Die Rebenprinzessin
zur Südseite des Flusses zeigten, über die bessere Lage verfügten.
Er ließ den Blick hinüber zum anderen Ufer des Flusses schweifen, an die Stelle, wo das Wasser eine Biegung machte. Dort erhob sich imposant der Wehrturm der Katzenburg.
Sofort verdunkelte sich Gernot von Bärenwinkels Miene.
Wie er diesen Anblick verabscheute! Wie er den Mann, dem dieses Gemäuer gehörte, hasste!
Doch all seine Bitten, der Blitz möge auf dem Gut seines Widersachers einschlagen, waren nicht erhört worden. Genauso wenig, wie dem Grafen von Katzenburg das Pferd durchgegangen oder er von einem Fass überrollt worden war. Gernot von Bärenwinkels Konkurrent erfreute sich des Lebens und dem Vernehmen nach auch bester Gesundheit. Ja die Leute munkelten bereits, dass er dabei war, seine Tochter sehr vorteilhaft zu verheiraten.
Das Kind von Gabriela, dachte er bitter. Das Kind, das mein Sohn hätte werden sollen. Vielleicht wäre der Junge folgsamer geworden als mein jetziger Spross …
Immerhin war Graf von Katzenburg kein Sohn vergönnt gewesen. Das war für Bärenwinkel ein kleiner Trost, wenngleich er wusste, dass die Gemahlin seines Widersachers bei der Geburt des Stammhalters gestorben war.
Wäre es mein Sohn gewesen, würde sie noch leben, schoss es ihm bitter durch seine Gedanken, dann wandte er sich wieder vom Fenster ab. Die Unruhe tobte noch schlimmer in ihm als vorher.
Würde Martin auch genügend Eifer in die Aufgabe setzen?
Ich sollte ihn mit irgendetwas antreiben, dachte er. Vielleicht mit dem Versprechen, dass er sein Studium fortsetzen darf …
Doch nein, meine Drohung, ihn zu verheiraten, wird ihr Ziel nicht verfehlen. Mein Sohn kennt mich gut genug, um zu wissen, dass ich mein Wort halte.
Damit kehrte er an sein Pult zurück und suchte seinen Frieden bei Pergament und Federn.
3. K APITEL
Martin kochte vor Wut. Nur schwerlich konnte er sich beherrschen, den Bogengang nicht fluchend zu durchqueren. Sibelius hatte sich vorausschauend in seine Studierstube zurückgezogen, wahrscheinlich hatte er gewusst, was der Graf beabsichtigte.
Warum in Dreiteufelsnamen ist mein Vater so erpicht darauf, das Geheimnis des Grafen von Katzenburg in die Finger zu bekommen? Bringt unser Weinberg so wenig ein, dass er um die Existenz unserer Familie bangen muss? Oder ist das nur ein neuerlicher Anfall von Streitlust?
Ehe er wirklich noch anfangen konnte, unmutig vor sich hin zu murmeln, trat ihm aus dem Schatten des Ganges ein Mann entgegen. Er war auf der Burg nur als Giacomo der Lombarde bekannt und diente dem Grafen als Kurier.
Und wohl auch als Spion, ging es Martin durch den Kopf, als er stehenblieb.
»Willkommen zurück, junger Herr«, sagte Giacomo und deutete eine Verbeugung an, die ebenso spöttisch war wie seine Worte. »Es freut mich, Euch wohlbehalten wiederzusehen.«
Martin erwiderte den Gruß mit einem leichten Nicken, und während er versuchte, sich seinen Ärger nicht anmerken zu lassen, musterte er den Italiener von Kopf bis Fuß. Sein langes, mit Nieten beschlagenes Lederwams glänzte speckig, Schlammspritzer bedeckten die hohen Stiefel und die Scheide des Schwertes, das er an der Seite trug. Der Kragen seines Hemdes war braun, und seine schwarze Lockenmähne wirkte wie mit Schweineschmalz bestrichen. Offenbar hatte der Lombarde ebenfalls einen langen Ritt zurücklegen müssen und nicht die Zeit gehabt, sein Erscheinungsbild in Ordnung zu bringen.
»Mir geht es gut, danke der Nachfrage, Giacomo. Eure Heimat war meiner Gesundheit sehr zuträglich.«
»Das sieht man Euch an. Gewiss gab es auch eine zarte Hand, die für Euer Wohlbefinden gesorgt hat, nicht wahr?«
Ein Verdacht stieg in Martin auf. Hatte ihm sein Vater etwa den Italiener hinterhergeschickt?
Möglich wäre es. Giacomo kannte viele Leute, hatte keine Schwierigkeiten mit der Sprache und wusste gewiss jemanden, der für ein wenig Geld seine Augen auf den Sohn eines Grafen gerichtet hielt.
In Martins Innerem schien sich eine Faust zusammenzuballen, während er dem Lombarden in die Augen blickte. Aber er zwang sich zur Ruhe.
Je eher ich die Aufgabe gelöst habe, desto früher bietet sich mir vielleicht eine Gelegenheit zur Flucht.
»Der Graf sagte, Ihr würdet mich in meine Aufgabe einweisen«, entgegnete er kühl auf die Frage des Boten, damit dieser nicht weiter die Nase in Dinge steckte, die ihn nichts angingen.
»Das hat er mir aufgetragen«, entgegnete Giacomo, sichtlich enttäuscht darüber, ihn nicht weiter aufziehen zu
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