Die Rebenprinzessin
heiraten lassen?, fragte sich Martin, doch er kannte die Antwort ganz genau.
»Was, wenn es gar kein Geheimnis gibt?«
»Ich weiß, dass es eines gibt!«, brauste der Graf auf. »Egal ob es Hexerei ist oder etwas anderes. Du wirst mir das gewünschte Wissen liefern!«
»Hexerei?«, fragte Martin. »Glaubst du wirklich, der Graf von Katzenburg lässt einen Zauber für seine Reben wirken?«
»Möglich wäre es!«
»Was soll ich in dem Fall tun?«
»Du wirst die Hexe natürlich überführen und mir ihren Namen nennen.«
Martin erschien dies völlig absurd. Er sollte sich auf die Suche nach einem Kräuterweib machen?
»Aber auch nach natürlichen Ursachen halte Ausschau«, fügte der Graf hinzu. »Sobald du etwas herausfindest, wirst du an meiner Seite dafür sorgen, dass unser Wein den unserer Widersacher übertrumpft.«
Zu keiner Zeit hatte sich Martin in der Gegenwart seines Vaters so schlecht gefühlt wie in diesem Augenblick.
»Also, was sagst du? Heirat oder als Spion zu dem Grafen von Katzenburg?«
Martin brauchte angesichts der Alternative nicht lange zu überlegen. »Nun gut, ich werde hingehen.«
»So ist es recht!« Gernot von Bärenwinkel klopfte ihm zufrieden auf die Schulter. »Jetzt geh nach unten, mein Bote wird dich in alles einweisen. Anschließend wirst du über den Fluss setzen und zur Katzenburg gehen.«
»Wollt Ihr mir nicht wenigstens eine Nacht in der heimischen Burg gönnen?«, entgegnete Martin. Die Enttäuschung biss wie ein tollwütiger Hund um sich. Von wegen mein Anblick tut seinen Augen gut!
»Ausgeruht hast du dich bereits auf dem Pferderücken! Und du kannst es zur Genüge tun, sobald deine Aufgabe erledigt ist!«
Damit war alles gesagt, das spürte Martin.
Sein Vater senkte den Blick jetzt wieder auf das Pergament vor ihm. Das leise, aber deutlich vernehmbare Kratzen der Feder betonte die Stille, die zwischen die beiden Männer getreten war.
Martin starrte seinen Vater noch immer fassungslos an. Da er jedoch wusste, dass weitere Worte nichts ausrichten konnten, deutete er eine Verbeugung an und verließ das Studierzimmer in dem Wissen, dass sein Vater ihm nicht hinterherblicken würde.
Sobald die Tür ins Schloss gefallen war, ließ der Graf die Feder sinken. Den Tintenklecks ignorierend, der sich auf dem Pergament ausbreitete, warf er das Schreibgerät auf das Pult und erhob sich seufzend. Er wusste nicht, was schlimmer glühte – seine Wangen oder der Zorn in seiner Brust. Wahrscheinlich bedingte das eine das andere.
Warum kann dieser Junge nicht einmal machen, was man ihm sagt, ohne dass man ihm drohen muss?, dachte er ärgerlich.
Selbstverständlich hatte er Martin seit seiner Ankunft in Padua im Auge behalten. Es hatte ihn ein wenig Mühe gekostet, aber die Ausgaben waren die Sache wert gewesen. Auf diese Weise hatte er nicht nur von all den Eskapaden und den geschwänzten Vorlesungen, sondern auch von Martins Liebchen erfahren.
Eine Wirtstochter! War sein Sohn schon so tief gesunken, dass er sich mit solch einem Gesindel einließ?
Und dann das Studium! Warum bezahlte er eine Heidensumme dafür, dass Martin sich nur herumtrieb, anstatt den Kopf in die Bücher zu stecken?
Deine neue Aufgabe wird dich schon auf den richtigen Weg zurückbringen, mein Sohn, dachte er und trat ans offene Fenster.
Noch zeigte sich der Spätsommer warm und sonnig. Der Geruch nach feuchter Erde, Weinlaub und Flusswasser strömte ihm in die Nase. Von hier aus hatte er einen guten Blick auf den Weinberg, den Ursprung all seines Reichtums. Wie ein grüner Teppich erstreckte er sich über den Hang unterhalb der Burg. Die Rebstöcke waren sorgfältig gezogen und dicht belaubt. Die Trauben, die daran reiften, hatten in diesem Jahr besonders viel Sonne bekommen. Es stand zu erwarten, dass es ein guter Jahrgang werden würde.
Leider war dieser Anblick nicht mehr der große Grund zur Freude, der er früher einmal gewesen war.
Die Rivalität zum Grafen von Katzenburg machte seinen Finanzen zu schaffen. Nicht nur, dass selbst der Königshof den Wein des Konkurrenten mehr schätzte, auch munkelte man, dass dieser eine neue Rebsorte anbaute, die nicht nur deutlich höhere Erträge, sondern auch einen köstlicheren Tropfen brachte.
Trotz aller Bemühungen hatte Gernot von Bärenwinkel bislang nicht herausfinden können, um welche Sorte es sich handelte und wie es der Graf fertigbrachte, einen höheren Ertrag zu erzielen, obwohl man meinen könnte, dass die Bärenwinkels, deren Weinberge
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