Die Rebellion der Maddie Freeman - Kacvinsky, K: Rebellion der Maddie Freeman - Awaken
wie unsere Hauseinrichtung. Zögernd streckte ich die Hand nach einem der bunt glänzenden, glatten Becher aus. Ich wollte etwas besitzen, das aus dem Rahmen fiel. In meinem Alltag sollte es etwas geben, das fremd und unangepasst war. Wo dieses seltsame Verlangen herkam, konnte ich selbst nicht erklären, denn bisher hatte ich es nie gehabt.
Als ich mich umdrehte, stand Justin da und schaute zu, wie ich ganz hypnotisiert eine Regalwand anstarrte.
»Alles okay?«, fragte er mit einem kleinen Grinsen.
Schnell nahm ich die Hand von einem knallroten Becher. »Klar«, sagte ich. »War nur in Gedanken.«
Ich folgte ihm in einen Seitenraum, und er nickte in Richtungeiniger Leute, die es sich in einer Ecke gemütlich gemacht hatten. Die Gruppe nahm zwei Tische und ein Sofa ein und alle betrachteten mich interessiert. Als ich auf Justins Freunde zuging, kam es mir vor, als wäre ein Bühnenscheinwerfer direkt auf mich gerichtet und würde mich den ganzen Weg verfolgen.
Justin begann mir die Runde vorzustellen. An einem Tisch saßen Jake und Riley, an dem anderen Clare und Patrick, die mich einladend anlächelten. Sie waren ähnlich locker gekleidet wie ich, Jake mit Wollmütze, Riley mit Baseballkappe und T-Shirt. Clare trug eine rote Cordjacke, eine türkisfarbene Flipscreentasche stand zwischen ihren Füßen. Sie nippte an einem Kaffee und ihre strahlend blauen Augen hießen mich willkommen.
Als Nächstes wurde ich Scott und Molly präsentiert, die in der Ecke auf einem braunen Plüschsofa saßen und ihre Finger ineinander verflochten hatten. Scott nickte mir kurz zu. Er trug eine ultramoderne Brille mit gelb verspiegelten Gläsern. Sein voller, rabenschwarzer Haarschopf sah fast aus wie ein Pelz. Molly musterte mich skeptisch und lächelte mich nur kurz kühl an.
Dann stellte sich Justin an, um unsere Getränke zu besorgen, und Clare zog einen Stuhl neben sich. Als ich mich zu ihr setzte, grinste sie mir freundlich entgegen.
»Freut mich echt, dich kennenzulernen«, sagte sie.
Ich blinzelte verwirrt und wusste nicht, was ich antworten sollte. Noch nie hatte ich so viele Leute auf einmal kennengelernt und alle musterten mich wie ein exotisches Schauobjekt.
»Wirklich?«, brachte ich heraus.
»Oh ja«, sagte sie. »Justin ist ständig damit beschäftigt, unseren Freundeskreis zu erweitern.«
Patrick neben ihr konnte ein Grinsen nicht unterdrücken und ich bemerkte, wie ähnlich er seinem Cousin Justin sah. Die gleichen Grübchen, die gleiche Lippenform … Und er war so groß, dass er uns selbst im Sitzen um einen Kopf überragte. Pats Augen waren heller als Justins, sie leuchteten haselnussbraun.
Clare fragte mich, welche DS-Kurse ich belegte, und ich war beeindruckt, wie leicht es ihr fiel, mit einer völlig Fremden ein Gespräch anzuknüpfen. Wir redeten eine Weile über die Schule, während Jake, Riley und Pat nur ab und zu eine sarkastische Bemerkung einwarfen, die meistens auf Clare zielte. Noch nie hatte ich erlebt, dass eine Freundesgruppe so ungezwungen miteinander umging, und ich fühlte einen Stich von Eifersucht. Keiner von ihnen telefonierte nebenher oder benutzte seinen Flipscreen. Sie hörten einfach nur zu. Ihre Augen nahmen alles auf. Allmählich begann ich zu verstehen, was Justin mit Geselligkeit meinte. Der Unterschied zwischen seiner Welt und meiner war die Enge von Beziehungen. Hier gab es tatsächlich eine Gruppe von Leuten, die sich gegenseitig so unterhaltsam fanden, dass sie elektronische Hilfsmittel nicht nötig hatten, und deren Gespräche nicht von Computern erleichtert und gesteuert wurden. Alles war echt und ungeschminkt, als würde sich vor meinen Augen ein aufregendes Stück Performance-Kunst entwickeln. Ich wurde so davon mitgerissen, dass ich gar nicht bemerkte, wie Justin einen Kaffeebecher vor mir hinstellte.
Stattdessen hörte ich Pat zu, der Clare gerade damit aufzog, dass sie sich eine echte Tätowierung stechen lassen wollte. Ihr Geplänkel faszinierte mich mehr als jeder Film, den ich je gesehen hatte, weil diese Situation real war und sich ohne Drehbuch direkt vor meinen Augen abspielte.
»Also echt, wie lange ist das jetzt her, dass Tattoos in Mode waren … vierzig Jahre?«, stichelte Pat.
»Genau, bevor die Semi-Pics erfunden wurden«, fügte Riley hinzu.
»Ich will aber ein echtes, das nicht einfach wieder verschwindet«, sagte Clare energisch.
»Unsinn«, widersprach Pat, »wenn sich deine Haut ausdehnt, sieht das in zehn Jahren aus wie ein missratenes
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