Die Rebellin von Leiland 2: Das Gift des Herzogs (German Edition)
jungen Kämpfers zu spielen, auf dessen ersten Fehler man lauerte. Er würde sich noch ein wenig mehr an Korta verkaufen müssen, so sehr er ihn auch verachtete. Würde es ihm gelingen, sich in der Hierarchie aus Intrigen und Kämpfen nach oben zu arbeiten, die in Scyl herrschte? Nach allem, was er mit dem Herzog durchmachen musste, konnte er doch einfach keinen Misserfolg erleiden!
Er hörte ein Geräusch aus einem Korridor zu seiner Linken. Abrupt hob er den Kopf, schickte den Blick auf die Jagd und warf sich in die Brust. Schon bevor Mistra erschien, erkannte er die alte Jungfer. Von ihr ging etwas Verlebtes aus, und er war nicht erstaunt, dass die Gedanken dieses Weibs sich auf Korta richteten, als er in ihr verkniffenes Gesicht blickte.
Mistra stand einen Augenblick lang verblüfft vor dem Scylenkrieger. Erschrecken flackerte in ihrem Blick auf, und ein Hauch von Rosa stieg ihr in die Wangen. Nach einem kurzen Knicks gelang es ihr, ihren Weg zu den Gemächern der Prinzessinnen fortzusetzen.
Muht wusste sehr gut, dass die alte Jungfer vor seinem Blick ebenso wie alle anderen zitterte. Ihre Furcht, dass ihre Liebe zu Korta enthüllt werden könnte, fand er lächerlich und dumm: Als ob der Herzog nicht schon längst davon gewusst hätte! Aber die Befriedigung, die ihm diese Furcht verschaffte, hob die Moral des Kriegers. Er hatte einen Moment lang Lust, sie aufzuhalten und auf der Treppe oder einer Fensterbank zu vergewaltigen. So hässlich sie auch war, manche Triebe konnte sie sehr wohl befriedigen– zum Dank und zur Anerkennung seiner Überlegenheit!
Aber Muht dachte vor allem an seinen Ehrgeiz. Er zügelte seine Lust, indem er sich ins Gedächtnis rief, dass er nicht in seinem Land war. Die vielen Weiber, die durch die Gänge liefen, waren keine Kriegsgefangenen, auf die er jedes Recht hatte, und es gab in den Verliesen keine Scylin, der er Gewalt antun konnte. Er seufzte enttäuscht und konnte die Unzufriedenheit seiner Männer nachvollziehen.
Seine Gedanken wandten sich einen Augenblick lang Erkem und Gorth zu: Sie hatten die Sehkraft zurückerlangt. Der Schmerz, den das Zaubermittel des Akalers verursacht hatte, war verflogen, ihre Macht zurückgekehrt. Muht hatte befürchtet, dass es ihren Körpern schwerer fallen würde, das Entsetzen zu vergessen. Aber sie waren jung und hatten in ihrem Leben noch nicht viel Leid erfahren. Sie liefen keine Gefahr, ihre Macht zu verlieren wie die scylischen Frauen unter der Folter.
Außerdem hatten sie jetzt eine Waffe, ein besonderes Harz, das sie aus Scyl mitgebracht hatten, um dem kleinen Alchemisten der Maske entgegenzuwirken. Die Glasbläsereien der Burg wurden schon für Muht angeheizt. Das Lächeln war auf seine schmalen Lippen zurückgekehrt. Er nahm eine Treppe und stieg hinab, um sich das Ergebnis aus größerer Nähe anzusehen.
Elea saß auf dem vereinbarten Felsen, als Andin sich näherte. Sie war ganz in Schwarz gekleidet; ihre Umrisse hoben sich noch von dem Feuergürtel der untergehenden Sonne ab.
Die junge Frau hielt in der Hand ein seltsam schmales Seil. Sie prüfte seine Festigkeit, indem sie es unter ihrem Stiefel hindurchzog. Sie war so in ihre Vorbereitungen vertieft, dass sie Andins Ankunft kaum hörte. Ein wenig überrascht sah sie sich um. Bei seinem Anblick lächelte sie.
» Schau her«, sagte sie leidenschaftlich und hielt ihm das dünne Seil hin. » Als ich vorhin in mein Zimmer zurückgekehrt bin, habe ich von meinem Füllhorn eine leichte und stabile Leine verlangt, und sieh, was die Feen mir geschenkt haben! Die Hände tun mir immer noch weh, aber dieses Seil ist die Mühe wert.«
Das Schimmern der festgezogenen Maschen unterstrich die feenhafte Machart des Seils noch. Angesichts seines geringen Gewichts glaubte Andin, einen Bindfaden zwischen den Fingern zu haben, aber seine Reißfestigkeit schien jeder Belastung standhalten zu können. Konnte ein solches Seil überhaupt existieren?
» Und wie planst du, dich seiner zu bedienen?«, fragte der junge Mann mit weitaus weniger Begeisterung.
Sie ließ ihn seine Waffen ablegen und mit ihr bis an die Kante der Klippe kriechen.
Der Blick auf das Wachtürmchen und die Begrenzung der Burggärten brachte Andin zum Lächeln. Als er mit Prinzessin Eline darin gesessen hatte, hatte er sich so gewünscht, dass das Mädchen-mit-den-blauen-Augen auf der Klippe erscheinen möge! Heute Abend befand er sich mit ihr dort.
Das Abenteuer gefiel ihm weit besser, als er es sich anmerken ließ. Er
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