Die Rebellion
auszufallen.«
»Bleibt, wo Ihr seid«, sagte Schwejksam. »Wir sind gleich
bei Euch.«
Schwejksam öffnete erneut die Außentür der Schleuse, und
gemeinsam mit Creutz betrat er die Verfechter. Die Sicherheitsleute folgten ihnen, so rasch sie konnten. Der Korridor
hinter der Schleuse war hell erleuchtet, aber ungemütlich
schmal, und die niedrige Decke schien auf die Helme ihrer
Hartanzüge zu drücken. Die Wände waren bedeckt mit Kabeln,
Schalttafeln und dichtgepackten Instrumenten. Die Ingenieure
des Imperiums hatten jedes Extra und jede Verbesserung eingebaut, die es damals gegeben hatte, bis zur letzten Minute.
Nichts von alledem sah richtig veraltet aus. Die Unerschrocken mochte vielleicht effizienter durchdacht sein, aber die meisten
Systeme waren noch immer die gleichen wie vor hundert Jahren. Wenn etwas erst einmal funktionierte, dann hielt das Imperium auch daran fest.
»Interessant«, bemerkte Frost. Schwejksam wandte sich automatisch zu ihr um, obwohl er nichts weiter von ihr sehen
konnte als den glatten stählernen Helm. »Nach den Sensoren
meines Anzugs zu urteilen, sind Licht und Gravitation lediglich
lokale Phänomene. Der gesamte Rest des Schiffes ist noch immer außer Betrieb. Woraus ich schließe, daß irgend jemand
von unserem Besuch an Bord weiß.«
»Könnten es die Schiffslektronen sein?« fragte Creutz.
»Nein«, antwortete Frost. »Ich denke nicht. Sie hätten alle
Lebenserhaltungssysteme gleichzeitig hochgefahren.«
»Versucht einen Rundspruch über Euer Komm-Implantat«,
sagte Schwejksam. »Vielleicht antwortet jemand.«
»Hier spricht Investigator Frost vom Imperialen Sternenkreuzer Unerschrocken. Ich repräsentiere das Imperium. Bitte
melden Sie sich.«
Sie warteten lange Zeit, doch niemand antwortete. Der
Komm-Kanal war tot. Nicht einmal Statik war zu hören.
Schwejksam spürte, wie es in seinem Rücken kribbelte, spürte
den Druck unsichtbarer Augen, die ihn beobachteten. Das Wort
Geisterschiff kam ihm wieder in den Sinn, zusammen mit den
halb scherzhaft gemeinten Geschichten, die in seiner Kadettenzeit die Runde gemacht hatten. Raumfahrerlatein von toten
Schiffen, die von toten Besatzungen bevölkert wurden und still
durch die ewige Nacht fuhren auf Reisen, die niemals endeten.
Skelette in der Zentrale, tote Männer, die an ihren Stationen
verfaulten, unterwegs zu einem Ziel, das kein Lebender jemals
verstehen konnte. Schwejksam mußte lächeln. Ihm war gar
nicht zu Bewußtsein gekommen, daß diese dummen Geschichten einen derartigen Eindruck auf ihn gemacht hatten.
»Laßt uns zur Zentrale gehen, Leute«, sagte er steif. »Vielleicht finden wir dort ein paar Antworten auf unsere Fragen.
Investigator, Ihr geht voraus.«
Frost schaltete sich auf eine Karte der Topographie des alten
Schiffes, die der Zentralrechner der Unerschrocken aus seinen
Datenbanken ausgegraben hatte, und setzte sich den Korridor
hinab in Bewegung. Vor ihnen gingen Lichter an, und hinter
ihnen gingen sie automatisch wieder aus, so daß sie sich ständig in einem erleuchteten Fleck bewegten, der von Dunkelheit
umgeben war. Die Gravitation blieb konstant auf Standard und
die Temperatur unverändert in der Nähe des absoluten Nullpunkts. Auch eine Atmosphäre schien es nirgendwo zu geben.
Schwejksam ließ die Sicherheitsleute jeden Raum und jede
Kammer überprüfen, an denen sie vorbeikamen, doch obwohl
es hin und wieder Hinweise auf menschliche Benutzung gab,
blieb die Besatzung spurlos verschwunden.
Überall fanden sich ungemachte Betten und nicht zu Ende
gegessene Mahlzeiten, Kartenspiele, die mitten im Spiel abgebrochen worden zu sein schienen, und Türen, die offenstanden
– beinahe, als hätte die Besatzung vor hundert Jahren sich geschlossen erhoben und wäre aus ihrem Leben davonmarschiert,
um niemals wieder zurückzukehren.
Schwejksam hatte immer wieder das Gefühl, Bewegungen
am Rand seines Gesichtsfeldes zu erhaschen, doch jedesmal,
wenn er genauer hinsah, war nichts da.
Die Schatten tanzten beunruhigend um die kleine Gruppe von
Leuten, die tiefer und tiefer ins Innere der Verfechter vordrang.
Mit den schweren Hartanzügen wirkten die Soldaten eigenartig
deplaziert in den engen Mannschaftsquartieren, und alle ohne
Ausnahme hatten das Gefühl, beobachtet zu werden, obwohl
die Sicherheitskameras des Schiffes ganz eindeutig nicht arbeiteten. Die Sicherheitsleute verbrachten beinahe ebensoviel Zeit
damit, den Weg nach hinten zu sichern, wie sie nach vorn sahen.
Weitere Kostenlose Bücher