Die Rebellion
ich erhob mich vom OPTisch. Keine Spur mehr von all dem Blut, das ich verloren hatte. Ich verließ den Raum und ging durch das Schiff.
Es war gewaltig. Nichts war mit menschlichen Maßstäben zu
beschreiben. Es gab Formen und Strukturen, doch sie machten
keinen Sinn. Es gab Technologie, Maschinen überall, aber ich
verstand nicht, wozu sie geschaffen waren. Irgendwo schrie
irgend etwas, ein schrilles, schreckliches Geräusch, und es hörte überhaupt nicht auf. Vielleicht war es Schmerz oder Entsetzen oder Triumph, ich weiß es nicht. Und obwohl es niemals
eine Pause machte, um Atem zu schöpfen, bezweifelte ich
nicht einen Augenblick lang, daß es organisch war. Irgend etwas Lebendiges. Allein das Schreien hätte ausgereicht, einen
normalen Menschen in den Wahnsinn zu treiben, doch ich hatte
bereits so viel durchgemacht, daß ich diesmal nicht zerbrach.
Ich mußte stark sein. Ich mußte überleben. Ich mußte das Imperium warnen.
Ich fand die Fremden. Oder sie fanden mich. Selbst heute
noch erinnere ich mich deutlich an sie. Nur Eindrücke, Einzelheiten, Hinweise. Vielleicht erfordert ihr Begreifen mehr, als
irgendein menschlicher Verstand ertragen kann. Selbst heute
noch. Sie waren groß und nichthumanoid, und sie waren mit
unglaublichen Apparaten innig verbunden. Ich weiß immer
noch nicht, ob nicht das Schiff selbst auf eine gewisse Art und
Weise lebendig war.
Es dauerte eine Weile, bis die Fremden meine Gegenwart
bemerkten. Wir kommunizierten, obwohl ich nicht sagen kann,
wie. Sie sind weit fortgeschrittener als wir. Ihr Verstand arbeitet in mehr als drei Dimensionen. Ich denke, sie sehen die Zukunft genauso deutlich vor sich wie die Vergangenheit, als gäbe es keinen Unterschied dazwischen. Andauernd starben geringere Kreaturen in den Tiefen ihres Schiffes. Ihre Lebensenergie bildete den Antrieb. Sie starben und wurden wieder ins
Leben zurückgerufen, immer und immer wieder. Ihre Qualen
endeten niemals. Die Fremden zeigten mir auch andere Dinge,
aber die meisten verstand ich nicht. Alles war abscheulich und
entsetzlich, böse weit über alles hinaus, was die Menschheit
jemals getan hat oder zu tun imstande ist.«
Der Halbe Mann unterbrach sich, das einzelne Auge fest zusammengekniffen, und für lange Zeit herrschte Stille in dem
kleinen Raum. Klipp regte sich unbehaglich.
»Haben sie Euch gesagt, warum sie … warum sie das mit
Euch gemacht haben?«
»Nein. Oder wenn, dann habe ich es nicht verstanden. Es gab
eine Menge Dinge, die ich nicht verstand. Schließlich hatten
sie mir alles erzählt, was sie mir sagen wollten, oder sie wurden meiner überdrüssig. Ich wachte zusammengekrümmt an
Bord einer Rettungskapsel meines Schiffes auf. Ich befand
mich im Orbit um eine der Welten am Rand. Ein Schiff nahm
mich auf, und ich kehrte nach Hause zurück. In ein Imperium,
in dem in der Zwischenzeit drei Jahre vergangen waren, und zu
einer endlosen Serie von Verhören. Ihr kennt den Rest der Geschichte. Die Imperialen Esper prüften den Wahrheitsgehalt
meiner Geschichte, bestätigten, daß ich weder log noch verrückt war, und ich wurde zum Imperialen Sprecher für Angelegenheiten außerirdischer Rassen. Wer wußte besser als ich,
wozu sie imstande waren? Ich bestimmte die Politik für Kontakte mit Fremden und Kontrollen auf allen bekannten Welten.
Ich habe das Imperium stark gemacht. Wir müssen stark sein
und bereit, weil die Fremden, die mich entführten und verwandelten, eines Tages zurückkehren werden. Wir waren damals
nicht bereit, gegen sie zu kämpfen, und vielleicht sind wir es
auch heute noch nicht, aber wir müssen es zumindest versuchen. Sie sind gewaltig und mächtig und abgrundtief böse. Sie
müssen daran gehindert werden, der Menschheit das anzutun,
was sie mir antaten.
In der Zwischenzeit tue ich, was ich kann. Natürlich besteht
immer die Gefahr, daß ich genau das mache, was die Fremden
von mir wollten. Woher soll ich auch wissen, welche Befehle
sie in meinem Gehirn verankerten? Oder wieviel Einfluß die
Energiehälfte über meinen Verstand besitzt? Wieviel von allem
meine eigenen Beweggründe sind und wieviel die ihren. Bleibt
immer in meiner Nähe, Investigator, und beobachtet mich gut.
Und wenn es sein muß, dann tötet mich. Ich will kein Judas an
der gesamten menschlichen Rasse werden.
Manchmal frage ich mich, was aus meiner anderen Hälfte
geworden ist. Wenn sie überhaupt noch lebt, irgendwo. Vielleicht geben die Fremden sie mir zurück, wenn sie
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