Die Rebellin von Leiland 2: Das Gift des Herzogs (German Edition)
Übersetzung für Victoria.
» Warum spielst du nicht selbst?«, fragte er stattdessen.
» Weil ich gern das Herz eines Fremden höre.«
Die Anwesenden drangen so in ihn, dass Andin einfach nicht ablehnen konnte. Die kleine Gruppe hatte sich an den Tisch gesetzt. Das Essen war noch nicht fertig, aber das hier war vor allem eine Gelegenheit, gesellig zu sein. Alle hatten Lust, einen friedlichen Augenblick inmitten all ihrer Kriegsvorbereitungen zu genießen.
Andin beschloss, ein Lied aus seinem Land zu spielen. Frohsinn, Lebensfreude, sorgloses Glück, Süße und ruhige Liebe spiegelten sich in seiner Musik wider. Welche Sorge könnte auch ein Volk wie das von Pandema treffen?
Unter der Wirkung der Töne waren die Paare näher aneinandergerückt. Auf den Knien der einen, den Arm um den Hals der anderen gelegt hatten die Kinder sich beruhigt. Die Zeit stand in einem idyllischen Bild still, und Andin ließ sich von seiner eigenen Musik mitreißen. Wie Imma, die mit geschlossenen Augen lauschte, fühlte er sich allein. Die schönen, verliebten Töne riefen ihm seine unmöglichen Hoffnungen in Erinnerung. Seine Finger liefen immer noch wohlgesetzt über die Saiten, sein Atem brachte klare Töne hervor, und die Traurigkeit seiner Seele machte die Musik nur umso schöner. Unwissentlich brachte er Erwan zum Staunen.
Elea wagte es nicht, ihn zu unterbrechen. Sie war so leise wie möglich näher gekommen. Andin wandte ihr den Rücken zu; er konnte sie nicht sehen. Sie war von der kleinen Melodie bezaubert. Ihr Herz hatte verstanden, dass das Lied für sie erklang. Ceban lächelte ihr zu, aber die junge Frau bemerkte es gar nicht.
Die Zeit schien ihren Lauf fortzusetzen, als Andin zu spielen aufhörte– außer vielleicht für Erwan, der immer noch dasaß und ins Leere starrte.
Die Geschäftigkeit, die Eleas Ankunft hervorrief, sorgte dafür, dass Andin sich umdrehte. Die junge Frau kam sich in ihrem blauen Kleid beinahe indiskret vor, aber Andins Blick bewies ihr, wie sehr sie herbeigesehnt worden war.
» Das war… Das war sehr hübsch«, sagte sie schüchtern. » Vielleicht ein bisschen zu sanft für Erby und Tanin«, setzte sie dann lächelnd hinzu.
Auf die Ellenbogen gestützt waren die beiden Jungen vom Schlaf übermannt worden.
» Andin, ich erkläre dich zum besten Musiker dieser Welten!«, rief Ceban aus und streckte ihm die Hand hin.
Andin drückte sie lachend. Jetzt war sein Herz wieder fröhlich. Aber er täuschte sich, Victoria war nur der Musik wegen gekommen.
» Ihr hättet nicht auf mich warten müssen«, sagte sie. » Ich hatte doch Maja gesagt…«
Die kleine Maja legte sich die Hand vor den Mund und riss verstört die Augen auf: Sie hatte es vergessen. Elea verzog ein wenig das Gesicht.
» Ihr werdet bestimmt nicht mehr vor Sonnenuntergang mit dem Essen fertig«, setzte sie mit leiser Besorgnis hinzu.
» Die Nacht hat uns noch nie am Essen gehindert«, stellte Ceban verwundert über ihre Bemerkung fest.
» Dieser kampflose Tag war kein Festtag. Die Kinder können sich schon nicht mehr auf den Beinen halten«, sagte sie mit einem Ernst, der alle verunsicherte.
Schweigen senkte sich herab; Unbehagen stellte sich ein. Ceban musterte Elea. Es kostete ihn keine Mühe, ins Herz seiner Milchschwester zu blicken. Doch sie wirkte zu besorgt, als dass es nur um ein einfaches Stelldichein mit Andin hätte gehen können. Zu ihrem Glück war sich Joran seiner Autorität zu sicher, als dass er es bemerkt hätte.
» Möchtest du gar nicht wissen, was sie so erschöpft hat?«, fragte Erwan.
» Hundertzehn Blendphiolen und dreihunderteinundzwanzig Schlafspitzen!«, rief Chloe stolz.
» Das ist sehr gut… sehr gut«, antwortete Elea. » Ich habe nichts Geringeres von euch allen erwartet.«
» Dann komm, setzt dich hin, wir haben uns viel zu erzählen«, schlug Ceban der jungen Frau ernst vor.
» Nein, wir reden morgen früh über die Verteidigung der großen Ebene«, antwortete Elea mit müder Ruhe. » Maja hätte euch sagen sollen, dass ich nicht esse. Ich kümmere mich um Sten und gehe dann schlafen. Entschuldigt mich.«
Sie trat an Tanin heran und strich ihm mit den Fingern einige braune Haarsträhnen aus dem schlafenden Gesicht.
» Ich glaube, ich kann diese beiden Jungen mitnehmen.«
Sie sah die Maus auf ihrer Schulter an. Diese sprang in die Luft und verwandelte sich in das nur allzu vertraute Chimärenwesen. Joran hob Erby mühelos hoch und entzog Tanin Chloes Gesellschaft. Die beiden Kinder
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