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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Leib. Und sie brachte fünftausend Pfund Mitgift in die Ehe! Fünftausend Pfund!« Seine Augen leuchteten bei der Erinnerung. »Was für eine schöne Frau deine Mutter war … Um sie zu erobern, war ich zu allem bereit – ich habe sogar gelogen und mich ein paar Jahre älter gemacht, als ich in Wirklichkeit war, damit sie mich überhaupt ernst nahm.« Er grinste wie über einen gelungenen Streich. »Doch warum willst du das alles eigentlich wissen?«
    Emily wich seinem Blick aus und schaute wieder auf den Teich. Noch eine Frage lag ihr auf den Lippen: warum ihre Eltern sich damals gestritten hatten, am Fuß der Baumhütte, in Emilys ›Paradies‹, und ob es einen Grund für die Eifersucht ihrer Mutter gab … Aber wenn sie diese Frage jetzt stellte, musste sie dann nicht eingestehen, dass sie die zwei belauscht hatte? Emilys Gesicht verschwand in den zitternden Ringen auf dem Wasser immer mehr. Sie konnte sich kaum noch erkennen.
    »Wenn Mr. Cole es schafft, dass die Weltausstellung stattfindet, würden unsere Aktien dann wieder steigen?«, fragte sie.
    »Sicher, und um ehrlich zu sein, beruht darauf meine einzige Hoffnung. Aber das weißt du doch selbst, nicht wahr?«
    Emily gab keine Antwort. Es war ganz still in dem Treibhaus, nur ab und zu fiel ein Tropfen von einem Blatt, um mit leisem Plop zu zerplatzen, während sie weiter auf den Teich starrte. Warum war es nur so schwer, die Dinge zu sagen, die sie sagen musste? Weil sie Victor dann niemals wiedersehen konnte? Sie hatte am Nachmittag schon Pythia befragt, und die hatte ein eindeutiges Zeichen gegeben.
    »Mama hat heute mit mir über Mr. Cole gesprochen«, sagte Emily schließlich. »Ob ich mir vorstellen könne, seine Frau zu werden.« Sie wartete, dass ihr Vater seine Meinung dazu äußerte,doch als er sie nur schweigend ansah, hob sie den Kopf und erwiderte fest seinen forschenden Blick. »Wenn ich ihm mein Jawort gebe, Papa, würde dich das glücklich machen?«
    »Das fragst du mich, Emily?« Er wirkte für eine Sekunde unsicher, fast verlegen, als könne er sich zu keiner Antwort entschließen, aber dann lächelte er sie an. »Habe ich dir nicht immer gesagt, mein Liebling, du musst deine Entscheidungen selber treffen?«

20
     
    Es war der 17. Oktober des Jahres 1849. Das Mansion House, Amtssitz des Bürgermeisters von London, erstrahlte in festlicher Abendbeleuchtung, und vor dem Portal herrschte ein Treiben, als fände in dem ehrwürdigen Gebäude eine glanzvolle Theaterpremiere statt. Jede Minute fuhr eine neue Karosse vor, eine pompöser als die andere, während im Foyer sich Scharen von Würdenträgern in ihren Amtsroben drängten. Seine Königliche Hoheit Prinz Albert, der deutschblütige Gemahl Königin Victorias, hatte einhundertfünfzig Bürgermeister des Landes zu einem Bankett in die Hauptstadt geladen, um sie für ein Ereignis zu gewinnen, das wie kein zweites die Stellung Englands unter den Nationen der Welt als strahlendste und mächtigste unter Beweis stellen sollte.
    Durch einen Vorhang blickte Henry Cole in den sich allmählich füllenden Festsaal. Das Bankett fand in der Ägyptischen Halle statt, eine Hundertschaft von Handwerkern hatte den Saal bis spät in die Nacht hinein ausgeschmückt. An den hohen korinthischen Säulen hingen ringsum die Wappen sämtlicher Grafschaften und Großstädte des Landes, dazwischen waren die Fahnen von England, Schottland, Irland und Wales drapiert.Am Kopfende erhoben sich zwei allegorische Monumentalfiguren, die Cole extra für diesen Anlass ersonnen hatte, »Frieden« und »Fülle«, während auf der anderen Seite der Halle eine nicht weniger kolossale »Britannia« mit vier Posaunenengeln dem ganzen Erdkreis ihre Bereitschaft verkündete, die Werke der Nationen in Empfang zu nehmen und die besten von ihnen zu belohnen.
    Je zahlreicher die Gäste in den Saal strömten, desto größer wurde Coles Nervosität. Außer den Bürgermeistern waren die wichtigsten Männer des Landes geladen. Cole erblickte in einer Gruppe den Gouverneur der Bank von England, einen großen weißhaarigen Mann, der mit seinem gedrungenen Oberkörper in der gesteiften Frackbrust wie ein Panzerschrank aussah, zusammen mit dem Präsidenten der Ostindien-Kompanie, dessen rotes pockennarbiges Gesicht von Ferne an eine Landkarte erinnerte, dazu die Bankiers Nathan Rothschild und Thomas Baring, die beiden Mundays aus Manchester, den Broker Samuel Lloyd und den Eisenbahnkönig Robert Stephenson sowie Dutzende Mitglieder des Oberund

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