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Die Rebellion

Die Rebellion

Titel: Die Rebellion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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blickte sich unauffällig im Zimmer um, während sie
wartete. Spartanisch wäre noch geschmeichelt gewesen; es gab
nicht die geringste Spur von persönlicher Atmosphäre oder gar
Menschlichkeit in der gesamten Einrichtung. Keinerlei persönliche Gegenstände. Es hätte jedermanns Zimmer sein können
oder auch niemandes. Der Halbe Mann saß im einzigen vorhandenen Sessel, und sein einzelnes Auge starrte direkt auf die
gegenüberliegende Wand. Er konzentrierte sich auf etwas, wovon Klipp wahrscheinlich nicht die geringste Ahnung hatte.
Klipp gab sich Mühe, den Halben Mann nicht anzustarren,
doch es fiel ihr verdammt schwer. Das brodelnde Energiegebilde, aus dem seine recht Körperhälfte bestand, war von endloser Faszination. Wenn man lange genug hinblickte, sah man
Dinge. Beunruhigende Dinge. Aber man konnte den Blick einfach nicht abwenden. Plötzlich drehte der Halbe Mann sich zu
ihr um, und nur ihre langjährige Ausbildung verhinderte, daß
sie zusammenzuckte.
    »Ich weiß, Investigator«, sagte er mit seiner überraschend
normalen Stimme. »Es ist viel zu früh am Morgen, und es gibt
sicherlich produktivere Dinge, die Ihr mit Eurer Zeit anstellen
könntet. Aber ich muß mit Euch sprechen. Setzt Euch. Es
macht das Zimmer so ungemütlich, wenn Ihr die ganze Zeit
herumsteht.«
    Klipp blickte sich automatisch nach einem Stuhl um, obwohl
sie bereits wußte, daß es keinen gab. Dann wurde ihr klar, daß
er das Bett gemeint hatte. Sie nahm vorsichtig auf der Kante
Platz, hielt den Rücken gerade und blickte den Halben Mann
aufmerksam an. Er war nicht gerade bekannt dafür, gesprächig
zu sein, also war das, was er ihr mitzuteilen hatte, höchstwahrscheinlich von elementarer Bedeutung für ihre Mission auf Technos III. Der Halbe Mann seufzte leise, und sein halber
Mund verbog sich zu einem Ausdruck, der vielleicht ein Lächeln darstellen sollte.
    »Entspannt Euch, Klipp, ich habe nicht vor, Euch zu fressen.
Trotz aller Gerüchte, die Euch vielleicht zu Ohren gekommen
sind. Ich muß einfach nur mit jemandem reden. Es gibt nicht
viele Menschen, mit denen ich reden kann. Die meisten denken, ich wäre kalt und unmenschlich, und es kommt meinen
Zwecken gelegen, diese Meinung zu bestärken. Größtenteils
stimmt es auch. Aber ich habe noch immer meine menschliche
Seite, wenn Ihr den Ausdruck entschuldigt, und hin und wieder
brauche ich jemanden, mit dem ich von Mensch zu Mensch
reden kann. Ich kannte Euren Großvater.«
    Klipp blickte den Halben Mann unsicher an. Der plötzliche
Themawechsel überraschte sie. »Wahrscheinlich besser als ich
selbst, Sir. Es wird nicht gern gesehen, wenn Investigatoren
familiäre Bindungen besitzen. Es könnte uns von unserer Arbeit ablenken.«
    »Wahrscheinlich ist es auch nicht gern gesehen, daß ich jetzt
mit Euch spreche. Euer Großvater war ein guter Mann. Hervorragender Raumschiffoffizier. Er hätte sicher einen guten Kapitän abgegeben, wenn er nur aus der richtigen Familie gekommen wäre. Als ich hörte, daß man Euch zu dieser Mission abkommandieren würde, brachte Euer Name eine Glocke in mir
zum Klingeln. Also sah ich in den Akten nach. Ihr habt eine
beeindruckende Karriere hinter Euch, Klipp. Bis man Euch
hierher schickte, doch das trifft, glaube ich, auf viele Leute zu.
Jedenfalls dachte ich, wenn ich hier mit irgend jemandem sprechen könnte, dann mit Euch. Und ich muß mit jemandem reden. Ihr versteht sicher, daß alles, was in diesem Raum besprochen wird, nur für unsere Ohren bestimmt ist? Falls Ihr dagegen verstoßt, werdet Ihr augenblicklich exekutiert.«
    »Jawohl, Sir. Selbstverständlich, Sir. Über was wolltet Ihr
mit mir sprechen, Sir?«
Ȇber meine Vergangenheit. Der, der ich einmal war. Als ich
noch ein junger Mann war wie alle anderen auch und mein
Name noch Vincent Schnell lautete. Sie machten einen Scherz
daraus; es hieß, ich sei schnell genug, um in Schwierigkeiten
zu geraten, aber kaum schnell genug, um wieder hinauszugelangen. Am Ende stellte es sich als bittere Wahrheit heraus,
aber heute erzählt sich niemand mehr den alten Scherz. Niemand wagt es. Aber es war auch damals schon nicht besonders
lustig. Ich unterhalte mich hin und wieder mit Menschen im
Privaten. Es hilft mir festzustellen, wie menschlich ich noch
bin. Ich fürchte ständig, daß ich den Rest meines Menschseins
auch noch verlieren könnte und daß ich vielleicht eines Tages
einen Punkt erreiche, an dem es mir egal wird. Ihr werdet es
nicht bemerkt

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