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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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wird es spannend.«
    Emily wusste von ihrem Verlobten, dass der ehemalige Premier und jetzige Führer der Opposition, dessen Stimme im Parlament mehr wog als die von einem Dutzend anderer Abgeordneter, sich in der Vergangenheit skeptisch zu der Weltausstellung geäußert hatte. Wie hatte er sich inzwischen entschieden? Würde er sich für oder gegen das Unternehmen erklären?
    Auch Paxton wartete voller Anspannung, dass Peel seine Stimme erhob. Doch der Anfang seiner Rede ging in dem allgemeinen Stimmengewirr, das nach Sibthorps Auftritt herrschte, fast vollkommen unter. Die Abgeordneten schienen sich mittlerweile in dem Saal so wohl zu fühlen wie in ihren Clubs. Manchehatten sich die Westen aufgeknöpft und die Füße auf die Rückenlehne ihres Vordermannes gestellt, andere streckten ihre Beine der Länge nach aus, um sich eine Pfeife zu stopfen oder eine Prise Schnupftabak zu nehmen. Alle plauderten und lachten, husteten und grunzten, so dass Peel sich kaum Gehör verschaffen konnte.
    »… wie damals, als wir die Frage des Freihandels erörterten … erbitterte Widerstände, die sich dem Fortschritt versperren … England hat eine moralische Verpflichtung vor der Welt … wenn wir unser Wissen und unsere Kenntnisse teilen, bekommen wir das Wissen und die Kenntnisse anderer Nationen zurück … zum gegenseitigen Vorteil und Nutzen …«
    Sosehr Emily sich auch anstrengte, mehr konnte sie von der Rede nicht verstehen. Doch die wenigen Fetzen, die sie aufschnappte, ließen darauf schließen, dass Robert Peel Partei für die Weltausstellung ergriff. Emily war hinund hergerissen. Auf der einen Seite war sie glücklich, wenn dieser bedeutende Mann Coles Projekt vor dem Parlament unterstützte, doch andererseits, wenn die Stimmung im Saal zugunsten der Weltausstellung umschlug, welchen Grund hatte ihr Vater dann, die Initiative zu ergreifen, um ihrem Verlobten aus der Patsche zu helfen? Aus den Augenwinkeln blickte sie zu ihm hinüber. Tatsächlich, die Sorgenfalten in seinem Gesicht waren fast verschwunden. Begierig sog er die Rede in sich auf, und mit jedem weiteren Wort, das zur Galerie emporwehte, schwand Emilys Hoffnung dahin, dass die Debatte ihn noch dazu bewegen würde, ihrem Verlobten zu helfen.
    »… für die Zukunft und das Glück aller Lebewesen … appelliere ich an Ihren Patriotismus … dem Unternehmen … Ihre Unterstützung … verweigern …«
    Paxton drehte sich mit gerunzelter Stirn um. »Hast du den letzten Satz verstanden?«
    Emily zuckte die Schultern.
    »Miserable Akustik!«, fluchte er und beugte sich, nun mit beidenHänden an den Ohren, über die Brüstung. Dabei fixierte er Peel so eindringlich, als wolle er ihm die Worte von den Lippen saugen.
    Plötzlich hatte Emily eine Idee. »Sag mal, wer hat diesen Saal eigentlich gebaut?«, fragte sie, obwohl sie so gut wie jeder halbwegs informierte Londoner wusste, welcher Architekt die neuen Parlamentsgebäude entworfen hatte.
    »Charles Barry«, antwortete Paxton, ohne den Blick von Peel abzuwenden. »Wieso?«
    »Derselbe Charles Barry, der mit Isambard Brunel der Königlichen Kommission angehört?«
    Ihr Vater fuhr herum und starrte sie an.
    »Was willst du damit sagen?«
    Statt einer Antwort zupfte Emily an ihrem Ohrring. Vielleicht hatten die Opale ja doch ihre Wirkung getan.

8
     
    Henry Cole ließ noch einmal den Blick über die teuren Möbel seines Büros schweifen, in jener ruhigen, gleichgültigen Resignation, die jeden Delinquenten erfasst, wenn das Urteil über ihn bereits gefällt ist. Was für eine Pracht, die er verließ … Die Schränke und Regale waren aus poliertem, mit Messing beschlagenem Mahagoni, genauso wie der schwere Schreibtisch, der fast so groß und eindrucksvoll war wie die Schreibtische von George und James Munday in Manchester; die Ölbilder an den Wänden, auf denen Schiffe der Ostindien-Kompanie mit geblähten Segeln die Weltmeere durchpflügten, waren in goldene Rahmen gefasst; und die Perserteppiche, die den Parkettboden bedeckten, waren so flauschig und weich, dass man darin zu versinken glaubte. Ein halbes Jahr war es gerade her, dass er diesesherrliche Büro im Hauptgebäude des Handelsministeriums bezogen hatte. Doch in der kurzen Zeit hatte er sich keinen Tag hier heimisch gefühlt, eher wie ein ungeladener Gast oder armer Verwandter, den man zwar duldete, weil man ihn zufällig brauchte, doch keineswegs als seinesgleichen betrachtete, geschweige denn als erwünscht.
    Jetzt räumte er seinen Schreibtisch. Er

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