Die Rebellin von Leiland 2: Das Gift des Herzogs (German Edition)
öffneten kaum ein Auge.
» Mama«, brachte Tanin schwach hervor. » Erby und ich, wir haben heute den Männern auf der Verlorenen Insel geholfen.«
» Ihr seid ganze Männer gewesen«, verbesserte Allan.
Tanin und Erby schliefen lächelnd unter Eleas streichelnden Händen wieder ein.
Ihr Aufbruch ließ Kälte zurück. Joran hatte nicht das Wort ergriffen; die junge Frau ging geschmeidigen, aber langsamen Schritts. Ihre Umrisse verschwanden schon hinter den Zweigen.
Das Ungeheuer war ihr Herr. Ophelia dachte an ihre Tante Askia zurück, die einst gesagt hatte, das Mädchen-mit-den-blauen-Augen sei die einzige freie Person im Land. Seit sie im Verbotenen Wald lebte, hatte Ophelia den Eindruck, dass kein Wesen stärker gefangen war. Prinzessin Elea kämpfte für die Freiheit ihres Volks, verfügte aber selbst nicht über das Privileg, frei zu sein.
Ophelia nahm Maja einen Augenblick lang in die Arme; die Kleine wusste nicht, wie sie Verzeihung für ihre Vergesslichkeit erlangen sollte. Dann trug die junge Frau schweren Herzens das Mahl auf.
Es gab nicht viele Gespräche, nicht viel Gelächter. Nur einige Bemerkungen durchschnitten das Klirren der Platten und Teller. Sogar Andin gelang es nicht zu lächeln. Und sein Blick wurde noch düsterer, als er dem Cebans begegnete. Die freimütige Freundschaft darin war der schwarzen Farbe der Furcht gewichen. Ceban hatte voll und ganz begriffen, was Andin und Elea heute Abend tun würden. Ein wortloser Dialog ergab sich.
Joran wird dich umbringen, wenn er das erfährt!, schien Ceban zu schreien.
Aber Andins smaragdgrüne Augen hatten ihre Entscheidung schon getroffen. Er wollte lieber sterben, als die junge Frau allein gehen zu lassen.
Muht schritt energisch durch die Gänge der Burg. Er war nicht auf dem Weg zu Kortas Gemächern, sondern verließ sie vielmehr: Der Herzog sprach mit dem Großen Ibbak, und der Scyle verspürte seit seiner Rückkehr keinerlei Lust, sich dem Hochgeist zu nähern. Er fühlte, dass Ibbak immer weiter an Macht gewann, und nahm die Bedrohung wahr, die alle Wände der unteren Geschosse ausschwitzten. Würde er in einigen Wochen noch durch die Burg streifen können? Oder würde sie dann von tausenderlei Schrecken heimgesucht sein, die ihn seinem eigenen Sadismus zum Trotz erbleichen lassen würden?
Er stieg auf einer marmornen Wendeltreppe zwei Stockwerke hinauf und ging endlich langsamer. Wenn ihn in diesem Augenblick irgendjemand als Feigling bezeichnet hätte, hätte er ihn auf der Stelle getötet. Muht betrachtete seinen Rückzug in die höheren Etagen der Burg einfach als Suche nach Behaglichkeit. Er hatte den Geist zu oft gesehen und spürte seine Gegenwart und Schädlichkeit. Deshalb wollte er sich ein wenig von ihm entfernen, um einen Anschein von innerer Ruhe zurückzugewinnen.
Dennoch war er nicht stolz auf sich, und dieses eine Mal sah er im Gehen zu Boden; aber sein Unbehagen schwand nicht. Dieser Flügel der Burg schien stärker als alle anderen betroffen zu sein.
Wer konnte angesichts einer Gottheit eiskalt bleiben? Korta? Weil er sich nicht bewusst war, dass er ausgenutzt wurde, dass er kaum einen Wert besaß, dass er schwach war? Der Herzog fühlte sich mit dem Großen Ibbak größer und stärker, aber er vergaß, dass selbst ein Hochgeist sein Wort brechen konnte. Umso mehr, wenn es sich um eine Gottheit des Bösen handelte! Der Herzog konnte sich nicht vorstellen, was er riskierte, wenn er verlor– aber war er sich sicher, dass er im umgekehrten Fall erhalten würde, was er begehrte?
Muht setzte keinerlei Vertrauen in das Bündnis, das er mit Korta geschlossen hatte. Und Utahn Qashiltar hatte denselben Eindruck gehabt, obwohl er in Anwesenheit des leiländischen Herzogs das Gegenteil geheuchelt hatte. Warum versuchte Korta, seinen Geist zu maskieren? Muht konnte nicht glauben, dass daraus nur seine Schamhaftigkeit sprach. Korta verheimlichte ihm irgendetwas: einen drohenden Verrat oder ein Geheimnis, das er sogar vor Ibbak verhehlen wollte.
In einem stummen Dialog hatte Utahn Qashiltar Muht begreiflich gemacht, dass er dieses Bündnis mit einem Mann, den er nicht durchschaute, gar nicht zu schätzen wusste. Muht hatte gespürt, dass sein Platz im Gefolge des Oberbefehlshabers der scylischen Armeen noch nicht gesichert war. Die Verheißung eines Angriffs von Süden auf den akalischen Landstreifen, den er begehrte, hatte ihn nicht so begeistert, wie Muht gehofft hatte. Der Scylenkrieger hatte den Eindruck, die Rolle eines
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