Die rebellischen Roboter: Science-fiction-Roman
Zustand zurückfliegen?«
»Ach, halt den Mund, Chester«, sagte mein Vater mißbilligend. »Du verstehst die Tiefe seiner Psyche nicht. Die Psychose hat zwei Seiten, sie ist auch eine Rückkehr zu der Urquelle, von der wir uns alle abgewandt haben. Denk lieber daran, Chester, bevor du vorlaut wirst.«
»Hörst du sie?« sagte ich zu Pris.
Sie lachte leise und sah mich ohne Ausdruck an. Dabei war sie völlig wachsam. Sie hob die Hand und berührte mein Gesicht. Mrs. Nild, die an der Tür erschien, sagte: »Wir gehen, Mr. Rosen, und überlassen Ihnen die Wohnung.«
Aus größerer Entfernung hörte ich Sam Barrows murmeln: »Das Mädchen ist unterentwickelt. Alles rutscht wieder heraus. Was macht sie überhaupt im Schlafzimmer? Hat sie den mageren Leib – « Seine Stimme erstarb.
Weder Pris noch ich sagten etwas. Nach einer Weile hörten wir, wie die Wohnungstür zufiel.
»Das ist nett von ihnen«, sagte mein Vater. »Louis, du hättest dich wenigstens bedanken sollen. Dieser Mr. Barrows ist ein Gentleman, trotz seiner Worte, man kann mehr über einen Menschen sagen, wenn man betrachtet, was er tut.«
»Du solltest beiden dankbar sein«, brummte mein Bruder. Er und mein Vater funkelten mich vorwurfsvoll an, und mein Vater kaute an seiner Zigarre.
Ich preßte Pris an mich. Und für mich war das alles.
XVII
Als mein Vater und Chester mich nach Boise zurückgebracht hatten, stellte sich heraus, daß Dr. Horstowski mich nicht behandeln konnte – oder wollte. Er unterzog mich aber zur Diagnostizierung ein paar Tests. Ich entsinne mich, daß ich unter anderem einem Tonband mit murmelnden Stimmen zuhören und hinterher aufschreiben mußte, was gesprochen worden war. Ich glaube, Horstowski stellte seine Diagnose nach meinen Reaktionen in diesem Test, denn für mich drehten sich alle diese Gespräche nur um meine Person. Ich hörte, wie man mich und Pris und unsere Beziehung beleidigte.
Horstowski überwies mich an den Leiter der Behörde für Geistige Gesundheit im Gebiet Fünf, dem pazifischen Nordwesten. Ich hatte von ihm gehört. Er hieß Dr. Ragland Nisea, und es war seine Aufgabe, über alle Einlieferungsfälle in seinem Bereich zu entscheiden. Seit 1980 hatte er ganz allein viele tausend gestörter Menschen in die im Land verstreuten Kliniken der Behörde eingewiesen; er galt als glänzender Psychiater und Diagnostiker, und es war jahrelang bei uns ein Witz gewesen, daß wir früher oder später alle in Niseas Hände fallen würden; ein Witz, den jedermann machte, und der sich bei einem gewissen Prozentsatz von uns bewahrheitete.
Horstowski fuhr mich selbst mit dem Wagen hin.
»Sie empfinden doch keine Feindseligkeit dabei, oder?« fragte er. »Es ist kein Makel, in eine Staatsklinik zu kommen – passiert jede Minute –, jeder zehnte hat ein lähmendes seelisches Leiden, so daß er nicht mehr – « Er redete eintönig weiter; ich achtete nicht darauf. Ich kannte das alles aus den Werbesendungen im Fernsehen, aus den zahllosen Zeitungsartikeln.
Ich empfand aber doch Feindseligkeit für ihn, weil er mich der Gesundheitsbehörde übergab, obwohl ich wußte, daß er gesetzlich dazu verpflichtet war, wenn er mich für psychotisch hielt. Und ich betrachtete auch alle anderen als meine Feinde, die beiden Simulacra eingeschlossen. Ich hatte das Gefühl, daß mich alle verraten hatten, daß ich von einer fremden, haßerfüllten Welt umgeben war.
Alles dies und mehr war natürlich bei den Tests aufgetaucht. Beim Rorschach-Test hatte ich jeden Fleck und jedes Bild so interpretiert, als sei es voll krachender, klirrender, tobender Maschinen, die vom Anbeginn der Zeit nur darauf warteten, mir etwas anzutun. Auf der Fahrt zu Dr. Nisea sah ich auch Kolonnen von Fahrzeugen, die uns folgten, weil ich wieder in der Stadt war; man hatte die Leute nach der Landung sofort unterrichtet. »Kann Doktor Nisea mir helfen?« fragte ich Horstowski, als wir vor einem großen, modernen Gebäude mit vielen Stockwerken und Fenstern hielten. Ich geriet in Panik. »Ich meine, die vielen neuen Methoden, die es jetzt gibt, die neuesten – «
»Es kommt darauf an, was Sie unter Hilfe verstehen«, sagte Horstowski, öffnete die Wagentür und winkte mir.
Da stand ich also, wo so viele vor mir gewesen waren: vor der Behörde für Geistige Gesundheit, und tat den ersten Schritt in ein neues Stadium meines Lebens.
Wie recht hatte Pris gehabt mit der Meinung, ich hätte einen zutiefst labilen Zug in mir, der mich eines Tages in Schwierigkeiten
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