Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die rebellischen Roboter: Science-fiction-Roman

Titel: Die rebellischen Roboter: Science-fiction-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
meine Theorie hören?«
    »Ja, Sir.«
    »Ich behaupte, es gibt keinen Edwin M. Stanton oder Louis Rosen mehr. Es hat sie gegeben, aber sie sind tot. Wir sind Maschinen.« Der Stanton betrachtete mich.
»Daran mag etwas Wahres sein«, sagte er schließlich.
»Maury Rock und Pris Frauenzimmer haben uns konstruiert, und Bob Bundy hat uns gebaut«, fuhr ich fort. »Zur Zeit arbeiten sie an einem Abe-Lincoln-Simulacrum.«
Das runde, faltige Gesicht verfinsterte sich.
»Mr. Lincoln ist tot.«
»Ich weiß.«
»Sie meinen, man will ihn zurückholen?«
»Ja.«
»Warum?«
»Um Mr. Barrows zu beeindrucken.«
»Wer ist Mr. Barrows?« knurrte der alte Mann.
»Ein Multimillionär, der in Seattle im Bundesstaat Washington lebt. Es ist seinem Einfluß zu verdanken, daß auf dem Mond Grundstücke erschlossen wurden.«
»Sir, haben Sie je etwas von Artemius Ward gehört?«
»Nein.«
»Wenn Mr. Lincoln wiederbelebt wird, werden Sie endlosen humoristischen Auszügen aus den Schriften von Mr. Ward ausgesetzt sein.« Der Stanton griff mit finsterer Miene nach dem Buch und las. Sein Gesicht war rot, seine Hände zitterten. Offenkundig hatte ich das Falsche gesagt.
    Ich entschuldigte mich – der Stanton sah kaum auf und nickte – und machte mich auf den Weg zur Bibliothek. Eine Viertelstunde später hatte ich die »Britannica« auf dem Tisch; ich schlug bei Lincoln und Stanton und dann unter dem Bürgerkrieg nach. Der Abschnitt über Stanton war kurz, aber interessant. Stanton hatte Lincoln ursprünglich gehaßt; der alte Mann war Demokrat gewesen und haßte die neue Republikanische Partei und mißtraute ihr. Stanton wurde als barscher Mann beschrieben, was mir schon aufgefallen war, und es war die Rede von vielen Streitigkeiten mit Generälen, vor allem mit Sherman. Aber seinen Posten habe der alte Mann unter Lincoln gut verwaltet, hieß es; er sorgte für die Ablösung betrügerischer Lieferanten und die ordentliche Versorgung der Truppen. Nach dem Ende der Feindseligkeiten konnte er 800.000 Mann demobilisieren, keine geringe Tat nach einem blutigen Bürgerkrieg.
    Der Ärger hatte erst nach Lincolns Tod begonnen. Eine Weile war es zwischen Stanton und Präsident Johnson hart hergegangen; es sah sogar so aus, als müsse der Kongreß als einzige Institution der Regierung die Macht übernehmen. Bei der Lektüre bekam ich eine recht gute Vorstellung von dem alten Mann. Er war ein richtiger Tiger. Er hatte eine scharfe Zunge und war sehr jähzornig. Es gelang ihm beinahe, Johnson abzusetzen und sich als Militärdiktator aufzubauen.
Aber die Britannica fügte auch hinzu, daß Stanton durch und durch ehrlich und ein echter Patriot gewesen sei.
Der Artikel über Johnson erklärte rundheraus, Stanton sei seinem Chef gegenüber illoyal und im Bund mit seinen Feinden gewesen. Ein Wunder, daß Johnson den Alten hatte verdrängen können.
    Als ich die Lexikonbände wieder zurückstellte, atmete ich erleichtert auf; schon aus den kurzen Artikeln war die vergiftete Atmosphäre von damals deutlich wahrnehmbar gewesen, die Intrigen und der Haß, wie im mittelalterlichen Rußland. Als ich langsam zum Büro zurückging, dachte ich: Gütiger, alter Mann, daß ich nicht lache! Das Rock-FrauenzimmerKombinat hatte in seiner Gier mehr als einen Menschen wiedererweckt; man hatte zurückgeholt, was eine erschreckende und gefährliche Macht in der Geschichte dieses Landes gewesen war. Es wäre besser gewesen, sie hätten ein Zachary-TaylorSimulacrum gebaut. Kein Zweifel, daß es Pris und ihr perverser, nihilistischer Geist gewesen waren, die diese gefährliche Gestalt heraufbeschworen hatten, diesen einen aus den möglichen Tausenden, ja sogar Millionen. Warum nicht Sokrates? Warum nicht Gandhi?
    Und jetzt wollten sie in aller Ruhe ein zweites Simulacrum zum Leben bringen, jemanden, gegen den Edward M. Stanton von Grund auf eingestellt war.
Ich ging hinauf zu Maury.
»Hör mal, Freund. Dein Stanton wird aufstehen und Lincoln eins über den Schädel geben. Hast du dir nicht die Mühe gemacht, in den Geschichtsbüchern nachzulesen?« Und dann begriff ich. »Du hast die Bücher ja lesen müssen, um die Magnetbänder herzustellen. Du weißt also besser als ich, was der Stanton Lincoln gegenüber empfindet! Du weißt, daß er jeden Augenblick den Lincoln auseinandernehmen wird!«
»Misch dich nicht in die Politik von gestern ein.« Maury seufzte und ließ den Brief sinken, den er gerade studierte. »Neulich war es meine Tochter, jetzt ist es der Stanton. Irgendwo

Weitere Kostenlose Bücher