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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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hielt seine Hände und ließ die Glocken für ihn läuten … Es war fast mehr, als er verkraften konnte.
    »Danke«, sagte er mit rauer Stimme. Plötzlich war er so verlegen, dass er ihre Hände loslassen musste. »Also, wenn du jetzt noch was zu essen hättest … Ich habe einen Mordshunger von der Reise.«
    »Keine Angst, dafür ist gesorgt.« Sie zeigte auf den Picknickkorb an ihrem Arm, den Victor erst jetzt bemerkte. »Magst du immer noch so gerne Griebenschmalz mit Apfelkraut?«
    »Was? Daran erinnerst du dich?«
    »Wie könnte ich das vergessen? Ich habe dir doch immer deine Brote geklaut. – Ach, Victor, ich bin so aufgeregt, es ist einfach so schön, dass du wieder da bist. Aber sag, wohin sollen wir gehen? Was willst du zuerst wieder sehen?«
    Victor brauchte keine Sekunde zu überlegen. Ja, es gab einen Ort, den er vor allen anderen wieder sehen wollte – schon die ganze Zugfahrt über hatte er daran gedacht. Doch als Emily ihn jetzt danach fragte, traute er sich nicht, ihr seinen Wunsch zu verraten, er erschien ihm zu kindisch. Doch noch während er zögerte, kam Emily ihm mit seinen eigenen Gedanken zuvor.
    »Also, wenn ich einen Vorschlag machen darf«, sagte sie, »ich würde am liebsten mit dir ins ›Paradies‹ gehen.«
    »Du meinst, zu unserem Teich, wo wir früher Kaulquappen gefangen haben? Und wo unsere Baumhütte stand?«
    »Genau«, sagte Emily. »Die Stelle hinter der Schlucht, wo keine anderen Kinder außer uns hinkamen. Ich bin nie wieder da gewesen, ohne dich.«
    »Die ganzen Jahre nicht?«, fragte Victor überrascht.
    Emily schüttelte den Kopf. Victor konnte es kaum glauben. Obwohl er nicht wusste warum, machte Emilys Geständnis ihn so glücklich, als hätte er in einer Lotterie gewonnen.
    »Was meinst du«, sagte er, »ob es unsere Hütte wohl noch gibt?«
    »Keine Ahnung. Aber wenn du willst, können wir ja nachsehen.«
    Zusammen verließen sie den Bahnhof, überquerten den Platz, von dem aus die Pferdebusse mit den Touristen zum Haupteingang des Parks abfuhren, und gingen die staubige Dorfstraße entlang, bis zu den drei Linden, in deren Schatten die Hündin des Gutsverwalters Junge geworfen hatte und vom Pfarrer totgetrampelt worden war. Von dort aus liefen sie weiter querfeldein. In der Ferne erhob sich das Schloss des Herzogs, davor erkannte Victor das alte Gewächshaus, in dem Emily der Königin die Seerosen gezeigt hatte, und nicht weit davon entfernt eine Baustelle – ein neues Gewächshaus, wie sie erklärte, weil die Seerosen indem alten nicht mehr genügend Platz fanden. Als er am Waldrand das kleine Cottage erblickte, in dem er mit seiner Mutter gelebt hatte, spürte er, wie Emily ihn an der Schulter berührte. Er nahm ihr den Picknickkorb ab und bog auf den Trampelpfad ein, der durch die Schlucht zum »Paradies« führte.
    »Tatsächlich, die Hütte ist immer noch da«, sagte er, als sie ankamen.
    Auch Emily strahlte. »Was meinst du? Wollen wir raufklettern?«
    »Lieber nicht«, sagte Victor, »die Leiter sieht schon ziemlich morsch aus.«
    »Du hast Recht, außerdem sind wir keine Kinder mehr.«
    »Und du hast einen Rock an, keine Hose wie früher.«
    Es entstand ein kurzes, befangenes Schweigen. Plötzlich wurde Victor bewusst, dass sie ganz allein waren. Nur das Zwitschern der Vögel war zu hören, das Summen der Insekten im Unterholz und ab und zu das Rascheln des Laubs, wenn der Sommerwind in den Kronen der Bäume spielte. Als Victor den Korb abstellte, sah Emily ihn an. Fast konnte man ertrinken in diesem Blick. Mein Gott, wie hübsch sie aussah mit den hochgesteckten Haaren! Dann schlug er die Augen nieder. Er hätte nie gedacht, dass seine Freundin einmal einen Busen bekommen würde, und jetzt zeichneten sich unter dem Stoff ihrer grünen Seidenbluse zwei apfelgroße Rundungen ab.
    »Hast du die Druckfahnen dabei?«, fragte sie, als würde sie seine Verlegenheit spüren. »Ich würde sie gern sehen.«
    »Ja, natürlich, wie blöd von mir. Deshalb bin ich ja überhaupt da.«
    Froh über die Ablenkung, packte er die Druckfahnen aus, die er in einer Mappe bei sich trug.
    »Das ist ja großartig«, sagte Emily und nahm ihm vor Begeisterung den Bogen aus der Hand. »Man kann alles ganz genau erkennen, die Adern auf den Blättern, den Fruchtknoten, ja sogar die Staubfäden. Alles sieht so echt aus, dass ich den Duft derBlüten förmlich rieche, so süß wie Ananas.« Emily blickte von dem Bogen auf. »Wie hast du das nur hingekriegt?«
    »Ach, das ist doch keine

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