Die Rebellion
schließlich einen Ruf zu verteidigen. Ungeduldig wartete er vor der Aufzugstür, die Hand auf dem Griff seines Schwerts, als würde er seine Kraft aus der Waffe beziehen.
Endlich glitten die Türen zur Seite, und Finlay stapfte in den
Lift. Hinter ihm schlossen sich die Türen wieder, und Finlay
Feldglöck sank zusammen. Nur die stählerne Wand verhinderte, daß er fiel. Finlay hatte sich schon besser gefühlt. Er wurde
anscheinend alt. Demnächst würde er wohl nur noch Dame
spielen. Im Augenblick wünschte er sich nichts sehnlicher als
ein heißes Bad und ein paar Tage ungestörten Schlaf, doch die
Anführer der Bewegung erwarteten seinen Bericht. Natürlich
nicht schriftlich, das wäre zu leicht gewesen. Nein, er hatte
persönlich vor ihnen zu erscheinen und in allen Einzelheiten
von seinen Taten zu berichten wie ein Schuljunge in einem
Klassenzimmer. Finlay dachte sehnsüchtig an sein Quartier und
ein großes Glas guten Branntwein. Während der letzten Phase
seiner Flucht hatte ihn nur der Gedanke an einen guten Tropfen
auf den Beinen gehalten. Das, und die Erinnerung an Evangeline. Sie war nie weit von ihm, wenigstens in Gedanken, was
auch immer er unternahm. Langsam richtete Finlay sich wieder
auf und drückte sich von der stützenden Wand ab. Er schnaufte
geringschätzig wegen der zahlreichen Schmerzen, die ihn plagten. Er wußte wirklich nicht, warum er sich eigentlich Gedanken um seinen Bericht machte. Die Anführer der Untergrundbewegung mußten nur einen Blick in den Schlitten werfen, um
zu sehen, daß er seinen Auftrag erfolgreich abgeschlossen hatte. Aber sie wollten Einzelheiten. Sie wollten immer Einzelheiten. Vielleicht half es ihnen, sich einzubilden, daß sie die Befehle gaben. Und Finlay spielte mit. Widerwillig. Er war auf
den Untergrund angewiesen.
Die Türen des Aufzugs öffneten sich auf einer Ebene, die in
keiner offiziellen Karte existierte, und Finlay wankte unsicher
in einen düsteren Korridor hinaus. Im Untergrund schien es nie
genug Lampen zu geben. Wahrscheinlich war das Absicht, um
den Treffpunkten ein mysteriöses Aussehen zu verleihen. Entweder das, oder man sparte wieder einmal Energie. Finlay bemerkte, daß seine Gedanken erneut zu wandern begannen, und
konzentrierte sich auf den Weg vor ihm. Hier unten in den
Subsystemen, weit unter der Oberfläche Golgathas , sah ein
verlassener stählerner Korridor aus wie der andere. Nur wenige
Menschen hielten sich hier unten auf, und Finlay riß sich zusammen und erwiderte die Grüße der Passanten. Sie nickten
alle freundlich, und das gehörte sich auch so. Er war schließlich Finlay Feldglöck, verdammt!
Schließlich erreichte Finlay den Treffpunkt, eine verlassene
Werkstatt, deren Existenz die Kyberratten aus dem offiziellen
Gedächtnis gelöscht hatten. Es war ein großer, offener Raum,
dessen Wände aus stählernen Platten bestanden. Überall hingen
lose Kabel herab und gaben dem Platz ein unfertiges, provisorisches Aussehen. Ziemlich treffend, wenn man bedachte, daß
der Untergrund jeden Augenblick damit rechnen mußte, seine
Sachen zusammenpacken und fluchtartig verschwinden zu
müssen. Nach dem Debakel des Angriffs auf Silo Neun und
den darauffolgenden Säuberungsaktionen tendierten die Überreste der Bewegung dazu, von einem Augenblick auf den anderen zu leben und sich noch paranoider zu verhalten als vorher.
Finlay stapfte zu den wartenden Anführern der Bewegung, die
in der Mitte des Raums im Zentrum einer freien Fläche auf ihn
warteten, und nickte ihnen steif zu. Diesmal waren sie zu dritt,
mächtige Esper, die sich hinter telepathisch projizierten Bildern
versteckten, um ihre wahre Identität zu verbergen. Zumindest
lautete so ihre Geschichte. Finlay gefiel die Vorstellung, daß
sie ihr Aussehen wegen Hautproblemen oder einer mißglückten
Haartransplantation hinter einer Illusion verbargen. Finlay hatte vor nichts und niemandem mehr Ehrfurcht.
Der Anführer, den alle nur unter dem Namen Mister Perfekt
kannten, war ein nackter Adonis, dessen unglaublich definierte
Muskulatur vor Schweiß glänzte, obwohl er nie etwas anderes
tat, als reglos dazustehen. Mister Perfekt besaß harte, furchteinflößende Gesichtszüge, die ein wenig zu klassisch geschnitten
waren, um echt zu sein. Er besaß sogar ein Grübchen am Kinn,
der Bastard. Finlay achtete sorgfältig darauf, nicht auf Mister
Perfekts Genitalien zu starren. Es hätte ihn nur deprimiert. Neben dem griechischen Adonis hing ein
Weitere Kostenlose Bücher