Die Rebellion
Kapitän der Unerschrocken sicherlich schlecht geworden, trotz all seiner Erfahrung; aber hier, an Bord des Schiffes der Fremden, hielt ihn
eine besinnungslose Wut gepackt, und er war außerstande, darüber hinaus noch etwas anderes zu empfinden.
»Dafür werden sie alle sterben«, erklärte Frost mit eiskalter,
beherrschter Stimme. »Jedes lebende Wesen an Bord dieses
Schiffes wird mit seinem Blut dafür bezahlen.«
Die Marineinfanteristen blickten sich unbehaglich um und
hielten die Waffen schußbereit. Kein Ziel war zu sehen.
Schwejksam wußte, wie sie sich fühlten, denn er konnte seine
eigene Wut nur mühsam kontrollieren. »Ihr werdet die Fremden erst töten, wenn unsere Spezialisten jeden einzelnen Tropfen an Informationen aus ihnen herausgequetscht haben, Investigator. Und bis dahin will ich lebendige Gefangene, keine
Leichen. Vergeßt Eure Befehle nicht, Männer. Nur unbedingt
notwendige Gewalt, nicht mehr – es sei denn zur Selbstverteidigung. Benutzt Euer Urteilsvermögen, aber vergeßt nicht, daß
Ihr später vielleicht dafür geradestehen müßt. Die Zeit der Rache wird kommen, doch im Augenblick benötigen wir die Informationen. Durchaus möglich, daß wir uns in Zukunft mit
weiteren Schiffen dieser Art konfrontiert sehen.«
»Hört auf, mir Vorträge zu halten«, sagte Frost. »Ich kenne
meine Pflichten.«
»Tut mir leid, Investigator. Ich habe für das Log gesprochen.
Hier können wir jedenfalls nichts mehr tun. Markiert die Position der Kammer in der automatischen Karte Eures Anzugs,
dann gehen wir weiter. Wir werden später jemanden herschikken, um die Leichen zu bergen. Zuerst müssen wir die Brücke
oder Zentrale oder was auch immer finden. Ich will, daß dieses
Schiff tot und hilflos im All treibt, bevor es Reparaturen ausführen kann. Außerdem will ich einen genaueren Blick auf die
Besatzung werfen, und ich bin von Minute zu Minute mehr
davon überzeugt, daß das nur in der Zentrale geht. Die Fremden würden nicht wagen, ihre Zentrale zu räumen.«
Schwejksam übernahm die Führung. Er durchquerte die
Kammer und vermied dabei sorgfältig, noch einen weiteren
Blick auf die Gestelle mit den ausgeweideten, blutbesudelten
Leichen zu werfen. So konnte er seine Wut leichter im Zaum
halten. Eine Ewigkeit schienen zu vergehen, bevor er endlich
die gegenüberliegende Wand und die Öffnung darin erreicht
hatte, doch als er ankam, fiel ein Vorhang von massiven, dicht
gepackten bleichen Strängen darüber. Der Kapitän der Unerschrocken bemühte sich mit Hilfe der Servomotoren, die
Stränge auseinanderzuziehen. Sie gaben keinen Millimeter
nach. Was Schwejksam im Grunde genommen auch nicht erwartet hatte. Er hämmerte wütend mit der Faust gegen den
Vorhang, dann wandte er sich zu den anderen um. Seine Leute
standen abwartend da, die Gesichter hinter glatten, stählernen
Helmen verborgen. Langsam wurde es dunkler, und die Gestelle mit ihrer grausigen Last verschwanden allmählich im dichter
werdenden, aufsteigenden Nebel. Schwejksam mußte seine
Phantasie nicht sonderlich anstrengen, um sich auszumalen,
wie sich die Besatzung des fremden Schiffs auf der anderen
Seite des versperrten Ausgangs formierte.
»Soldaten, ich schätze, wir befinden uns nun in einer definitiv lebensbedrohlichen Situation. Schießt also auf alles, was
sich bewegt und nicht zu uns gehört. Ich hätte allerdings immer
noch gerne ein paar Gefangene, also laßt ein paar am Leben,
wenn es sich einrichten läßt. Investigator, schafft uns einen
Durchgang.«
Frost hob ihre gepanzerte Rechte und zielte auf den versperrten Durchgang. Der in den Arm eingebaute Disruptor brannte
ein Loch mitten durch das dicht gepackte Gewebe. Fahles, grünes Licht ergoß sich aus dem zehn Meter weiten Loch in die
Kammer. Alle wappneten sich gegen einen Angriff, der niemals kam. Schwejksam und Frost beugten sich vor und spähten
durch die neu entstandene Öffnung. Auf allen Seiten und von
der Decke herab baumelten lose Enden von Strängen, aber sie
machten keinerlei Anstalten, sich wieder zusammenzufügen.
Die Stränge schleiften kraftlos über die Hartanzüge, ohne
Schaden anzurichten, als die Menschen durch das Loch schritten. Hinter der Öffnung lag ein milchig weißer Tunnel mit glatten, schwach glühenden Wänden. Er maß kaum drei Meter im
Durchmesser, gerade weit genug, um Schwejksam und seine
Leute in den schwer gepanzerten Hartanzügen passieren zu
lassen. Schwejksam fragte sich unwillkürlich, ob Absicht
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