Die Rebellion
Schwejksam
durch die leise, aber drängende Stimme seines Kommunikationsoffiziers aus seinen Gedanken gerissen. Eden Creutz hatte
sich an seiner Konsole umgedreht und blickte zu seinem Kapitän, der ein paarmal blinzelte und sich dann Mühe gab, wach
und ausgeschlafen zu wirken, als hätte er Creutz bereits die
ganze Zeit über zugehört. Es dauerte einen Augenblick, bis
Schwejksam bemerkte, daß er Creutz nichts vormachen konnte,
dann entspannte er sich mit einem verlegenen Lächeln. Er war
froh, daß es Creutz war. Creutz war ein guter Mann.
»Tut mir leid«, sagte Schwejksam. »Ich war lichtjahreweit
weg. Wiederholt Eure Worte bitte noch einmal.«
»Es scheint Schwierigkeiten zu geben im Unterdeck, Kapitän«, sagte Creutz. In seinem dunklen Gesicht war nicht die
kleinste Spur eines Lächelns zu erkennen, doch seine Augen
drückten Verständnis aus. »Vor kurzer Zeit hörten einige Leute
seltsame Geräusche in den Privaträumen von Sicherheitsoffizier Stelmach. Ein paar der Männer wollten der Sache auf den
Grund gehen und entdeckten, wie Stelmach systematisch das
Mobiliar seines Quartiers zertrümmerte. Sie erkundigten sich
höflich, ob er ein Problem hätte, und er bewarf sie mit Gegenständen. Die Leute haben sich gegenwärtig aus seiner Reichweite zurückgezogen und warten auf weitere Instruktionen. Er
ist schließlich ihr Vorgesetzter. Und rein technisch betrachtet
steht nur Ihr als Kapitän dieses Schiffes und Investigator Frost
über ihm und seid ermächtigt, einen wildgewordenen Sicherheitsoffizier zu bändigen.«
Schwejksam wechselte einen Blick mit Frost, die wie üblich
neben ihm stand. Sie hob die Augenbrauen. Stelmach neigte
dazu, in Notsituationen die Nerven zu verlieren, aber an Bord
des Schiffes war er in der Regel kühl, beherrscht und befolgte
die Vorschriften haargenau. Böse Zungen sagten ihm nach, daß
er nicht einmal seinen Eingeweiden eine Bewegung erlaubte,
ohne vorher in den Vorschriften nachzusehen. Also mußte etwas wirklich Ernsthaftes geschehen sein, wenn Stelmach derart
die Fassung verlor.
»Ich denke, wir sehen besser nach, Investigator«, sagte
Schwejksam. »Er ist verantwortlich für die Sicherheit des
Schiffs, und wenn er etwas derartig Bestürzendes entdeckt hat,
dann schätze ich, daß ich darüber Bescheid wissen will.«
Frost nickte ruhig. »Wir sind bereits seit geraumer Zeit hier
draußen am Abgrund. So weit weg von jeder Zivilisation und
jedem Leben sind schon ganz andere Leute zerbrochen.«
»Nicht Stelmach«, widersprach Schwejksam. »Um ihn zu
zerbrechen, braucht es schon eine ganze Menge mehr als Kabinenfieber.« Schwejksam erhob sich aus seinem Sessel und
übergab seinem Stellvertreter das Kommando. »Investigator,
folgt mir. Aber laßt mir die Hände von den Waffen. Ich will
Stelmach bei Bewußtsein und imstande, meine Fragen zu beantworten.«
»Spielverderber«, entgegnete Frost.
Gemeinsam verließen Schwejksam und Frost die Brücke und
nahmen den Expreßaufzug nach unten zu den Offiziersquartieren. Sie merkten frühzeitig, daß sie sich Stelmachs Quartier
näherten. Besatzungsmitglieder standen in den Gängen, einschließlich der Männer und Frauen von der letzten Schicht –
sie waren von Stelmachs lautem Fluchen und Schreien geweckt
worden. Schwejksam schickte sie freundlich, aber bestimmt
wieder in ihre Quartiere und versicherte ihnen, daß er für Ruhe
sorgen würde. Frost half denen mit kalten Blicken ein wenig
nach, die Schwejksams Aufforderung nur zögernd Folge leisteten. Schließlich erreichten der Kapitän und sein Investigator
eine Biegung, hinter der sich ein halbes Dutzend Sicherheitsleute in Deckung drückte. Die Männer wären vor Schreck beinahe aus der Haut gefahren, als Schwejksam sie von hinten
ansprach, doch als sie bemerkten, daß es nur der Kapitän war,
entspannten sie sich sichtlich erleichtert. Sie schienen sogar
froh zu sein über Frosts Anblick, und das war bestimmt das
allererste Mal.
Rasch entwickelte sich unter den sechsen eine Diskussion,
wer die Verantwortung trug, und dann wurde einer aus der Mitte nach vorn gestoßen. Der Mann wollte gerade anfangen zu
erklären, was sich zugetragen hatte, als er bemerkte, daß er
vergessen hatte zu salutieren und versuchte, sein Versäumnis
nachzuholen und sich gleichzeitig zu entschuldigen. Dann fing
er wieder von vorn mit seinem Bericht an. Das Geräusch eines
großen, aber nichtsdestotrotz zerbrechlichen Gegenstands, der
in hundert Teile
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