Die Rebellion
ein Besatzungsmitglied gezogen, und er würde den Teufel tun, jetzt damit anzufangen. Zur Hölle mit den verdammten
Vorschriften.
In Stelmachs Quartier herrschte noch immer vollkommene
Stille. Schwejksam erhob seine Stimme und achtete darauf,
ruhig und selbstsicher zu klingen.
»Stelmach, hier spricht der Kapitän. Ich habe Investigator
Frost bei mir. Wir müssen mit Euch reden.«
Keine Antwort. Schwejksam strengte sein Gehör an und vernahm schweres Atmen von innerhalb der Kabine. Vielleicht
war Stelmach bewußtlos geworden vom vielen Trinken oder
den Drogen oder einfach aus Erschöpfung. Vielleicht wartete
er aber auch nur darauf, daß irgendein Trottel den Kopf durch
die Tür steckte, damit er ihn wegschießen konnte. Schwejksam
leckte sich über die trockenen Lippen und schluckte. Dann versuchte er es erneut.
»Stelmach, hier spricht der Kapitän. Könnt Ihr mich hören?«
»Ja, Kapitän. Ich kann Euch hören.« Die Stimme des Sicherheitsoffiziers war ein heiseres Raspeln, ein leises, schmerzerfülltes Geräusch, als hätte er sich die Stimmbänder vom vielen
Schreien verletzt. »Verschwindet, Schwejksam. Ich will Euch
nicht sehen. Ich will niemanden sehen und mit niemandem
reden!«
»Das haben wir inzwischen mitbekommen«, antwortete
Schwejksam. »Aber früher oder später werden wir reden müssen, das wißt Ihr selbst. Also wie ist es … Werdet Ihr mich
jetzt auf eine Unterhaltung einladen, oder muß ich den Investigator zu Euch schicken, um Euch zur Vernunft zu bringen?
Meine Methode schadet Euch und dem Mobiliar ein gutes
Stück weniger. Seht mal, was auch immer das Problem sein
mag – ich kann Euch nicht helfen, wenn ich hier draußen herumstehe. Und Ihr benötigt Hilfe, oder wollt Ihr das etwa
bestreiten?«
Eine lange Pause entstand. Als Stelmach schließlich antwortete, klang seine Stimme müde und niedergeschlagen, als hätte
ihn sämtliche Energie schlagartig verlassen. »Also schön,
kommt herein. Bringen wir es hinter uns.«
Stelmachs Worte enthielten einen merkwürdigen Unterton,
doch Schwejksam beschloß, trotzdem ins Quartier des Sicherheitsoffiziers zu gehen. Er hatte sowieso keine andere Wahl. Er
wandte sich zu Frost um und flüsterte: »Ich gehe zuerst. Ihr
gebt mir Rückendeckung. Haltet Eure Hände von den Waffen
fern. Wir wollen ihn nicht unnötig erschrecken.«
»Ich sollte besser als erste gehen«, widersprach Frost. »Ich
bin entbehrlicher als Ihr.«
»Ich will Euch nicht beleidigen, Investigator …, aber Ihr
neigt dazu, einen ziemlich starken Eindruck zu hinterlassen. In
seinem Zustand reicht vielleicht ein einziger Blick auf Euch,
damit er das Feuer eröffnet. Außerdem bin ich, soweit es ihn
betrifft, eher ein Vorgesetzter als Ihr. Stelmach hat sich in der
Vergangenheit immer an das gehalten, was seine Vorgesetzten
ihm sagten. Und bevor Ihr fragt – nein, ich werde keinen
Schutzschild benutzen, und das gleiche gilt auch für Euch. Ich
will nicht, daß er glaubt, wir würden ihm nicht vertrauen.«
»Oh, das wollen wir wirklich nicht«, erwiderte Frost sarkastisch. »Kein Gedanke! Aber wenn er nur eine falsche Bewegung macht, kann er seine Einzelteile von den Wänden abkratzen.«
»Wir wollen die Sache ruhig und überlegt angehen, Investigator. Ich will nicht, daß er getötet wird. Sicher, er ist unbequem wie Hämorrhoiden, aber er macht seine Arbeit gut. Und
fähige Sicherheitsoffiziere sind schwer zu kriegen. Außerdem
ist er einer der wenigen, die Erfahrung damit haben, wie man
einen Schläfer kontrolliert. Ich werde entscheiden, ob und wieviel Gewalt erforderlich ist. Und jetzt setzt ein nettes Lächeln
auf. Wir wollen ihn doch nicht erschrecken.« Frost entblößte
ihre Zähne, und Schwejksam zuckte zusammen. Sie sah aus,
als wollte sie ihn beißen. »Also gut, vergeßt das mit dem Lächeln wieder. Es steht Euch nicht. Überlaßt das Reden mir, und
macht Euch nichts aus dem, was er sagt. Ich will wissen, was
Stelmach in diesen Zustand versetzt hat.«
Frost zuckte die Schultern. Sie hielt die Hände demonstrativ
weit weg von den Waffen. Schwejksam war es zufrieden. Er
trat einen Schritt vor und marschierte durch die offene Tür in
Stelmachs Kabine. Frost hielt sich so dicht hinter ihm, daß er
ihren Atem in seinem Nacken spüren konnte. Schwejksam
grinste und nickte Stelmach zu, der mit herabgesunkenem Kopf
und hängenden Schultern auf der Kante seines Bettes saß. Seine Waffe lag ein Stück weit entfernt auf dem Boden, außer
Reichweite.
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