Die Rebellion der Maddie Freeman - Kacvinsky, K: Rebellion der Maddie Freeman - Awaken
muss zum Empfang für das Amerikanische Schulwesen«, sagte ich.
Clare kniff nachdenklich die Augen zusammen. »Oh, davon habe ich schon gehört.« Sie blickte mich mitleidig mit gerunzelter Stirn an. »Na, wenigstens ist es für einen wohltätigen Zweck«, sagte sie.
Riley bekam einen verdächtigen Hustanfall. Als ich ihn anschaute, sah ich für den Bruchteil eines Augenblicks leisen Spott in seinen Augen.
»Vielleicht kannst du dich hinterher mit uns treffen?«, fragte Clare.
Ich nickte, obwohl ich schon jetzt wusste, dass ich dazu keine Chance bekommen würde. Der Empfang dauerte bis spät in die Nacht, und meine Eltern würden die ganze Zeit damit beschäftigt sein, mich mit Paul Thomson, dem Sohn ihres besten Freundes, zu verkuppeln. Wir saßen beim Empfang immer nebeneinander, und jedes Jahr aufs Neue versuchten unsere vier Eltern, unserer Beziehung künstliches Leben einzuhauchen. Mein Blick fiel auf Clare, und etwas an ihrer lausbübischen Miene ließ mich hoffen, dass der Memorial Day dieses Mal anders ablaufen würde.
Als ich kurz zu Justin hinübersah, lehnte er sich gerade zu Scott herunter und sagte etwas. Scott nickte und sein Blick huschte in meine Richtung. Ich schaute schnell weg. Mein Bauchgefühl sagtemir, dass hier etwas ganz anderes lief als ein harmloses Kennenlerntreffen mit Justins Freunden. Die Situation fühlte sich eher an wie ein geheimer Aufnahmeritus, nicht wie ein erstes Date bei Kaffee und Kuchen.
Kapitel 5
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Wenig später verließen Justin und ich den Coffeeshop und stiegen in eine Bahn in Richtung Norden. Wir setzten uns beide ans Fenster und Justin streckte seine langen Beine im Gang aus.
»Okay, was tust du normalerweise, wenn du nicht in der Schule bist?«, fragte er. Ich blinzelte etwas verwirrt.
»Meinst du Hobbys?« Als er nickte, begann ich die Websites und Chatsites aufzuzählen, auf denen ich meine Freizeit verbrachte: TeenZone, Mentropolis, BookTalk, MovieMainstream …
Er unterbrach mich.
»Nein, ich meine, wenn du nicht online bist?«
Ich schaute ihn mit schmalen Augen an. War das eine neue Attacke? Doch in seinem Blick las ich kein Werturteil, sondern nur Neugier.
»Viele Möglichkeiten habe ich ja nicht«, stellte ich fest. Er nickte und wartete, dass ich fortfuhr. »Sport«, sagte ich schließlich.
»Auf deinem Laufband?«, fragte er. »Das zählt nicht, schließlich ist es auch verkabelt.«
»Ich spiele Fußball«, erklärte ich.
Er nickte. »Okay, das lasse ich gelten.«
Ich zerbrach mir den Kopf, um ein weiteres Hobby zu finden. Endlich fielen mir meine Deckenmalereien ein.
»Zählt nicht, dazu brauchst du einen Bildschirm. Oder etwa nicht?«
Er grinste, doch dieses Mal war ich zu gereizt, um von seinem Lächeln die üblichen Schmetterlinge im Bauch zu bekommen. Wütend funkelte ich ihn an.
»Sorry«, sagte er. »Leuten diese Frage zu stellen, ist eine Lieblingsbeschäftigung von mir. Weil sich damit so gut zeigen lässt, worauf ich hinauswill: Eigentlich befinden sich die Menschen nur noch in der virtuellen Welt, ganz egal, womit sie sich gerade beschäftigen. Genau darin liegt das Problem.«
»Was machst du denn so als Hobby?«, fragte ich. »Unschuldige Personen ins Kreuzverhör nehmen?«
Er strich sich mit den Händen durch die Haare, um sie zu glätten, aber dadurch standen nur noch mehr Strähnen in alle Richtungen ab, als hätte sein Wuschelkopf den gleichen unbändigen Freiheitsdrang wie er selbst.
»Das hier ist mein Hobby«, sagte er.
Ich schaute mich im Abteil um. »Du meinst, mit der Bahn durch die Gegend zu fahren?«
Er nickte und antwortete, dass er inzwischen zu wenig Zeit hatte, aber früher tagelang mit irgendwelchen Zügen ins Blaue gefahren war.
»Bist du nie einfach nur aus Spaß in eine Bahn eingestiegen?«, fragte er.
»Nein«, sagte ich entschieden. Er starrte mich an, als müsse bei mir eine Schraube locker sein, und ich schaute mit ähnlichem Blick zurück. »Hey, du bist derjenige mit dem abnormen Verhalten. Ich bin eine normale, verkabelte Durchschnittsbürgerin.«
Seine Augen wurden schmal, als würde er mir nicht glauben oder als könne er direkt in mein Inneres blicken. »Was ist schon toll daran, immer zu wissen, wohin die Reise geht?«
Ich runzelte die Stirn über seine Frage. Mein Leben verlief in vorgezeichneten Bahnen. Die Zukunft war wie eine Straße, die mit jedem Schritt länger wurde und der man eben folgen musste, ob man wollte oder nicht.
»Was ist toll daran, sich absichtlich zu verirren?«,
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