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Die Rebellion der Maddie Freeman - Kacvinsky, K: Rebellion der Maddie Freeman - Awaken

Die Rebellion der Maddie Freeman - Kacvinsky, K: Rebellion der Maddie Freeman - Awaken

Titel: Die Rebellion der Maddie Freeman - Kacvinsky, K: Rebellion der Maddie Freeman - Awaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Kacvinsky
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Tagebuch aufschlagen dürfte, und ich erlaubte es. Zuerst betrachtete er den Einband, danach blätterte er durch die Seiten. Ich starrte auf seine nackten Füße, auf die schlabberige Trainingshose und die lässige Art, in der er einen Ellenbogen aufs Knie gestützt hatte.
    »So was nennt man wohl Kraut und Rüben«, kritisierte er meine Handschrift. Ich zuckte nur mit den Schultern und seufzte. Justin betrachtete mich aufmerksam.
    »Willst du, dass ich wieder gehe?«, fragte er. Seine dunklenAugen waren auf gleicher Höhe mit meinen. Vor Überraschung fiel mir die Kinnlade herunter.
    »Nein, warum sollte ich das wollen?«
    Er neigte den Kopf zur Seite. »Weil etwas in diesem Raum dich stört.«
    Er schaute sich um, betrachtete die Wände und das Bett, als wolle er herausfinden, wo das Problem war. Ich seufzte noch einmal. Anscheinend konnte er wirklich in meinen Augen lesen.
    Sein Blick fiel auf das Buch in seinen Händen. »Ach«, sagte er und ließ die Seiten durch seine langen Finger gleiten. »Das ist es also.«
    Ich nickte und starrte das Tagebuch feindselig an, während Justin auf eine Erklärung wartete. »Meine Mutter hat es mir zu meinem letzten Geburtstag geschenkt. Sie sammelt alte Bücher und gibt sie zu besonderen Anlässen an mich weiter. Dieses habe ich bekommen, als ich siebzehn geworden bin.«
    Ich hatte Justins ganze Aufmerksamkeit, aber diesmal konnte sein intensiver Blick mich nicht ablenken.
    »Meine Mutter hat behauptet, dass es hilfreich ist, seine Gedanken aufzuschreiben, also habe ich das gemacht. Und ich verstehe, was sie meint. Dadurch bin ich gezwungen, mir Zeit zu nehmen und nachzudenken, aber …«
    Ich zwirbelte eine Haarsträhne zwischen meinen Fingern. »Eigentlich hatte ich nicht viel zu schreiben, weil ja nie etwas passiert ist. Bis vor Kurzem.« Ich verstummte, doch Justin forderte mich mit einem Nicken auf, fortzufahren. Da ich es nicht gewohnt war, dass jemand mir seine ungeteilte Aufmerksamkeit widmete, reichte sein Blick, um mich weiterreden zu lassen.
    »Beim ersten Mal habe ich über Bäume geschrieben. Wahrscheinlich, weil Papier daraus gemacht wurde.« Ich musste lächeln. »Komisch eigentlich, bis dahin habe ich nie über Bäume nachgedacht. Erst als ich mich hinsetzte und in mein Tagebuch schrieb. Da wurde mir plötzlich bewusst, dass in meiner Stadtkein einziger wuchs. Ich begann mich zu fragen, wie alles wohl vor fünfzig Jahren ausgesehen hat, als die Leute sich noch nicht in ihren Häusern eingeschlossen haben und bevor es diese ganzen Flächenbrände gab. Darüber nachzudenken hat ziemlich wehgetan«, gab ich zu.
    Justin schaute auf das Buch und drehte es abwesend in den Händen.
    »Also habe ich mit dem Eintrag aufgehört, weil er mich nur deprimiert hat. Noch Tage später musste ich ständig an diese Bäume denken, die ich nicht kannte. Und dann wurde ich wütend, weil ich nie eine Chance bekommen hatte, die Welt so zu sehen, wie sie damals war. Wie konnten die Leute das so einfach aufgeben? Bloß weil eine Firma auf die Idee gekommen ist, Kunstbäume auf den Markt zu bringen und diese Lösung bequem war. Alle haben sich darauf gestürzt. Alle wollen nur schnell und einfach konsumieren, selbst wenn es um die Natur geht.«
    Ich starrte auf das Tagebuch in Justins Händen. »Jedes Mal, wenn ich Moms Geschenk benutze, bin ich selbst überrascht, was ich schreibe. Und fast alle Einträge sind deprimierend. Durch das Tagebuch habe ich angefangen mich zu fragen, ob ich jemals echte Freunde hatte, ob mein ganzes Leben eine Lüge war, ob ich meine Eltern wirklich kenne. Ich habe mich gefragt, wer ich bin und was Liebe eigentlich bedeutet …« Mit einem Kopfschütteln und einem melancholischen Lächeln stellte ich fest: »Vielleicht ist mein Leben ganz einfach deprimierend.«
    Ich zupfte an den Fäden des Teppichs herum.
    »Am schlimmsten war es in der Nacht meiner Flucht«, fuhr ich fort und fühlte noch immer einen kalten Schauer meine Arme entlang bis hoch zu meiner Schädeldecke laufen. »Dieses Haus im Nirgendwo, wo wir übernachtet haben. Der leere Keller hatte eine Ausstrahlung … als wären wir in einer Leichenhalle. Die ganze Zeit konnte ich nur an 28M denken und an all die toten Kinder.« Meine Stimme begann zu zittern und ich atmete tief durch.
    »Da habe ich einfach losgeschrieben, über die Digital School und wie alles angefangen hat. Vorher habe ich mir nie erlaubt, darüber nachzudenken, weißt du? Über die alten Zeiten redet man nicht, das Thema ist

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