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Die Rebenprinzessin

Die Rebenprinzessin

Titel: Die Rebenprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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sonst schien er sich nicht verändert zu haben. Sein massiger Körper war gespannt wie eh und je, das Haar, obgleich von Silberfäden durchwirkt, war immer noch dicht, und das Gesicht wirkte, als sei es in Wachs gegossen. Auch in den Augen funkelte noch immer das gleiche Feuer, das so mancher, der ihm in die Quere kam, fürchten musste.
    Selbst Martin fühlte sich unter seinem Blick unwohl.
    Er plant etwas, wisperte ihm eine innere Stimme zu.
    »Nun denn, Martin«, sagte Gernot von Bärenwinkel, nachdem er wieder an sein Pult zurückgekehrt war. »Wie ich sehe, bist du zum Mann geworden. Als Großjähriger solltest du von nun an hier auf dem Gut weilen und dich auf die Aufgaben vorbereiten, die dich als zukünftigen Herrn von Bärenwinkel erwarten.«
    Das war es also. Keine dringende Familienangelegenheit, sondern nur das Einfordern des väterlichen Rechts.
    Martin fiel es schwer, angesichts dieser Worte ruhig zu bleiben, denn er hatte nie vorgehabt, den Weinberg zu übernehmen. Lieber wollte er weiter studieren und anschließend durch die Welt ziehen. Aber daraus würde nun wohl nichts, wenn er seinen Vater richtig verstand.
    Vielleicht hätte ich doch etwas langsamer durch den Forst reiten sollen, schlich es ihm durch den Sinn.
    »Aber Vater, wie Ihr wisst, habe ich mein Studium noch nicht aufgegeben!«, entgegnete er. Das hätte er sich früher vielleicht nicht gewagt, doch nun hatte er Rosalina vor Augen und meinte, ihre Arme um seine Brust zu spüren.
    »Natürlich wirst du das Studium aufgeben!« Die Handbewegung, mit welcher der Graf seine Worte begleitete, glich jener, mit der man eine lästige Fliege beiseitewischt. »Wie du weißt, war ich nie ein Freund davon. Ich habe dich studieren lassen, damit du etwas von der Welt siehst, aber nun ist es an der Zeit, dass du deinen Platz auf dem Gut einnimmst.«
    Diese Worte trafen Martin wie eine Ohrfeige. Sollte es von nun an wirklich mit den Weibern und dem Wein vorbei sein?
    Mit dem Wein ganz sicher nicht, denn den sollte er künftig herstellen. Aber Rosalina würde er nicht wiedersehen, wenn er die Forderung seines Vaters erfüllte. Niemals würde der Graf von Bärenwinkel zustimmen, dass sein Sohn die Tochter eines Wirtes freite.
    »Findet Ihr nicht, dass ich noch zu jung bin, um solch eine schwere Pflicht zu übernehmen?«, fragte Martin ausweichend.
    In Gernot von Bärenwinkels Augen blitzte Zorn auf, und Martin spürte, dass er vorsichtig sein musste, wenn sein Vater nicht vor Wut wie ein Schlauch mit verdorbenem Wein platzen sollte.
    »Papperlapapp!«, fuhr der Graf seinen Sohn an. »Du hast jetzt genug gefaulenzt! Glaubst du denn, ich wüsste nicht, was du in Padua vorwiegend getrieben hast? Studium! Du hast dich wohl eher in der Wirtsstube weitergebildet, habe ich recht?«
    Martins Augen weiteten sich fassungslos. Hatte ihm der Vater etwa einen Spion hinterhergeschickt? »Ich verstehe nicht, was Ihr meint«, spielte er weiterhin den Unschuldigen. Es war gut möglich, dass sein Vater sich nur aufplusterte, um ihn einzuschüchtern. Aber er war kein kleiner Junge mehr, der auf dieses Spiel hereinfiel!
    »Du verstehst nicht?« Schlagartig rötete sich das Gesicht des Grafen, als hätte er es über einen Kessel mit heißem Wasser gehalten. »Dann werde ich dich das Verstehen eben lehren! Du wirst ab sofort für das Gut da sein. Deine Studienzeit ist hiermit beendet!«
    »Aber Vater, sollte ich nicht …«
    »Dein Platz ist hier in der Burg!«, donnerte Gernot von Bärenwinkels Bass durch die Studierstube, und seine Faust sauste auf das Pult. »Es wird Zeit, dass du endlich etwas für deine Familie tust!«
    Martin musste sich zum Ruhigbleiben zwingen. Er sollte Padua und Rosalina allen Ernstes aufgeben? Einfach so, weil sein Vater es wollte?
    Bin ich denn nicht längst Manns genug, um selbst zu wissen, was das Richtige für mich ist?, begehrte sein Verstand auf, doch er hatte nicht den Mut, diesen Satz auszusprechen. Der Graf von Bärenwinkel war ein Mann von überschäumendem Temperament. Wenn er einen Arbeiter dabei erwischte, dass er saumselig war, verprügelte er ihn auf der Stelle.
    So, wie sein Vater ihn gerade anblickte, erwartete Martin, dass er jeden Augenblick seine Reitpeitsche zog und auf ihn eindrosch.
    »Was soll ich deiner Meinung nach endlich für meine Familie tun? Mich in den Bottich stellen und Weintrauben zertreten?« Martin war sich darüber im Klaren, dass diese Frechheit Konsequenzen haben würde.
    »Zum Weintreten brauche ich dich nicht,

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