gebete erhört werden. Glaubst du das auch?«
»In diesem Leben? Da bin ich mir nicht sicher.«
»Ich glaube fest daran, Walter. Ganz fest. Wir wissen vielleicht nicht, wie oder wann, aber irgendwie werden unsere Gebete erhört.«
»Dann werde ich für dich beten, Mary«, sagte er mit gütigem Lächeln.
»Und ich werde für dich beten, Walter«, erwiderte sie. »Du hast so viel christliche Vergebung gezeigt. Ich will dafür beten, dass du den Respekt und das Glück bekommst, das du verdienst.« Und sanft berührte sie seinen Arm.
Er antwortete nicht, und sie wagte nicht, deutlicher zu werden. Aber kurz danach hörte sie, wie er vor sich hin murmelte: »Habe ich wirklich vergeben?«
Als sie den Brunnen erreichten, war weit und breit keine Menschenseele zu sehen.
Der Nachmittag war diesig, die Sonne drang hinter hohen Schleierwolken hervor, aber die leichte Brise war recht warm.
»Der Brunnen von St. Marnock«, verkündete Orlando. »Hier betete unser Vater oft.«
»Dieser Ort lädt zum Beten ein«, sagte Walter zustimmend.
Sie umrundeten den Brunnen schweigend und betrachteten ihn. Nachdem Orlando eine Zeit lang auf das Wasser geblickt hatte, kniete er sich schweigend an seinen gewohnten Platz und senkte den Kopf zum Gebet. Anne kniete sich etwas weniger bereitwillig ihm gegenüber, in einer steifen, aufrechten Haltung, in der sie wie eine betende Steinfigur an einer Kirche aussah. Walter zögerte einen Augenblick, dann ging er ein Stück weit hinter seiner Frau in die Knie, als wolle er ihr nicht zu nahe kommen und sie nicht stören. Mary kniete sich ein bisschen weiter weg hin, damit sie alle anderen beobachten konnte. Aber dabei betete sie auch aus tiefstem Herzen, dass Anne Smith und ihr Ehemann sich wieder versöhnen würden. So verharrten sie mehrere Minuten lang, jeder in seine eigenen Gedanken versunken.
Mary hörte als Erste die Hufschläge. Überrascht sah sie auf, genau wie Anne. Kurz bevor der Reiter sie erreichte, schreckte Walter auf, und schließlich hob auch Orlando, den Rosenkranz in der Hand, widerwillig den Kopf.
Es war Maurice. Sein Gesicht war gerötet, und er wirkte aufgeregt. Er schien kaum zu bemerken, dass er sie im Gebet störte. Offenbar war es ihm auch egal.
»Ich bin vom Haus hergeritten«, schrie er. »Man sagte mir, ich würde Sie alle hier finden.«
»Ich habe dir nicht erlaubt zu reiten«, sagte Walter streng.
»Vergeben Sie mir, Vater«, rief Maurice ihm zu. »Aber das werden Sie, wenn Sie hören, was ich zu berichten habe.« Er blickte triumphierend in die Runde. »Wentworth wurde abberufen.«
Dies hatte den gewünschten Effekt.
»Wentworth wurde abberufen?«, wiederholte Orlando fassungslos. Er sah Walter an. »Das ist wirklich eine wichtige Neuigkeit.«
»Er muss
Weitere Kostenlose Bücher