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Die rebellische Republik / Warum wir uns nicht für dumm verkaufen lassen

Die rebellische Republik / Warum wir uns nicht für dumm verkaufen lassen

Titel: Die rebellische Republik / Warum wir uns nicht für dumm verkaufen lassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Wieczorek
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des Vietnamkrieges. Die einen ermorden mit nahezu 400000  Tonnen der tödlichen Brandwaffe Napalm Hunderttausende Frauen, Kinder und Alte, die anderen werfen Scheiben von US -Botschaften und Amerikahäusern ein. [183]
    Napalm wurde meist durch Jagdbomber in Kanistern flächendeckend abgeworfen. Da Napalm extrem schlecht heilende Brandwunden und große Schmerzen verursacht, fällt es unter die übermäßiges Leid verursachenden geächteten Waffen des Artikels 23 der Haager Landkriegsordnung. [184] Brandwaffen gegen die Bevölkerung wurden bereits 1980 im Protokoll III der Konvention der Vereinten Nationen zur Ächtung unmenschlicher Waffen verboten. [185]
    Dies freilich interessierte George W. Bush im Irakkrieg weniger als das Umkippen einer Schüssel Mais in Texas. Zwar hatte seine Regierung die Napalmvorräte angeblich im Jahr 2001 zerstört. andererseits setzte man während des Irakkrieges 2003 die Brandbombe Mk- 77 ein, die laut Pentagon bei aller Ähnlichkeit nichts mit Napalm zu tun habe, da sie weniger »Umweltschäden« verursache. Am 21 . Januar 2009 ratifizierten die USA unter Vorbehalt das Protokoll III . [186]
    Dies alles ist ins Verhältnis zu setzen zu den zersplitterten Scheiben in den Amerikahäusern nicht nur in Deutschland, sondern überall in der Zivilisation. Die Bilder von den Napalm-Einsätzen in Vietnam landeten damals auch in den Fernsehzimmern von Florida bis Alaska und trugen wesentlich dazu bei, dass auch die US -Bürger mehrheitlich die Nase voll hatten vom Vietnamkrieg. Übrigens waren die Kritiker des »Vandalismus« gegen Amerikahäuser meist dieselben, die sich am Stammtisch über das Leid der Vietnamesen halb totlachten und von Asiaten als »Fidschis« oder »Schlitzaugen« sprachen.
    Um aber Missverständnissen vorzubeugen: Es geht hier um politischen Widerstand und
nicht
um das Ausrasten einer verzweifelten, ausgegrenzten und entsprechend aggressiven Minderheit, die am 1 . Mai Autos anzündet oder Geschäfte plündert. Und dieses politische Kalkül der Protestierenden war es auch, das US -hörigen Politikern und rechtsgestrickten Zeitgenossen die Schläfenadern schwellen ließ: Denn
ein
lädiertes Amerikahaus wäre ja noch gegangen. Aber in der
Tagesschau
wurde ständig von vielen ähnlichen Aktionen in der ganzen Welt berichtet. So lächerlich war es also nicht, dass die Vietnamkriegsgegner auch zersplitterte Scheiben als Beitrag zur »Internationalen Solidarität« begriffen.

Rebellen mit Witz: mal Robin Hood, mal Charly Chaplin
    Nachhaltiger Widerstand im Volk ist für die Reichen und Mächtigen und ihren Staat bedeutend bedrohlicher als linker und rechter Terrorismus, der bestenfalls vorübergehend »die Märkte« stört und willkommene Vorwände zur Aufweichung des Rechtsstaats liefert.
    Noch gefährlicher wird eine Protestbewegung der Normalbürger, wenn sie von Humor, Ironie und Chuzpe begleitet wird: Im Idealfall müssen sogar Sympathisanten oder gar Vertreter der »Gegenseite« wider Willen zumindest schmunzeln und überdenken ihre bisherige Position. Am 28 . Juni 2006 hatten Aktivisten der Politspaß-Gruppe
Prekäre Helden
aus einem Hamburger Delikatessengeschäft für 600  Euro Champagner, Hirschkeulen und andere Leckereien auf Kosten des Hauses mitgenommen und anschließend an Erzieherinnen, Praktikantinnen, Putzfrauen und Ein-Euro-Jobber verteilt. Aus genanntem guten Grund behandelte der Staatsschutz auf Kosten des Steuerzahlers die Sache wie einen tödlichen Terroranschlag. »Mit Verbissenheit fahndete er nach den Räubern«
(taz)
und brachte eine Studentin vor den Kadi. Amtsrichter Nils Werner allerdings lässt sich laut
taz
»durch sein häufiges Grinsen unverhohlen anmerken, dass er der ›karnevalistischen Einlage‹ einen gewissen Witz abgewinnt, die selbst die britische Zeitung
The Guardian
als den ›wahrscheinlich lustigsten Coup in der deutschen Kriminalgeschichte‹ würdigt.« [260] Sogar die
Hamburger Morgenpost
titelte: »Richter hat Sympathie für die ›Superhelden‹«. [261]
    Historisches Vorbild ist Robin Hood, bei dem es ähnlich wie bei Jesus Christus relativ egal ist, ob die Figur als solche eine Erfindung oder eine reale Person war. Und der grün getarnte Bogenschütze wäre wohl kaum bis in die heutigen Tage so populär, hätten er und seine Getreuen ihren Kampf gegen die Obrigkeit nicht als fröhlichen Politschabernack vorgetragen. Allerdings geht es heute natürlich nicht mehr um Überfälle auf Postkutschen in Sherwood Forrest. Charly

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