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Die rebellische Republik / Warum wir uns nicht für dumm verkaufen lassen

Die rebellische Republik / Warum wir uns nicht für dumm verkaufen lassen

Titel: Die rebellische Republik / Warum wir uns nicht für dumm verkaufen lassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Wieczorek
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Demonstrationen nicht eingreift, die sich aus einem aktuellen Anlass augenblicklich bilden (Spontandemonstrationen). Dafür spricht auch der Wortlaut des Art.  8  Abs.  1 GG »ohne Anmeldung oder Erlaubnis«. Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit wird durch das Grundgesetz gewährt, nicht durch das (dies nur einschränkende) Versammlungsgesetz. Eine Nichtanmeldung berechtigt dann nicht zu einer Auflösung oder einem Verbot.
    Grundgesetz, Artikel  8 (Versammlungsfreiheit)
    ( 1 ) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
    ( 2 ) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.« [271]
     
    Wie mögen wohl über diesen Beschluss des höchsten deutschen Gerichts jene Politiker und Mitbürger denken, die am liebsten alle Demonstrationen und Kundgebungen verbieten und Verstöße mit zehn Jahren Arbeitslager ahnden würden? Laut sagen dürfte dies trotz Narrenfreiheit nicht einmal ein Thilo Sarrazin.

Horror für die Verkalkten: die »rebellische Jugend«
    Zunächst eine Banalität: Die Jugend ist zeitlich begrenzt, da hilft auch kein trotziges »Man ist so alt, wie man sich fühlt«, und wer noch mit dreißig Jahren Frisur, Kleidung, Musikgeschmack und Sprache der Fünfzehnjährigen zu imitieren versucht, wird in der Regel als »Berufsjugendlicher« gehänselt. Nicht umsonst haben viele Jugendclubs auch obere Altersgrenzen – Fünfzigjährige haben bei der Generation Zahnspange eben manchmal nichts zu suchen.
    Nun ist der Generationskonflikt vermutlich so alt wie die Menschheit selbst.
    Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte, widerspricht ihren Eltern und tyrannisiert ihre Lehrer.
    Sokrates ( 470 – 399  v.Chr.) .
    Sie respektiert die Alten nicht, trägt zu kurze Tuniken und führt freche Reden.
    Plato ( 428 – 348  v.Chr.)
    Ich habe überhaupt keine Hoffnung mehr in die Zukunft unseres Landes, wenn einmal unsere Jugend die Männer von morgen stellt. Unsere Jugend ist unerträglich, unverantwortlich und entsetzlich anzusehen.
    Aristoteles ( 384 – 322  v.Chr.)
    Die Jugend ist etwas Wundervolles. Es ist eine Schande, dass man sie an die Kinder vergeudet.
    George Bernard Shaw ( 1856 – 1950 ) [298]
    Dabei machen die Erwachsenen, für die ihre Lebenserfahrung (»man föhnt sich nicht die Haare in der Badewanne«) vor allem Verpflichtung ist, vor allem zwei Fehler: Sie wollen
    entweder den Nachwuchs »nach ihrem Ebenbilde« schaffen (»Wir hatten keinen PC und haben es trotzdem zu was gebracht). Klar aber ist: Wäre das den Elterngenerationen immer gelungen, so lebten wir heute noch auf Bäumen, behandelten die Epilepsie mit Teufelsaustreibung und meißelten unsere Geschäftspost in Tonscheiben.
oder die Kinder nicht in der Entfaltung der Persönlichkeit einengen, indem sie bewusst keinerlei Einfluss ausüben und kaum einen Rat geben. Diese der Verhätschelung zum Verwechseln ähnliche »antiautoritäre« Erziehung hat meist fatale Folgen. Wer später wegen
Null Bock
auch
Null Bildung und Benimm
hat, läuft Gefahr, von der Gesellschaft und dem Arbeitsmarkt – man ist versucht zu sagen »verständlicherweise« – ausgegrenzt zu werden.
     
    An dieser Stelle eine leider nicht überflüssige Zwischenbemerkung: Ob Kinder »kleine Genies« oder »nahe am Verblöden« sind, liegt in den seltensten Fällen an ihnen selbst. Koreanische Kinder entscheiden sich nicht für das Koreanische, kleine Dänen nicht für das Dänische und deutsche Kinder nicht für ein gutes oder schlechtes Deutsch. Kein Knirps lernt absichtlich ein Bayern-Deutsch, das im Rest der Republik kein Menschen versteht. Elfjährige sagen auch nicht: »Ich will nicht das Idiotenprogramm der Privatsender sehen, sondern lieber Arte oder 3 sat.«
    Es ist übrigens der Gipfel der Verlogenheit, Menschen in ihrer Eigenschaft als Hartz- IV -Empfänger pauschal der Faulheit, Verwahrlosung und Trunksucht zu verdächtigen und ihnen zugleich in ihrer Eigenschaft als Eltern ebenso pauschal das Prädikat »umsichtige mündige Bürger« zu verleihen, die ihre Kinder »eigenverantwortlich« und ohne jegliche »Einmischung« erziehen können. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang das Bildungssystem. In Finnland müssen sich – wenn die Leistung stimmt – Vierzehnjährige nach der neunten Klasse

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