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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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er entweder laufen oder zu Hause bleiben.« Und damit sein Sohn über das Wochenende nicht auf dumme Gedanken kam, überschüttete er ihn mit Arbeitsaufträgen.
    Mary hatte schon lange ein solches Treffen arrangieren wollen. Nicht, weil sie den Smiths besonders nahestand, sondern weil sie es unnatürlich fand, dass Orlando und seine Schwester sich entzweit hatten, egal wie schändlich sich Anne benommen hatte. Mary hoffte, dass sie mit dem Besuch auch ihrer Schwägerin helfen konnte.
    Die Smiths trafen am Abend ein, und die Familie setzte sich gemeinsam an den Abendbrottisch.
    Besonders die zwei Männer schätzten einander offensichtlich sehr. Mary wusste, dass Orlando sich dafür verantwortlich fühlte, dass O’Byrne in Annes Leben getreten war, obwohl sie ihm gesagt hatte: »Gib dir nicht die Schuld an einer Sünde, die sie ganz allein begangen hat.« Er hatte O’Byrne während des letzten Jahres gemieden, obwohl er die Gesellschaft des Iren immer genossen hatte. Aber Mary war sich sicher, dass Walters Zuneigung zu Orlando ungebrochen war, und sie freute sich, als sie die beiden Männer zufrieden und lachend miteinander reden sah. Walter hatte sein Hemd mit Essen bekleckert, und Orlandos Spitzenmanschette war mit einem großen Weinfleck verziert.
    Aber Anne bereitete ihr Sorgen. Erleichtert hatte Mary beobachtet, wie herzlich Orlando seine Schwester begrüßt hatte, und jetzt saß Anne neben ihrem Ehemann und lächelte leise. Aber sie schien weit entfernt, als läge eine große Distanz zwischen ihr und den anderen. Vor dem Essen hatte Mary sie ins Wohnzimmer gebeten und zusammen mit Anne mit dem Baby gespielt. Nach einer Weile fragte Anne die Schwägerin, ob sie den kleinen Daniel vielleicht halten wolle? Es fühlte sich wunderbar an, das warme kleine Leben in ihren Armen zu wiegen und zu spüren, wie sich das Baby an sie schmiegte.
    Und als sie das breite Gesicht mit den schrägen Augen betrachtete, stieg in ihr eine schmerzvolle, wilde Sehnsucht auf, und sie dachte: Ich wäre schon unendlich froh, wenn ich ein solches Kind hätte, auch wenn es nicht ganz gesund ist.
    Als Mary später mit ihrem Ehemann im Bett saß und sie über den Abend sprachen, fragte sie ihn, was er über die Ehe seiner Schwester dachte.
    Sie schienen doch ganz gut miteinander zurechtzukommen, erwiderte er.
    »Meinst du wirklich? Hast du nicht gesehen, wie weit weg voneinander sie am Tisch saßen?«
    »Sie haben aber gelächelt.«
    »Sie saßen zu weit entfernt voneinander. Sie haben sich den ganzen Abend nicht ein einziges Mal berührt.«
    »Das ist mir nicht aufgefallen.« Orlando seufzte. »Du hast bestimmt Recht. Es ist sicher schwierig, dass das Kind sie jeden Tag an das erinnert, was vorgefallen ist. Meinst du, dass der Zustand des Jungen alles noch verschlimmert? Ein solches Kind wächst nur langsam und braucht sehr viel Aufmerksamkeit. Wahrscheinlich macht das die Sache nur schlimmer.«
    »Anne liebt das Baby über alles.«
    »Ich dachte mehr an Walter.« Er warf ihr einen Blick zu. »Glaubst du, es ist möglich, dass die beiden wieder zueinander finden?«
    »Ehepaare versöhnen sich oft wieder.«
    »Anne müsste allerdings den ersten Schritt tun, schließlich hat sie ihn hintergangen.«
    »Da stimme ich dir zu.«
    »Willst du mit ihr reden, Mary?«
    »Ich kenne sie nicht gut genug. Und außerdem ist sie über ein Dutzend Jahre älter als ich. Du solltest mit ihr reden.«
    »Das kann ich nicht«, sagte er und schüttelte abwehrend den Kopf. »Lawrence hat es auch versucht. Und sie hat ihn angelogen.«
    »Hättest du das unter den Umständen nicht auch getan?«
    Er starrte sie mit ehrlicher Überraschung an.
    »Nein. Ich hätte nicht gelogen.«
    Sie schwieg einen Augenblick. Dann lehnte sie sich zu Orlando und küsste ihn auf die Stirn.
    »Ich werde für sie beten, Orlando.« Gott weiß, wie oft ich für mich selbst bete, dachte sie. Vielleicht werden meine Gebete ja erhört, wenn sie einer anderen gelten.
    »Wir müssen alle beten«, seufzte er. »Und wir werden beten, Mary.«
    Am nächsten Morgen statteten die Männer dem alten Priester von Malahide einen Besuch ab. Die beiden Frauen blieben zu Hause. Obwohl Anne sich um ihren Sohn kümmern musste, blieb ihr genug Zeit, Mary und den Dienstboten in der Küche zu helfen. Mary sah, wie sehr Anne die Zeit in ihrem alten Elternhaus genoss, und sie freute sich darüber. Auch das Baby wirkte glücklich. Ein- oder zweimal im Verlauf des Vormittags war sie drauf und dran, das Thema Walter

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